Telekom-Aktie im Kommen? Im Prinzip ja…
Bei der Deutschen Telekom läuft es rund derzeit. Aus technischer Sicht ist der Weg bis zum Hoch von 2017 bei 18,15 Euro bereitet. Sogar das 20-Jahres-Hoch rückt immer näher. Sind die Papiere jetzt ein Kauf?
Bei der Deutschen Telekom läuft es rund derzeit. Aus technischer Sicht ist der Weg bis zum Hoch von 2017 bei 18,15 Euro bereitet. Sogar das 20-Jahres-Hoch rückt immer näher. Sind die Papiere jetzt ein Kauf?
Von Reinhard Schlieker
Vor langer Zeit, als der real existierende Sozialismus noch Ventile brauchte, damit das Volk nicht platzt, gab es die Kunstform der Frage an Radio Eriwan. In diesem Stile würde eine Frage des sorgenden Kleinanlegers vielleicht lauten: „Gibt es eine Chance, dass langjährige Aktionäre jemals ihr eingebüßtes Geld wiedersehen?“, und die Antwort wäre zweifellos: „Im Prinzip ja. Allerdings sollte man deutlich über 120 Jahre alt werden“.
Ron Sommer fände es nicht witzig. Er war Herr im Hause des rosaroten Bonner Riesen, als man deutlich über 100 Euro (kurzzeitig) bei sich haben sollte, wenn man sein Auge auf eine T-Aktie geworfen hatte. Der Erstausgabepreis des ursprünglichen Börsengangs 1996 war schon aus dieser großen Höhe nicht mehr klar zu erkennen (14,57 Euro) und bei den weiteren Tranchen der zweiten und dritten Emission floss dann auch deutlich mehr in die Kasse (39,50 beziehungsweise 63,50 Euro). Der Bund als Großaktionär war zufrieden, auch wenn die letzteren Emissionen 1999 und 2000 haarscharf an den Crash des Technologiesektors heranreichten.
Zuvor aber hatte man noch schnell die Internet-Division T-Online an die Börse gebracht und damit den Grundstein gelegt, weitere Millionen Kleinanleger zu düpieren, denn der Kursverfall ab 2001 traf manche von ihnen doppelt, wer T-Aktien hatte, war meist auch mit T-Online gekniffen. Später nahm die Telekom diese Tochter wieder von der Börse, natürlich gegen eine weit niedrigere Abfindung der freien Aktionäre, als diese zuvor angelegt hatten.
Ron Sommer, über den als immerhin etwas Positives später nur noch zu sagen war, dass er stets korrekt gekleidet auftrat, verlor nach diversen Abschreibungen aus heiterem Himmel und einem grotesk überteuerten Zukauf der amerikanischen Mobilfunkfirma Voicestream (heute T-Mobile USA) das Vertrauen aller Beteiligten und zog sich schmollend zurück, machte von da an irgendwas mit Investments und verschwand im Nebel der Geschichte.
Soweit die Historie, und nun, zwanzig Jahre später, drohen plötzlich Erfolge in Serie. T-Mobile USA verdient richtig Geld, auf dem Kontinent ist die Telekom fast völlig dem Staatskonzernhaften entronnen und gilt als das beste Telekommunikationsunternehmen Europas, wenn nicht darüber hinaus. Radio Eriwan dürfte unvermeidlich Recht behalten, womöglich vor der Zeit: Mit an die 18 Euro Kursniveau dieser Tage werden Rekorde aufgerufen, so hoch stand das Papier zuletzt 2017 (18,15 Euro, genauer gesagt) und lange davor war nichts dergleichen zu sehen.
Wer mit der Telekom groß und womöglich in Ruhe älter geworden ist, hat zudem Dividenden anhäufen können, die schon deshalb kaum ausfallen dürfen, weil der Staat noch mitspielt und etwas leicht verdientes Geld stets willkommen heißt.
2007 und 2012 waren zudem Nachkaufgelegenheiten, mit etwa 8,50 und gut sieben Euro hat man entweder seinen überteuerten T-Aktien-Bestand etwas arrondieren können, oder den Grundstein legen für eine gute Verdoppelung des Wertes. Wie gesagt, für Fans und Dividendenliebhaber geeignet, das Papier, man darf halt nicht auf Amazon schielen oder Netflix, denn manche Vergleiche hinken nun mal. Die Telekom zeigte sich auf ihrem Kapitalmarkttag im Mai zuversichtlich für ihr europäisches Wachstum – beim Gewinn schneller als beim Umsatz, was natürlich auch struktureller Weiterentwicklung geschuldet sein sollte. In den USA bleibt eine Erhöhung des Anteils bei T-Mobile US auf mehr als 50 Prozent das erklärte Ziel. Die Dividendenpolitik bleibt im Korridor von 40 bis 60 Prozent des Konzerngewinns, Untergrenze laut Telekom bei 60 Eurocent. Analysten rechnen mit mehr als einem Euro bis 2024. Die Dividendenrendite dürfte auch weiterhin über den möglichen Erträgen festverzinslicher Wertpapiere liegen, was angesichts der EZB-Geldpolitik, gerade erst wieder offiziell festgezurrt, fast schon eine sichere Wette ist. Das Risiko verschnupfter Aktienmärkte angesichts anziehender Inflation trifft T-Aktionäre wenigstens nicht allein.
Offene Zukunftsfragen stellen sich im Wesentlichen dahingehend, ob der Netzausbau mit 5G nun den hohen Erwartungen entsprechen kann – und später womöglich beim zukunftsmusikalischen G6 mal nicht im Gestrüpp von politischen Querelen der Teufel des Details lauert. Aber hier reden wir schon von 2030, da sind die Erstaktionäre zwar noch keine 120, aber in einem wie auch immer gearteten Rentenalter wohl schon.
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