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Keinarmbanditen

War das eine Mühe, sich an einen Tisch zu setzen! Und dann auch noch eine Empfehlung zu erreichen! Zum Glück hat man nicht versucht, alle Beteiligten zu einer Einigung zu bringen, denn dann hätte man die Konferenzräume sicher schon für die nächste Generation mitbuchen müssen. So aber, dem Himmel sei Dank, ging es nur um die privaten Banken, die sich einigermaßen und unverbindlich einigen mussten: Was darf der Geldautomat dafür schlucken, dass er etwas ausspuckt?

BÖRSE am Sonntag

War das eine Mühe, sich an einen Tisch zu setzen! Und dann auch noch eine Empfehlung zu erreichen! Zum Glück hat man nicht versucht, alle Beteiligten zu einer Einigung zu bringen, denn dann hätte man die Konferenzräume sicher schon für die nächste Generation mitbuchen müssen. So aber, dem Himmel sei Dank, ging es nur um die privaten Banken, die sich einigermaßen und unverbindlich einigen mussten: Was darf der Geldautomat dafür schlucken, dass er etwas ausspuckt?

Zu Deutsch: Der Kunde, der an Geld heran will, das ihm zwar ohnehin schon gehört, aber bei einer anderen Bank oder gar einer Sparkasse oder Volksbank lagert, was also soll der Kunde dafür löhnen, dass er sein Eigentum herausholen möchte aus der Maschine? Die Banken haben in dem stetigen Bemühen, sich an der Schnittstelle zum Verbraucher nur Freunde und nichts als Freunde zu machen, eine Obergrenze von 1,95 Euro vorgeschlagen, natürlich noch nicht ganz verpflichtend. Die soll für Kunden von Sparkassen und Genossenschaftsbanken ebenfalls gelten. Nun ja. Wofür sich der Zentrale Kreditausschuss, das Obergremium der deutschen Bankenverbände, hingegen vor allem feiern lassen will: Dass man künftig vor dem Abheben von Bargeld sieht, was das an Bargeld kostet. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein Riesensprung für den Bankenverband. Bisher gab es jedes Mal eine fröhliche Überraschung, wenn auf dem Kontoauszug später eine Gebühr von bis zu zehn Euro auftauchte für das Fremdabheben. Nun also hängt ein Preisschild am Automat, eine Tatsache, die jede Bäckerfiliale, jedes Restaurant für nicht ganz so revolutionär halten dürfte wie offenbar die Banker. Dass man vorher weiß, was das Bestellte kosten soll, ist allgemein ein nicht ganz so exotischer Brauch. Nun ging das den Sparkassen und Volksbanken alles schon zu weit, vor allem die Obergrenze: Kein Wunder, denn die Automatenzahl dieser Institute übersteigt die der privaten Konkurrenz bei Weitem, also überwiegt der Aufwand den Ertrag. Insbesondere Direktbanken sind den Sparkassen nach wie vor ein Ärgernis – sie bieten ihren Kunden oft gute Auszahlungskonditionen, ohne selbst eine einzige Maschine aufzustellen. Dennoch – bei etwas gutem Willen hätte es eine stille Einigung mit verbraucherfreundlichem Touch geben können; gut vorbereitet in ruhigen Verhandlungen. So aber hat sich das Gewerbe Mitte der vergangenen Woche wieder einmal lächerlich gemacht, wer es humorlos sieht, mag den Bankern die gewohnte Raffgier unterstellen: Erst werden die Kunden aus Kostengründen vom Schalter weggelockt und arbeiten künftig selbst als Aushilfsbanker am Kontoauszugsdrucker und am Geldautomat oder überweisen im Internet – und anschließend nimmt man ihnen für diese Dienstleistung zugunsten ihrer Bank auch noch Geld ab. Der Geldautomat, ein Keinarmbandit: Zumindest also wird man künftig vorher wissen, welche Beute er zu machen gedenkt. Bislang einziger tauglicher Ausweg: Eine Konto- oder Kreditkarte einer derjenigen Direktbanken, die diese Gebühren für den Kunden übernehmen - es gibt da durchaus Angebote. Zumal, was sich noch nicht herumgesprochen hat, die Teilzahlungsmöglichkeit der Kreditkarte inzwischen oftmals weniger Zinsen kostet als der Dispo auf dem Bankkonto. Man kann Kundenfreundlichkeit nur erzwingen, indem man hellwach ist und – ausweicht.