Endzeitstimmung in Anno Horribilis
<strong>Robert Spliid</strong>, Leiter des Deutschlandgeschäfts der Saxo Bank
Robert Spliid, Leiter des Deutschlandgeschäfts der Saxo Bank
Im Dezember 2007 hat die Saxo Bank vorhergesagt, dass wir im Jahr 2008 eine Trendwende an den finanziellen Märkten sehen würden, das Ende eines Megatrends, der fast 39 Jahre angehalten hat. Kurz gesagt: Jedem ökonomischen Problem wurde mit Zinssenkungen und immer noch größeren Kreditvergaben begegnet.
Nachdem wir mit unseren Prognosen für 2008, die durchaus mit die negativsten waren, richtig gelegen haben, bleiben wir natürlich auch 2009 bei unserer These: Der Abschwung wird sich fortsetzen, wahrscheinlich schlimmer noch, als wir es uns momentan vorstellen können. Warum? Die Krise ist von der Größe her vergleichbar mit der Blase, die 1929 platzte. Das ausstehende amerikanische Kreditvolumen als Anteil des Bruttoinlandsprodukts der USA ist mit 350% aber jetzt rund doppelt so groß ist wie im Jahr 1929 (damals 170%). Der Entschuldungsbedarf ist also viel höher als vor 80 Jahren.
Was sind die Hintergründe für unseren pessimistischen Jahresausblick?
Im Jahr 2009 sollten Sie sich als Investor auf weiteres Deleveraging (Entschuldung), Illiquidität und Unsicherheiten auf den Märkten einstellen. Das globale Finanzsystem hat einen neuen Weg hin zur Normalisierung der Kreditmärkte eingeschlagen. Wir glauben, dass die letzten 10 Jahre der Kreditfinanzierung alles andere als normal gewesen sind, und wir sehen wesentliche Änderungen in der Wahrnehmung von Schulden und Hebelwirkungen. Die Finanzmärkte müssen sich an die neuen Begebenheiten anpassen, in denen Hebelwirkungen eher als gefährlich wahrgenommen werden, denn als Beschleuniger für Gewinne. Es wird zu einer grundlegenden Verhaltensänderung in den finanziellen Märkten kommen:
- Investoren werden nicht mehr in der Lage sein, sich jederzeit günstige Kredite zu beschaffen
- Banken werden nicht mehr in der Lage sein, einfache Kreditvergaben zu gewährleisten
- Die Refinanzierungsbedingungen der Unternehmen werden noch teurer und knapper
Das allgemeine schlechtere Wirtschaftswachstum wird sich negativ auf die Märkte auswirken, gleichgültig, ob man die Gewinne, das reale Bruttoinlandsprodukt, die Unternehmenserträge oder die Beschäftigungslage betrachtet.
Natürlich soll das alles nicht heißen, dass es keinen Ausweg aus der Misere geben wird. Anlagewerte aller Art geraten durch die Wirtschaftsflaute unter Druck. Bundesanleihen stellen die einzige Anlageklasse da, wo das Risiko-Gewinn-Verhältnis einigermaßen stimmt. Selbst diese werden aber durch vielfache Neuemissionen zur Finanzierung der kräftig steigenden Haushaltsdefizite und eine Hyperinflation bedroht, die durch die explodierenden Geldvorräte weltweit entstehen könnte.
Aktien, Immobilien und Rohstoffe haben sich bereits verbilligt und der Abwärtstrend wird sich dort noch weiter fortsetzen. Unserer Ansicht nach werden die meisten Volkswirtschaften eine Rezession erleben. Besonders stark wird es Länder mit hohen Haushaltsdefiziten treffen, da die Krise im Finanzierungsbereich ihren Ursprung hat. Besonders im Auge haben wir dabei die baltischen Länder, bei denen wir eine sehr tiefe Rezession erwarten. Aber auch Länder, die vom Ölexport abhängig sind, wie Russland, Venezuela oder der Iran, werden die weltweite Krise sehr stark zu spüren bekommen.
Lesen Sie nächste Woche in Teil 2, welche 10 provokanten Thesen die Saxo Bank aufstellt, die ihrer Einschätzung nach unter bestimmten Marktgegebenheiten Realität werden könnten.