Der DAX wächst – aber steigt er auch?
Der DAX ist nicht der Größte – aber er wird größer. Seine kleineren Brüder büßen hingegen etwas ein. Was das jetzt für Anleger bedeutet
Der DAX ist nicht der Größte – aber er wird größer. Seine kleineren Brüder büßen hingegen etwas ein. Was das jetzt für Anleger bedeutet
Von Reinhard Schlieker
Klar, ein Standard & Poor’s 500 liegt da an Vielfalt meilenweit voraus, allerdings auch in Sachen Unübersichtlichkeit. Wer zusätzlich noch in der Zeit reisen will, kann den S & P Kursindex bis 1789 zurückverfolgen, zurückgerechnet natürlich vom Computer, und in der Zeit der Indianerkriege ein paar Crashs vergegenwärtigen samt späterer Erholung. Es gibt also nichts Neues unter der Sonne. Der DAX allerdings, der erst einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, wirkt dagegen jugendlich – auch wegen seiner allseits bemerkten Technologielastigkeit, was ihn etwas sprunghaft erscheinen lässt. Die Deutsche Börse will Anlegers Liebling nun allerdings neu machen und renovieren und von dreißig auf vierzig Werte erweitern – offenbar will man auch mehr unterschiedliche Branchen einschließen, und die Schockdämpfer damit stärken. Das geht natürlich auf Kosten des MDAX, dessen oberstes Drittel, in Marktkapitalisierung gerechnet, künftig in den DAX wandert. Von daher ist der DAX mit 40 Werten für Anleger, die Indizes nachbilden, zwar attraktiv, die kleineren Brüder der DAX-Familie allerdings büßen etwas ein.
Und für Zertifikate, die alle „Familienmitglieder“ abbilden, ändert sich zunächst einmal nicht viel. Immerhin haben alle nun Zeit bis September 2021, sich an die neuen Regeln anzupassen. Im Wesentlichen sehen die eine normierte Anforderung an Quartalsberichte und den Aufsichtsrat vor: Offenbar will man Ausreißern vorbeugen, da international ähnliche Regularien üblich sind, und der DAX wird eben vor allem von internationalen Großanlegern beachtet, die auch so ihre Vorstellungen haben. Im DAX kehrt nun zwar nicht Heuern und Feuern ein, doch wird ein Austausch einfacher, zweimal jährlich wird ab 2021 geprüft. Wichtigstes neues Merkmal: Vor der Aufnahme müssen Unternehmen zwei Quartale lang ein positives Ebitda vorweisen. Das macht es für Hoffnungswerte, die von Luft und Liebe leben und ansonsten viel Zukunft haben, etwas schwerer im DAX.
Das gilt ab Dezember, also sofort, unverzüglich. Das alles sollte auch private Anleger interessieren, allerdings interessiert die natürlich noch mehr, wo der DAX denn im September 2021 notieren wird. Dazu machte die Deutsche Börse bedauerlicherweise keine Angaben. Dafür aber die Deutsche Bank: Die nämlich prognostiziert zunächst einmal, dass Prognosen angesichts der Corona-Pandemie dieser Tage schwerer werden. Nun ja, ganz leicht waren sie noch nie, sonst hätten die Prognostiker nicht so oft und viel danebengelegen. Um sich dann, also die Deutsche Bank, zu einer positiven Aussichtnahme hinreißen zu lassen. Für das Jahr 2021 sei es hoch wahrscheinlich, dass die Corona-Belastungen der Wirtschaft abnehmen werden, und eine weltweite Erholung einsetzen müsste, wenn es mit rechten Dingen zugeht.
Das ähnelt dann schon fast dem „V“-förmigen Konjunkturverlauf, den der Bundeswirtschaftsminister des Öfteren, bisher allerdings vergeblich, prognostisch verkündet hat. Nur dass das „V“ halt unten sehr breit ist. Das ganz normale „V“ gibt es auch – allerdings in China. In Deutschland sehen die Experten 2021 ein Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent, was den diesjährigen Einbruch nicht wettmachen kann, aber man soll ja bescheiden bleiben. Es wäre das größte Wachstum seit der Wiedervereinigung, für Freund der gepflegten Statistik auch etwas zum Aufmerken. Da die Börse solcherlei gern vorwegnimmt, kann man nur hoffen, dass dies zum einen so eintritt und zum anderen nicht 2022 schon wieder vorbei ist. Dann allerdings hätte der DAX 40 einen glänzenden Herbst 2021 zu erwarten. Vielleicht ist man nicht schlecht beraten, amerikanische und chinesische Aktien nicht ganz zu missachten, man weiß ja nie, man munkelt stets nur.
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