Lufthansa springt ab: EU beschert Niki überraschendes Grounding
Das war’s dann wohl. Der nächste Pleiteflieger bleibt am Boden. Diesmal ist es aber nicht nur ein Opfer von Misswirtschaft oder Größenwahn. Speziell die EU-Bürokratie muss sich einiges fragen lassen, wie Reinhard Schlieker kopfschüttelnd feststellt.
Das war’s dann wohl. Der nächste Pleiteflieger bleibt am Boden. Diesmal ist es aber nicht nur ein Opfer von Misswirtschaft oder Größenwahn. Speziell die EU-Bürokratie muss sich einiges fragen lassen.
Von Reinhard Schlieker
Das Kartellverfahren war in Brüssel zuletzt noch anhängig – Kaufinteressent Lufthansa bemühte sich weiter, bis 21. Dezember (erste Frist) die Zweifel zu zerstreuen, die wegen der künftigen Übermacht der deutschen ehemaligen Staatslinie am europäischen Himmel den Wettbewerb in Gefahr sahen. Die Lufthansa ihrerseits hatte nach und nach reichlich Zugeständnisse nach Brüssel übermittelt, denn den Konzernjuristen war natürlich klar, dass mit dem Wegfall der zweitgrößten deutschen Fluglinie und womöglich deren Tochtergesellschaften die Konkurrenzlage ziemlich verschoben wirken musste.
Auch wenn Lufthansa es empört zurückwies, immer wieder, dass man Profit aus dem Scheitern der Berliner ziehen wollte, blieb dennoch der Eindruck haften, dass die Flugpreise nach dem Ausscheiden von Air Berlin zu steigen anfingen. Was zum Teil aber reine Marktmechanismen waren: Angesichts automatisierter Prozesse bei diversen Internetanbietern und Reiseportalen reagieren die Flugticket-Tarife schnell und erbarmungslos auf erhöhte Nachfrage. Da hilft auch die Umstellung auf Großraumjets im innerdeutschen Verkehr nur punktuell.
Nun also Brüssel: Lufthansa hatte offenbar klare Signale, dass die Übernahme von Niki so bald nicht genehmigt werden würde. Gleichzeitig flogen die Österreicher bereits seit Wochen nur dank stetiger Finanzströme aus dem deutschen Konzern. Die Aussicht, noch auf lange Zeit einen Fluganbieter zu subventionieren, der das Geld ohnehin nie erwirtschaften würde, und zudem nicht einmal sicher ins eigene Portfolio eingegliedert werden könnte – diese Aussicht also muss Lufthansa etwas dürftig erschienen sein. Mit dem Rückzug folgte völlig logisch die sofortige Pleite. Vordergründig haben die Deutschen Niki also im Regen stehen lassen. Die Ursachen aber sind woanders zu suchen.
Nach welcher Logik die Brüsseler Behörden arbeiten, ließ sich im ersten Statement der Kartellwächter bestaunen: Man sei dem Verbraucher verpflichtet und müsse dafür sorgen, dass dieser keine überzogenen Preise zu zahlen habe, weil es an Wettbewerb fehle. Eine interessante Auslegung – offenbar geht es den Verbrauchern besser, wenn sie mit ihren bezahlten Tickets vor geschlossenen Flugschaltern stehen? Oder auf gnädige Mitnahme irgendeiner anderen Linie warten müssen, die sie aus ihrem Reiseziel-Land wieder nach Hause bringt? Längerfristig ist dem Wettbewerb mit dieser Haltung natürlich auch nicht gedient. Denn die Flugzeuge von Niki bleiben ja nun am Boden, und damit ist dieser Wettbewerber aus dem Markt ausgeschieden. Was ist daran nun besser, als es eine Übernahme durch Lufthansa gewesen wäre? Zumal die Lufthansa natürlich einen Plan B hat, wie es aus dem Konzern hieß. Der dürfte darin bestehen, die Flotte der konzerneigenen Tochter Eurowings aus eigenen Mitteln aufzustocken, ohne diese 21 Flugzeuge der insolventen Niki.
Der Ausgang dieser Verfahrensweise ist natürlich genau das, was die Brüsseler Bürokraten angeblich verhindern wollten, eine gestärkte Lufthansa nämlich. Nur mit dem zusätzlichen Nachteil, dass neben den erstaunten Passagieren nun auch die Mitarbeiter, Banken, Lieferanten und andere keine nennenswerte Chance haben, übernommen zu werden oder ihre Außenstände wiederzusehen. Eine reife Leistung, alle Achtung. Über ihren Ruf müssen sich die Eurokraten nicht wundern, aber das ist ja nun keine News.