Steigende Anleihenrenditen - ein Segen für die deutsche Wirtschaft?
„Outright Monetary Transactions“ (OMT) lautet der Name des neuesten Anleihenprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Bekämpfung der Finanzkrise in Europa. In der Bundesrepublik herrscht die weitläufige Meinung, dass sämtliche Lösungsansätze der Euro-Krise zulasten der hiesigen Steuerzahler gehen, weil die Rechnung letztlich doch in Berlin beglichen wird. Dennoch sprechen gute Gründe dafür, dass das Land vom jüngsten Programm der EZB profitieren könnte.
„Outright Monetary Transactions“ (OMT) lautet der Name des neuesten Anleihenprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Bekämpfung der Finanzkrise in Europa. In der Bundesrepublik herrscht die weitläufige Meinung, dass sämtliche Lösungsansätze der Euro-Krise zulasten der hiesigen Steuerzahler gehen, weil die Rechnung letztlich doch in Berlin beglichen wird. Dennoch sprechen gute Gründe dafür, dass das Land vom jüngsten Programm der EZB profitieren könnte.
OMT richtet sich primär an finanzschwache Mitgliedsstaaten und zielt darauf ab, Kapital vermehrt in die Volkswirtschaften der Krisenländer fließen zu lassen, während anderswo gespart wird. Sollte das Programm funktionieren wie geplant, werden die Renditen spanischer und italienischer Anleihen fallen und die deutscher Anleihen steigen.
Zwar geht man im Allgemeinen davon aus, dass steigende Anleihenrenditen negative Auswirkungen auf die Refinanzierbarkeit eines Landes haben. Den aktuellen Fall sollte man jedoch differenzierter betrachten.
Im Juli fielen die Renditen für zweijährige deutsche Anleihen auf unter 0% – sie waren also negativ. Damit verzichteten Investoren auf Zinszahlungen und waren sogar bereit, für das Halten deutscher Staatsanleihen zu bezahlen. Solche Negativrenditen sind ein sehr seltenes Phänomen. Für Deutschland gab es diese zum ersten Mal. Derart niedrige Zinssätze weisen auf äußerst nervöse Anleger und Märkte hin. Investoren flüchten aus Angst vor dem Zusammenbruch der Eurozone in deutsche Anleihen, was dazu führt, dass sich die Bundesrepublik zurzeit zu extrem günstigen Konditionen Geld leihen kann.
Diese Situation ist langfristig gesehen aber alles andere als optimal für die hiesige Wirtschaft. Deutschlands Status als sicherer Hafen führt dazu, dass Kapital in Staatsanleihen gebunden und damit der Realwirtschaft vorenthalten wird. Etablierte Unternehmen, Start-ups und Infrastrukturprojekte haben das Nachsehen. So überrascht es nicht, dass sich auch die Konjunkturdaten stark verschlechterten, während die Renditen für kurzfristige Staatsanleihen ins Negative fielen. Im August etwa sank der Einkaufsmanagerindex (EMI), ein wichtiger Indikator für den Dienstleistungsbereich. Auch der entsprechende Indikator für die verarbeitende Industrie hat sich während der Sommermonate weiter verschlechtert.
Die deutsche Wirtschaft leidet unter der Risikoaversion, die die Märkte zurzeit ergriffen hat. Sie ist nicht in der Lage, von den niedrigen Anleihenrenditen zu profitieren. Auch die Bundesregierung, die das Haushaltsdefizit über die nächsten beiden Jahre weiter reduzieren möchte, ist nicht darauf angewiesen, frisches Geld zu den historisch niedrigen Sätzen aufzunehmen.
Kurzum: Negative Anleihenrenditen haben nicht die Vorteile, die ihnen oft nachgesagt werden. Daher könnte das neue Anleihenprogramm der EZB durchaus Vorteile für Deutschland haben. Höhere Renditen für Bundesanleihen signalisieren stärkeres Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte und das wirkt sich auf längere Sicht positiv auf die deutsche Wirtschaft aus. Steigende Anleihenrenditen sind für Deutschland alles andere als ein Fluch – vielleicht sind sie sogar so etwas wie ein Segen in wirtschaftlich volatilen Zeiten.