In der Eurozone läuft’s – im Osten auch
Das globale wirtschaftliche Umfeld sieht derzeit gut aus und auch der Ausblick für das gesamte Jahr 2017. Einen wesentlichen Beitrag dazu liefern nicht nur die USA, sondern in zunehmendem Maße auch die Eurozone. Für beide prognostiziert die Erste Group aus Wien ein reales BIP-Wachstum von jeweils 1,9 Prozent in 2017. Die Rahmendaten für Anleger könnten kaum günstiger sein.
Das globale wirtschaftliche Umfeld sieht derzeit gut aus und auch der Ausblick für das gesamte Jahr 2017. Einen wesentlichen Beitrag dazu liefern nicht nur die USA, sondern in zunehmendem Maße auch die Eurozone. Für beide prognostiziert die Erste Group ein reales BIP-Wachstum von jeweils 1,9 Prozent in 2017. Die Rahmendaten für Anleger könnten kaum günstiger sein.
Von Henning Eßkuchen
Insbesondere für die Eurozone bedeutet dies eine weitere Beschleunigung des Wachstums, welches wesentlich von starken Außenhandelsbeiträgen getrieben wird. Aber auch die guten Arbeitsmarktdaten und entsprechende Erwartungen für den Konsum unterstützen hier. Die USA sind im ersten Quartal eher verhalten ins Jahr gestartet, wobei der schwächere Konsum sich als maßgebliche Schwachstelle offenbart hat. Signifikante Impulse seitens der neuen US-Regierung scheinen dieses Jahr noch unwahrscheinlich, nachdem sich bis dato gezeigt hat, wie schwer sich Präsident Trump damit tut, sein Programm umzusetzen.
Auf Seiten der Geldpolitik deuten sich derzeit keine wesentlichen Änderungen der bisherigen Fahrpläne ab. Die FED hat sich in ihren letzten Aussagen von dem schwächeren Ergebnis des ersten Quartals eher unbeeindruckt gezeigt und es kann weiterhin von zwei zusätzlichen Zinsschritten im Laufe des Jahres 2017 ausgegangen werden. Die letzten, nach wie vor positiven amerikanischen Arbeitsmarktdaten unterstützen diese Sicht. Im Gegenzug scheint die EZB nicht gewillt zu sein, sich dem derzeitigen Wachstum mit einer restriktiveren Geldpolitik in den Weg stellen zu wollen. Zwar würde die derzeitig gemessene Gesamtinflation durchaus in Richtung einer etwas weniger expansiven Geldpolitik weisen, allerdings sind Basiseffekte im Ölpreis und bei Nahrungsmittelpreisen wesentliche Treiber der Preissteigerung. Die zugrundeliegende Inflation (Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittelpreise) hat sich zuletzt leicht verbessert, ist aber noch deutlich entfernt von Niveaus, die die EZB als im Einklang mit ihrem Preisstabilitätsziel sehen würde.
Nicht nur als Nutznießer der geographischen und wirtschaftlichen Nähe zur Eurozone entwickeln sich die Volkswirtschaften in Zentral- und Osteuropa ebenfalls gut. Ähnlich der Entwicklung in der Eurozone ist auch hier keine unmittelbare Restriktion seitens einer lokalen Zentralbank zu erwarten. Dies ist im Wesentlichen mit demselben Argument wie für den Euro zu begründen – der Kerninflation. Die Preisbewegung in der Region erscheint allerdings noch etwas dramatischer, nachdem diese tatsächlich aus einer Deflation kommt, die 2016 noch bei -0,4 Prozent lag. Allein die tschechische Nationalbank hat das Umfeld gestiegener Preise genutzt, um aus einem fixierten Wechselkurs der Krone gegen den Euro auszusteigen. Darüber hinaus gehen wir bei der Erste Group aber im Moment davon aus, dass die Zinsen bis auf weiteres auch hier unangetastet niedrig bleiben.
