Die Killer-Kartoffeln sind unter uns
Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? – So hieß der Kinderschreck früher mal. Wer oder was der genau war, blieb geflissentlich im Dunkeln, wo ja nun Schwarze Männer auch hingehören, oder? Dabei ist der Schornsteinfeger – hat der ein Glück – häufig mal im gleißenden Sonnenlicht hoch oben auf dem Dach zu finden. Nun, die Welt ist eben schwer zu verstehen.
Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? – So hieß der Kinderschreck früher mal. Wer oder was der genau war, blieb geflissentlich im Dunkeln, wo ja nun Schwarze Männer auch hingehören, oder? Dabei ist der Schornsteinfeger – hat der ein Glück – häufig mal im gleißenden Sonnenlicht hoch oben auf dem Dach zu finden. Nun, die Welt ist eben schwer zu verstehen.
So ähnlich ist es mit edlem Gemüse. Es wird edel dadurch, dass ein überragender Geist sich mit ihm befasst. Und das heißt nicht, es schnöde in Töpfe von siedendem Wasser zu tun und das Ganze anschließend zur Suppe zu erklären. Das ist Mittelalter. Jenes war bekanntlich um das Jahr 1500 vorbei – oder vielleicht doch nicht?
Wir sprechen hier von einer spektakulären Entwicklung, die sich in der verhältnismäßig kurzen Zeit von 15 Jahren in diesem unserem Europa ereignet hat. Die Rede ist von der Kartoffelsorte „Amflora“. Die hatte, und die hat es schwer. Denn sie ist keineswegs dazu bestimmt, auf unseren Tellern zu landen – weit gefehlt. Sie liefert dank klugem „Genetic Engineering“ mehr Stärke als andere Kartoffeln, und dafür hat der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF sie entwickelt. Gentechnisch. Und ist noch stolz darauf. Kein Wunder: Dazu gehörte ja nicht nur Forschergeist, das Gehirnschmalz vieler weiser Frauen und Männer, jede Menge Labor und Technik, sondern auch noch Mut. Unglaublicher Mut. Denn: Die Kartoffel zu verändern, die uns Europäern ungefähr seit grauer Vorzeit so angestammt und heilig ist wie die Tomate, die greift man gefälligst nicht an.
Gut, schweifen wir nicht ab. Die Kapitalisten von der BASF, die lassen wir sich jetzt einmal für eine Weile mit sich selbst beschäftigen. Unsere Frage ist doch: Darf man der Kartoffel etwas antun, etwas Gentechnisches, was sie anschließend zur „Gen-Kartoffel“ macht? Nein, jetzt bitte nicht wieder diesen Einwand, dass es Lebewesen, somit auch Kartoffelpflanzen, ohne Gene nicht gibt (das wäre doch mal ein Forschungsfeld!). Und somit alles, was da wächst, meinetwegen auch kreucht und fleucht, immer Gen-Irgendwas ist. Wir wollten hier jetzt aber eigentlich über die berechtigten Sorgen und Nöte der Bevölkerung sprechen. Denn was ist, wenn die „Amflora“, die übergenetischste aller Genkartoffeln, ihr Feld zurücklässt und sich aufmacht zu neuen Äckern? Wenn sie raketengleich schöne Rapsfelder durchfurcht auf der Suche nach Beute? Wenn die Krankenkassen sich weigern, Schäden durch aggressive Killer-Kartoffeln in ihren Leistungskanon aufzunehmen? Ja, dann! Dann werden wir alle sehen, dass man Geld nicht essen kann! (unbekannter Häuptling der Northern Green Peace). Und Genkartoffeln nur im Notfall, wenn man keinen Wildreis hat. Die neue Gen-Genkartoffel allerdings erst recht nicht – denn dazu, oh geheimnisvolle Weisheit der Wissenschaft, ist sie gar nicht da. Sie soll einfach nur Energie liefern und chemische Prozesse bereichern.
Und damit sind wir wieder bei der BASF: Bereichern! Alle haben das jetzt gehört, es gibt kein Zurück mehr. Das ist das eigentlich Verwerfliche an der Gen-Genkartoffel. Sie schafft Werte – zunächst für einen Konzern, auf andere Weise für seine Mitbewerber, denn die haben auch noch ein paar Hackfrüchte im Keller... Aber nach der Entscheidung der EU, nach der verschwindend geringen Zeit von 15 Jahren (vor dem Herrn nicht einmal ein Hauch eines Wimpernschlags) nun tatsächlich den Anbau des kleinen knolligen Kraftwerks zu erlauben, steht uns eine helle Zukunft bevor, und der Schwarze Mann hat ausgedient. Er hat eine Knollennase bekommen, die sich gewaschen hat.
Übrigens: Es geschah Gregor Mendel (1822–1884) ganz recht, dass er keine EU-Kommission kannte, und keine besorgten Bürger für den vegetativen Frieden, und in seinem klösterlichen, österreichischen Gemüsebeet so einfach ohne jede Genehmigung Vererbung, Zucht und Auswahl studieren musste. Und genetische Veränderungen anstieß, ganz ohne Technologie, nur mit Lupe, Bleistift, Schaufel und Schippe und Gehirnschmalz. Und kein Aktivist verwüstete seinen Acker. Man sieht ja, was er von alledem hatte: Er lebt nicht mehr. Eingriffe in die Natur sind halt lebensgefährlich, und das Leben endet mit dem Tode.