Wohnt der Chinese bei dir?
Der Riesenkonzern Huawei weist zwei ganz besondere Merkmale auf: Zum einen ist er dem Durchschnittsbürger weitgehend unbekannt. Zum anderen aber bevölkert er fast jedes deutsche Heim – ohne dass es der Kunde von Telekom oder Vodafone oder Telefonica überhaupt merkt. Das genau macht Huawei zum beliebten Objekt von Verschwörungstheorien, aber auch ernsthaften Sicherheitsbedenken.
Der Riesenkonzern Huawei weist zwei ganz besondere Merkmale auf: Zum einen ist er dem Durchschnittsbürger weitgehend unbekannt. Zum anderen aber bevölkert er fast jedes deutsche Heim – ohne dass es der Kunde von Telekom oder Vodafone oder Telefonica überhaupt merkt. Das genau macht Huawei zum beliebten Objekt von Verschwörungstheorien, aber auch ernsthaften Sicherheitsbedenken.
Von Reinhard Schlieker
Denn das Technologieunternehmen beherrscht in der Tat weite Strecken der deutschen Netzwerkausrüstung – ohne diese würde es zappenduster im Internet deutscher Prägung. Paranoia allerdings ist nicht angezeigt. Wenn der amerikanische Präsident Huawei von Aufträgen zum Netzwerkausbau einfach ausschließt, weiß niemand, wer denn dann zum Zuge kommt und womöglich ebenfalls unter Verdacht gerät, die Daten seines Netzes an bestimmten Knotenpunkten einfach abzugreifen. Bei Huawei, selbstverständlich gut verdrahtet mit der KP Chinas und höchsten Regierungskreisen, gibt es den Vorwurf, man fische in den Daten westlicher Industriegesellschaften
nach interessantem Material, welches dann stantepede in Peking lande.
Bewiesen ist nichts – und der deutsche Statthalter des Konzerns stellt die entwaffnende Frage: Da allgemein bekannt ist, dass die Wettbewerber jedes Bauteil der Konkurrenz auseinandernähmen und analysierten, wäre dann nicht längst eine Schnittstelle zum Abhören gefunden worden? Die Sorgenträger allerdings trauen Huawei offenbar zu, noch im Geheimsten ihren Datenklau zu betreiben – schon eine Art Kompliment für das Unternehmen, das als langjähriger Partner und Ausrüster der Deutschen Telekom hierzulande groß und unentbehrlich wurde. Letzteres ist auch der Grund wohl dafür, dass die Bundesregierung dem Vorbild der USA, Australiens und Neuseelands sowie Kanadas nicht folgt, die Chinesen als unerwünschte Firma zu erklären. Die Gefahr der Industriespionage beim geplanten Ausbau des Mobilfunknetzes schätzt man also eher als geringwertig ein. Aber ganz generell gilt: Jeder Router, jede Zwischenstation im weltumspannenden Netz kann Durchlässigkeiten aufweisen. Die natürlich nicht gewollt sind und im Regelfall nach Bekanntwerden geschlossen werden. Wenn man auch von seiten der Industrie, und nicht einmal nur durch Hacker, solche Lücken eine Weile nutzen will, ehe man sie bekanntmacht, dann ist dagegen erst einmal kein Kraut gewachsen. Hintertüren lässt sich oftmals auch der Staat selbst einbauen, um Kriminalitätsbekämpfung zu ermöglichen – aber was wohl sonst noch alles?
Huawei scheint in eine ungünstige Diskussionslage geraten zu sein. Die generelle Stimmung gegenüber chinesischen Investoren schlägt durch. Gerade hat Wirtschaftsminister Altmaier ein Industriekonzept vorgestellt, das mehr Staat in die Wirtschaft bringen würde, und als Kollateralschaden ausländische Investitionen in Deutschland eher behindern dürfte. Das geht auf
Kosten des Wohlstands, aggressive Chinesen hin oder her. Und nicht zu vergessen: Mehr als die Hälfte
der Anteile deutscher Dax-Unternehmen werden von ausländischen Investoren gehalten. Man tät gut
daran, niemanden unter Generalverdacht zu stellen, sondern stattdessen konkrete Ermittlungen
anzustellen und gegebenenfalls Beweise vorzulegen. Alles andere schürt ein Klima, das wir uns nicht
wünschen sollten.