Gegenwind für Goldmänner
Goldman Sachs steht in der Kritik. Das ist der harmlose Ausdruck für eine Entwicklung, die der erfolgsgewohnten und entsprechend auftretenden amerikanischen Investmentbank diesmal wirklich gefährlich werden könnte. Denn Kritik an einem weltweit auf allen Feldern des Handels und der Beratung um Firmenübernahmen, Investments und Strategien tätigen Bankhaus dürfte eher Alltag als Ausnahme sein.
Goldman Sachs steht in der Kritik. Das ist der harmlose Ausdruck für eine Entwicklung, die der erfolgsgewohnten und entsprechend auftretenden amerikanischen Investmentbank diesmal wirklich gefährlich werden könnte. Denn Kritik an einem weltweit auf allen Feldern des Handels und der Beratung um Firmenübernahmen, Investments und Strategien tätigen Bankhaus dürfte eher Alltag als Ausnahme sein.
Diesmal aber kommt es knüppeldick; und seit die ersten Vorwürfe der amerikanischen Börsenaufsicht, verbunden mit einer Zivilklage, in die Schlagzeilen gerieten, seit Mitte April also, vergeht kaum ein Tag ohne neue Enthüllungen, Nadelstiche, Indiskretionen. Kernpunkt der Anschuldigungen in den USA war der Vorwurf, krumme Geschäfte ermöglicht zu haben: Ein Hedgefonds-Manager durfte sich demnach ein Portfolio zusammenstellen mit möglichst schrottigen Immobilienkrediten, gegen das er dann wetten wollte, während Goldman nichtsahnenden Anlegern das Papier als renditestarke Anlage angepriesen habe. Nicht weiter verwunderlich, dass Goldman Sachs das alles empört zurückweist.
Es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass sich die New Yorker unter ihrem Chef, Lloyd Blankfein, gern und reichlich Feinde gemacht haben. Hinzu kommt, dass Blankfein gern sein Wirken als von Gott inspiriert darstellt, was Geschädigten der Finanzkrise sauer aufstößt, und denen, die in den USA ihren Job und ihre Existenz verloren haben, geradezu wie blanker Hohn erscheinen muss. Auch dieser Tage verwechselt Blankfein wieder das Wohl seiner Bank mit dem des ganzen Landes, wenn nicht der freien Welt: „Die SEC schadet Amerika“, wetterte der Manager angesichts der Angriffe der Börsenaufsicht. Der Mann, der auch im Krisenjahr 70 Millionen Dollar verdiente, hat offenkundig jeden Kontakt zur realen Welt verloren, und es fragt sich, ob er der einzige ist in seinem verzweigten Imperium. Da kann in der Tat die Übersicht verloren gehen, und die vielfältigen Interessen des eigenen Hauses gegeneinander abzugrenzen und auseinanderzuhalten, dürfte nicht einfach sein. Klar, dass ein Unternehmen wie Goldman Sachs immer wieder jemandem auf die Füße tritt, selbstverständlich darf eine Investmentbank auch komplizierte und gegensätzlich aufgebaute Produkte entwerfen. Was den moralischen Bankrott des ansonsten hervorragend verdienenden Hauses näher rücken lässt, ist der Geruch des Unredlichen bei Konstruktion und Vertrieb solcher Produkte. So sieht sich in Deutschland die ins Schlingern geratene Mittelstandsbank IKB als Opfer: Sie habe derartige Immobilienverbriefungen gekauft, ohne zu wissen, dass das Papier auf Verlust getrimmt war, klagt die Bank. Nun gilt natürlich auch für eine Großbank die Unschuldsvermutung. Gleichwohl bläst den Goldmännern bereits jetzt der Wind ins Gesicht: In Deutschland reagierte als Erste die BayernLB, indem sie Knall auf Fall die Geschäftsbeziehungen zu Goldman Sachs abbrach. Es gibt Aufforderungen an die Bundesregierung, ihre Zusammenarbeit mit Goldman zumindest einmal genauer unter die Lupe zu nehmen, und in Großbritannien ist die Beratertätigkeit der Bank für die Regierung plötzlich Thema im Wahlkampf. Es mag sich nun rächen, dass man auf der Suche nach Größe und Gewinn nicht auch einmal entschieden hat, ein Geschäft vielleicht nicht zu machen. Das nämlich erfordert mehr Mut, als man glauben sollte, aber die Mechanismen für Verzicht sind – nicht nur bei Goldman – in der Finanzwirtschaft wenig ausgeprägt.