Facebook: Durchschlängeln mit Erfolgsbilanz
Lavieren scheint die Hauptaufgabe von Mark Zuckerberg. Und auf der Laviatur des Sich-Durchschlängelns zwischen allerlei selbstgemachten und ihm in den Weg geworfenen Hindernissen übertrifft der wie der ewige Student erscheinende Facebook-Herrscher mutmaßlich gewiefte Washingtoner Anwälte und Lobbyisten, von gewissen Konkurrenzunternehmen ganz zu schweigen.
Lavieren scheint die Hauptaufgabe von Mark Zuckerberg. Und auf der Laviatur des Sich-Durchschlängelns zwischen allerlei selbstgemachten und ihm in den Weg geworfenen Hindernissen übertrifft der wie der ewige Student erscheinende Facebook-Herrscher mutmaßlich gewiefte Washingtoner Anwälte und Lobbyisten, von gewissen Konkurrenzunternehmen ganz zu schweigen.
Von Reinhard Schlieker
Immerhin ist er ja Chef, Aufsichtsratschef und Inhaber der Stimmenmehrheit, da kann man schon ganz gut auftreten. Als es Twitter kürzlich zu bunt wurde mit unbelegten Anwürfen und Fakes, und kämen sie auch vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, folgte die Strafe für Bockigkeit und das Prüfen und Löschen von Tweets aus dem Weißen Haus auf dem Fuße – der Präsident versucht, den sogenannten Sozialen Netzwerken das in den USA geltende Plattform-Privileg zu nehmen, das sie weitgehend von Haftung für Inhalte freistellt, ganz im Gegensatz zu Publizistik und Verlagshäusern. Facebook hat dieses Damoklesschwert nicht über der Dinnertafel hängen, es darf vorerst in Ruhe weiter gespeist werden. Zuckerbergs Bücklingen sei Dank.
Die Aktie notiert nahe dem Allzeithoch über 240 Dollar, das Eigenkapital ist mehr als auskömmlich und die Schulden sind überschaubar. Bei weit über 70 Milliarden Dollar geschätztem Jahresumsatz für 2020, der aus allen Ecken der Welt hereinzuströmen pflegt wie weiland Kolonisationsgewinne, ist man wetter- und stimmungsunabhängig. Obwohl – dann doch nicht so ganz. Man darf es Mark Zuckerberg durchaus zutrauen, dass ihm der Ruf seiner Firma nur am Rande eine Herzensangelegenheit ist. Er legt Wert auf Daten, und zwar die anderer Leute, um sie zu Geld zu machen. Dafür biedert sich Facebook bei der durchweg geduzten Fangemeinde an und will jedem das Gefühl vermitteln, persönlich ganz besonders einzigartig zu sein – und dies selbst dann noch, wenn jemand als gefühlt millionster Teilnehmer berichtet, gerade Spaghetti zu essen und dabei Netflix zu sehen: Alles ist eine „Story“, und alle Spaghetti zusammen ergeben die Timeline.Wer da werbend hineinkommt, ist zahlender Kunde des Konzerns, und nicht etwa der private Storyteller und sei alles noch so sehr al dente.
Nun könnten die Ergebenheitsgesten vor Präsident Trump und die Werbeakquise mit allen charmanten Mitteln des Zuckerberg doch nicht den Dauererfolg bringen, denn inzwischen baut sich Druck auf aus ganz anderer Richtung: Die durchaus ideologisch fragwürdigen Protestler dieser Tage, die zum Beispiel unter dem Emblem „Black Lives Matter“ alle möglichen politischen Forderungen der Linken subsumieren und nun endlich glauben durchsetzen zu können, verbreiten Angst und Schrecken in der Industrie wie einst die Jakobiner in Paris, wo bei unbedachtem Denken und Verhalten die Guillotine nie weiter als eine Meile entfernt war – nun wird zwar bislang niemand einen Kopf kürzer gemacht, aber wer nicht pariert, erlebt Boykotte und Rufschädigungen bis zum schieren Grauen in der Chefetage. Unter den Großunternehmen, die Facebook und der Werbung dort abgeschworen haben, sind etwa die deutschen Siemens oder Adidas – die einen schon beim Verhalten gegenüber den Pekinger Diktatoren nicht reben ühmlich zu erwähnen, die anderen schon beim kleinsten Windhauch der neuen Jakobiner bereit, eine langjährige Mitarbeiterin und Vorstandskollegin zu feuern, nur weil die ihre Ansicht (intern) geäußert hatte, bei Adidas sei Rassismus kein bedeutendes Problem. Die Denunziantenkultur scheint aber eines zu sein, jedenfalls ist die Dame den Job los und sollte vielleicht froh darüber sein, Herzogenaurach zu entkommen.
Was Anbiederei bei den Mächtigen angeht, wären die beiden Firmen eigentlich bei Facebook goldrichtig. Aber wenn die selbsternannten Sittenwächter mit der Gerte fuchteln, steigt diese Sorte Reiter lieber ab. Bei Facebook unterdessen zahlen weiterhin jene lokalen und mittelgroßen Unternehmen für ihren Auftritt, den sie nicht so ohne weiteres woandershin im Netz verlegen können, und von denen lebt der Datenkonzern. Die müssen nun wohl auch da durch, und sollte der Ruf der Plattform auch weiter leiden. Von Selbstbeweihräucherung und Kniefällen à la Siemens und Adidas (man erinnere sich nur an die peinliche Nummer, eine gewisse Luisa Neubauer ins Aufsichtsgremium von Siemens berufen zu wollen; oder an Adidas, die mit als erste in der Corona-Krise zur Stelle waren, staatliches Geld abzugreifen und zunächst mal ihre Mieten nicht mehr zahlen zu wollen), von derlei Selbstbeweihräucherung also kann der lokale Geschäftsmann nicht leben.
Dafür erweckt er aber auch nach außen hin nicht den Eindruck, sein Fähnchen in jeden hergeblasenen Wind zu hängen. Vielleicht haben diese Kleinen und Mittleren, die wohl weltweit entscheidend für den Lauf der Ökonomien sind, sogar öfter schon mal aufgeatmet, dass sie nicht die Last von Milliardenumsätzen zu tragen haben. Dafür sind sie in aller Regel, soweit börsennotiert, fokussierter dort und stabiler als die Multis, und deutlich ernsthafter unterwegs als die Umfaller der hochmögenden Konzerne.
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