Hoher Stressfaktor, ungewisser Ausgang
Die Woche hat reichlich Dramen geliefert. Es verbietet sich, Anlegern auch nur entfernt empfehlen zu wollen, was sie nun mit ihrem Geld tun sollen. Vielleicht Steuern bezahlen?
Dass Tilgung, auch die von Steuerschulden, die beste Geldanlage sei, dieser Spruch könnte wieder an Aktualität gewinnen. Vorausgesetzt natürlich, im allgemeinen Durcheinander in der Finanzwelt steigt nicht etwa die Inflation plötzlich an, die Schulden attraktiv macht. Wobei man wie bisher auch in Zukunft nicht erwarten sollte, dass bezahlte Steuern der Allgemeinheit irgendeine vernünftige Rendite bringen. Sie wären wohl in etwa so einzuschätzen wie Bankaktien. Hoher Stressfaktor, ungewisser Ausgang. Solche Verluste, wie die peinlicherweise an die insolvente Lehman Brothers Inc. überwiesenen 300 Millionen Euro, gehören einfach dazu. Macht ja nur vier Euro pro Bundesbürger. Plus noch ein bisschen was für weitere Kapitalmarktgeschäfte der staatseigenen Förderbank, bei der man sich nun plötzlich fragt, was sie eigentlich auf den internationalen Devisenmärkten zu suchen hat. Solche Risiken, die sie zu tragen hat, wenn sie im Ausland Förderaufgaben wahrnimmt, könnte sie gut auslagern und von privaten Instituten erledigen lassen. Interessanterweise sind diejenigen unter den öffentlichen Personen am überraschtesten, die es eigentlich wissen müssten – die 36 Mitglieder des Verwaltungsrates der KfW nämlich. Darunter etwa so ausgewiesene Finanzexperten wie Oskar Lafontaine oder Frank Bsirske, Gewerkschaftsführer. Die Lösung für ein solches Institut also müsste lauten: verkleinern, konzentrieren. Das in etwa verfolgt ja nun auch der Finanzminister – allerdings ist von dem Ruf, Politik heraus aus dem Bankgeschäft, nichts zu vernehmen. Denn das wäre doch mal eine Idee. Sollen sich doch die privaten Großbanken weltweit blamieren, zumindest würde der deutsche Steuerzahler direkt nicht zur Kasse gebeten – indirekt zahlt er über die nachlassende Wirtschaftsdynamik ja sowieso.
Wenn der Pulverdampf eines Tages verflogen sein wird, dürfte sich Gelegenheit bieten, auch mal über den nicht materiellen Schaden nachzudenken. Allein die Verunsicherung, die bei den ganz normalen deutschen Sparern derzeit auftritt und dazu führt, dass manche schon ernsthaft ihr Geld von der Bank holen, ist eine Katastrophe. Das Verständnis der Leute für die Wirtschaft, von der sie leben, ist ohnehin dramatisch unterentwickelt – sonst hätten ja auch die professionellen Umverteiler und Bauernfänger unter den Politikern nicht die Resonanz, die sie haben. Deren Geschäft aber betreiben am Ende die Zocker und Gierhälse in jenen Banken und Finanzvermittlungen, denen wir die ganze Misere nun zu verdanken haben. Es wäre von daher dringend angezeigt, dass die Verantwortlichen der Finanzbranche sich gerade nicht als Gesundbeter betätigen, wie man es derzeit auf allen Kanälen beobachten kann. Ständig zu beteuern, es bestehe keine Gefahr, und alles sei in Ordnung, während im Hintergrund gerade gewaltige Investmentbanken atomisiert werden, ist sicher nicht zielführend. Der Blick nach vorn, auch der optimistische, muss sicher erlaubt sein – allerdings sollte er mit Fakten unterfüttert werden. Noch besser: mit konkreten Vorschlägen, wie man in Zukunft eigenverantwortlich derartige Auswüchse in der Finanzbranche vermeidet. Eine funktionierende Selbstkontrolle würde jenen Schnellschuss-Politikern die Argumente aus der Hand schlagen, mit denen sie jetzt die Marktwirtschaft noch ein weiteres Stück einschnüren und gleichzeitig von den eigenen Versäumnissen ablenken wollen.