Druckabfall im Fluggeschäft
Die Woche hatte es in sich für Lufhansa und Co. Rechtzeitig zur Urlaubssaison wurde die LH-Aktie, nun ja, günstiger – vermutlich leider noch nicht das ultimative Last-Minute-Angebot.
Die Woche hatte es in sich für Lufhansa und Co. Rechtzeitig zur Urlaubssaison wurde die LH-Aktie, nun ja, günstiger – vermutlich leider noch nicht das ultimative Last-Minute-Angebot.
Von Reinhard Schlieker
Im weltweiten Ranking kommt sie noch auf Platz neun, was die Befragung von Fluggästen ergibt – derzeit und wohl auch auf absehbare Zeit liegen die großzügig finanzierten Airlines von Scheich und Emir halt vorne. Soweit zur Performance in der Luft. Am Boden, auch dem der Tatsachen, wartet allerlei Ungemach, wovon die zweitweise sieben Prozent Kursverlust allein in der abgelaufenen Woche eher stoisch zu tragen sind, denn weitere Dellen drohen.
Der Blick zurück im Zorn sieht noch die 31 Euro Kurshoch, Ende 2017, so lange ist es nicht her. Wenn sich der Kurs um die Hälfe dieses Wertes bewegt, ist man dieser Tage schon glücklich, aber dafür müsste man derzeit zehn Prozent zulegen. Woher die kommen sollen, weiß man entweder nicht, weil man ja kein Guru ist, oder es ist einem egal, wenn man zum Beispiel der Flugbegleiter-Gewerkschaf Ufo angehört, die noch dazu ihrem Namen alle Ehre macht: Die Vereinigung streikt wild um sich, weil man einen Tarifvertrag bei Eurowings unterzeichnet haben will, und den mit Lufhansa gekündigt habe – nur glaubt die Lufhansa nicht zu wissen, mit wem man es bei Ufo eigentlich zu tun hat. Ergo, wer nicht existiert, kann auch keine Tarifverträge kündigen: Nach internen Machtkämpfen (bei Ufo, nicht bei der
Lufhansa, um Himmels willen) sei nicht klar, wer dort das Sagen habe. Nun ja, jedenfalls scheint es jemanden zu geben, denn immerhin kann man Streiks anzetteln und weiteres ankündigen.
Da stellt sich dann die Frage: Wenn die Lufhansa eine Kündigung des Tarifpartners nicht akzeptiert, weil es den offiziell nicht so richtig gibt, warum hält man sich dann weiter an den Vertrag mit diesem Niemand? Da wird es jetzt spitzfindig. Was wiederum die Passagiere, zum Beispiel am Vorzeigeflughafen Frankfurt, nicht so richtig interessiert. Die schlendern freudig erregt zum Urlaubserwartungsdate an der Abfertigung, die von Fraport in großer Weitsicht gerade um ein paar Linien erweitert wird, und – abwarten und Tee trinken, denn Ufo verhindert den weiteren geordneten Ablauf des Geschehens, wenn nicht ein halbes Wunder geschieht.
Dagegen sieht der Vorstand, der sich sehr wohl existent fühlt, ahnungsvoll, doch erwartungsfroh in die Zukunft: Der „Chaos-Sommer“, frohlockt der stellvertretende Vorsitzende Daniel Flohr in Darmstadt (Name und Sitz sind der Redaktion, wie man sieht, bekannt), werde dieses Jahr nochmal größer als im letzten. Denn vor allem die allseits geschätzte preiswerte Eurowings-Airline soll als erstes bestreikt werden. Der gediegene Lufhansa-Kunde muss auf das gleichartige Ereignis noch etwas warten. Man kann den Chaos-Sommer natürlich auch anderweitig verplanen, denn die Probleme im Flugverkehr
mehren sich ganz ohne Ufos. Auf der gerade zu beobachten gewesenen Luffahrt-Messe im französischen Le Bourget konnte man Airbus erleben, wie es den neuen Langstreckenjet A 321 XLR, klingt irgendwie nach Mazda, seinem Portfolio hinzufügte, der allerdings derart neu ist, dass er ein wenig auf sich – richtig, warten lässt.
Konkurrent Boeing wartet seinerseits derweil geduldig vor der Abfertigungsstelle der Aufsichtsbehörden darauf, dass seine nun upgedatete B 737max wieder fliegen darf, denn der Absturz etwa von Sofware soll künfig garantiert nicht mehr zu einem echten des Flugzeugs führen und das elektronisch aufgepeppte Fluggerät auch nicht einfrieren lassen wie Windows 7. Mit leeren Händen stand man also einige Tage auf der Messe, bis sich die Briten erbarmten und den Kauf von 200
Exemplaren des Typs zumindest mal in Aussicht stellten. Der Boeing-Aktienkurs erholte sich nach wilden Sprüngen der Vergangenheit auf 330 Euro, das klingt natürlich schon nach was. Was wird das erst für ein Feuerwerk, wenn Boeing seinen Plan wahrmacht, das Flugzeug umzubenennen! Das ist eine Idee von Donald Trump gewesen, und die hat es in sich. Der amerikanische Präsident hatte noch weiter vorgeschlagen, dem Modell am besten ein paar „großartige Eigenschafen“ hinzuzufügen.
Vielleicht Flugfähigkeit unter realen Bedingungen? Oder für jeden Passagier eine Spielekonsole oder einen Flugsimulator? Am besten mit direkten Eingriffsmöglichkeiten ins Cockpit, denn dort kommen Steuerungsbefehle ja manchmal nicht an im Herzen des Fliegers. Ansonsten wäre vielleicht „B 007“ ein schöner Name, von wegen der geheimen und manchmal überraschenden Sofware-Eigenschafen. Jedenfalls navigiert die Luffahrt unter ständigen Problemlagen – in einer Woche, in der vier Rebellenführer aus der Ukraine von der niederländischen Untersuchungskommission des Abschusses eines Malaysia-Airlines-Flugzeugs 2014 beschuldigt wurden, umfliegen die meisten Fluglinien nun neuerdings einen großen Teil des Persischen Golfs, wo unvermittelt Geschosse aufauchen und wieder verschwinden. Wenigstens dürfe es nicht gelingen, im Fluge Hafminen anzubringen, das macht die Reise sicherer als etwa die Mitfahrt auf einem Öltanker in der gleichen Gegend. Der Flugverkehr hält sicherlich auch sonst Tröstliches bereit, so dass sich möglicherweise der Passagier wie ein Airbus-Aktionär fühlen darf: Dessen Bestand steigt im Wert geduldig an, bei gut 123 Euro navigiert die Börsenbewertung am Allzeithoch, was Kunden schätzen und Anleger doch so selten erleben.