Keine Überhitzung
Getragen von gutem Außenhandelsbeitrag und Konsum erwarten die Analysten der Erste Group ein BIP-Wachstum von 3,3 Prozent als Schnitt für die gesamte Region in 2017. Dies gepaart mit einer erwarteten Preissteigerung von 1,9 Prozent mag bereits nach einer Überhitzung klingen. Die Gefahr einer heiß laufenden Wirtschaft ist allerdings nach Ansicht unserer internen Experten bei der Erste Group nicht gegeben. Inflationstreiber ist hier ebenfalls der Ölpreis. Zudem haben die regionalen Volkswirtschaften sogenannte output gaps gerade erst geschlossen, laufen also genau auf dem Niveau des derzeitigen Potentials ohne zusätzlichen inflatorischen Druck. Besser greifbar wird dies noch am Beispiel regionaler Leistungsbilanzdefizite. Waren diese in der Vergangenheit noch massiv im negativen Bereich, so haben etliche Märkte in der Region mittlerweile hier sogar Überschüsse aufgebaut, zumindest aber Defizite auf tragfähige Niveaus reduziert. Immer noch niedrige Rohstoffpreise haben hier natürlich auch einen Einfluss – insbesondere massiv höhere Energiepreise würden das Bild verändern, aber trotzdem nicht wesentlich verschlechtern. Ebenso tragen Zuflüsse aus EU-Mitteln positiv bei.
In Summe lassen sich also momentan keine Anzeichen einer Überhitzung finden, und so sehr das aktuelle Umfeld noch Aktienindizes wie den DAX beflügeln kann, so lange ist auch noch Potential für die regionalen Aktienmärkte in Zentral- und Osteuropa erkennbar. Nachdem die zyklische Erholungsbewegung auch hier der wesentliche Treiber der Märkte ist, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass zyklische Werte relativ zu defensiven bereits eine beeindruckende Entwicklung hingelegt haben und sich hier ein Risiko einer Konsolidierung durchaus argumentieren lässt. Zudem zeigen sich Werte im Rohstoffbereich aktuell deutlich beeindruckt durch die massiven Anstiege der Rohstoffpreise. Hier kann aber durchaus ein ähnlicher Basiseffekt wie beim Rohölpreis vermutet werden und damit aktuelle Bewertungen in Frage stehen. Bankwerte zeigen derzeit in Summe vermutlich die interessanteste Kombination aus Momentum in den Gewinnen und der Bewertung.
Die Märkte Ostmitteleuropas bieten Chancen
Womit wir bei einer Betrachtung einzelner Märkte wären. Polnische Banken fallen hier auf. In einer regionalen Allokation sollte Polen entsprechend positiv berücksichtigt sein, auch wenn ein gewisses politisches Risiko verbleibt. Die Tschechische Republik erscheint mit einem aktuellen KGV von 13 etwas teuer, kann aber über eine verbesserte Gewinndynamik Rechtfertigung liefern. Aktuell wäre Ungarn aber vermutlich die günstigere Wahl mit einem KGV von 10,9 (beide auf Zwölf-Monats-Sicht, Konsensus). Rumänien sollte auch weiterhin ein interessanter Markt bleiben – auch aus Sicht von Börsenanlegern. Unüblich für einen Frontier Market ist hier die hohe Dividendenrendite. Kroatien empfiehlt sich derzeit nicht. Die Kombination aus Unwägbarkeiten aus der finanziellen Schieflage einer wesentlich lokalen Holding gegenüber einer recht anspruchsvollen Bewertung lassen den Markt derzeit hintenanstehen. Selektive Ideen bieten sich allerdings im Tourismussektor.
Nicht zuletzt zählt auch Österreich zu den regionalen Märkten. Die Börse in Wien kann eine gute Plattform sein, um sich über eine westliche Börse an östliche Märkte zu wagen. Nach Einschätzung der Analysten der Erste Group in ihrer aktuellen Conviction List kann die ungarische MOL wie auch die rumänische Romgaz für den Energiesektor interessant sein. Die Raiffeisen Bank International wird als regionale Idee im Bankensektor gesehen. Anlegern bietet sich damit in der Eurozone sowie beim Blick nach Osten insgesamt ein günstiges Bild.
Henning Eßkuchen ist Head of CEE bei der österreichischen Erste Group Bank AG.