Glück muss man haben, …
… denn kaufen kann man es nicht. Trotz dieser sattsam bekannten Tatsache fühlen sich Wirtschaftswissenschaftler zur Erforschung dieses unerklärlichen Gefühlsphänomens aufgerufen. So im ganz Geheimen scheint es die Ökonomen zu fuchsen, dass sich das überschäumende Wohlbefinden bei den meisten Menschen der Vorhersagbarkeit und der Messbarkeit entzieht.
Das Wort „unerforschlich“ nehmen die Forscher nicht hin: Glück, Gesundheit, Bildung und Kreativität sind daher immer wieder Gegenstand von Untersuchungen. Und manchmal kommt auch etwas dabei heraus. So wie in dieser Woche das „Glücks-BIP“. Korreliert das mit dem bekannten, materiellen Bruttoinlandsprodukt? Das war die Forschungsfrage. Der messbare Wohlstand wird zusammengestrickt mit dem Empfinden über die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes, Zufriedenheit mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und der Frage nach Familie und Gesundheit. Aus den Ergebnissen der Studie, die von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft angestoßen wurde, lässt sich manches Erwartete, aber auch manch Unerwartetes herauslesen. So ist es kaum erstaunlich, dass bleibender Wohlstand allein nicht immer wieder neues Glück hervorruft. Geld allein macht nicht glücklich, weiß ja auch schon der Volksmund. Nur am Rande rangiert auch das immer mal wieder erwähnte Merkmal, dass eigenes Geld desto glücklicher mache, je mehr man weiß, dass der Nachbar oder Kollege nicht so viel hat. Derart zweifelhafte Freude darf man also zum Glück nicht zu hoch bewerten. Auch die Tatsache, dass das Land insgesamt in den letzten zwanzig Jahren erheblich reicher wurde, hat nicht zu einer generellen Zunahme der Glückseligkeit beigetragen. Allerdings gibt es Schwankungen und die, so hat die Forschungsgruppe herausgefunden, laufen etwa ein Jahr der sonstigen Konjunktur hinterher. Was wiederum nahelegt: Sehen wir starkes Wachstum, wird das Volk ein Jahr später sehr glücklich sein.
Nach Ansicht mancher Forscher könnte das Glücks-BIP nicht nur künftig ergänzend, sondern gleich als Ersatz für die herkömmliche Messung von Wachstum fungieren. Das allerdings ist gefährlich, denn die Glücksmessung ist allerlei Interpretationen zugänglich, und weltweite Standards gibt es dafür natürlich auch nicht. So gibt es seit Jahren Analysen, die zu beweisen scheinen, dass Menschen in armen Ländern nicht so viel unglücklicher sind als ihre reichen Pendants in den Industrieländern. Das könnte den ein oder anderen dazu verleiten, diese Länder ihrem Schicksal zu überlassen nach dem Motto: Wer glücklich ist, dem muss ja nicht noch geholfen werden. Schließlich hat das Empfinden sehr viel mit den sonstigen Lebensvoraussetzungen, der Spontaneität und anderen Merkmalen zu tun, die nicht hinlänglich kategorisierbar sind. In manchen Winkeln der Erde freut man sich leichter und deutlicher als etwa in Mittel- und Nordeuropa, das bedarf vermutlich keiner Studie, sondern allenfalls eines Besuchs beim Karneval von Rio. Wenn alle glücklich sind, so schon die altgriechischen Philosophen, dann hat der Staat sein Daseinsziel erreicht. Das wird in Deutschland noch ein hartes Stück Arbeit, so wie die Dinge liegen.