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Airbnb, Booking und Co.: Diese Aktien profitieren von einem "Freedom Day"

Bleibt es bei Omikron als die dominierende Coronavirusvariante, könnten Staaten bald um die Wette öffnen und der Reisebranche ihr langersehntes Comeback ermöglichen. Mit welchen Aktien sich Anleger schon jetzt clever positionieren.

(Bild: Shutterstock)

Bleibt es bei Omikron als die dominierende Coronavirusvariante, könnten Staaten bald um die Wette öffnen und der Reisebranche ihr langersehntes Comeback ermöglichen. Mit welchen Aktien sich Anleger schon jetzt clever positionieren.

Dänemark und die Schweiz haben es schon getan. Deutschland bereitet sich für den Frühling darauf vor. Der sogenannte „Freedom Day“, der Tag an dem alle Coronamaßnahmen fallen und in dessen Folge ein Leben wie vor der Pandemie wieder möglich sein soll, könnte schon bald überall auf der Welt ausgerufen werden. Die Omikron-Variante des Virus macht es in Kombination mit der Impfung möglich. Bleibt die Mutation vorherrschend, könnte die Pandemie nachhaltig ihren Schrecken verlieren. Nach einem Sommer der gefühlten Freiheit im vergangenen Jahr, könnte 2022 die echte Freiheit zurückkommen. In Deutschland, in Europa, vielleicht auf der ganzen Welt. Mindestens für Geimpfte, vielleicht auch für diejenigen ohne den Antikörperschutz.

Das wäre vor allem für eine Branche Balsam für die geschundene Seele. Der Reisesektor mit seiner ganzen Wertschöpfungskette war neben dem Einzelhandel der von der Pandemie wohl am ärgsten getroffene Wirtschaftszweig. Selbst für die Großen der Branche ging es an die Existenz. Das spürten nicht zuletzt die Aktionäre. Dividenden wurden gestrichen, Kurse rauschten im freien Fall nach unten, bei der Deutschen Lufthansa und TUI musste sogar der Staat eingreifen. Aber auch die großen US-Reiseportale schrieben Verluste. Plattformbetreiber Airbnb erzielte ein Jahresminus von 4,6 Milliarden US-Dollar.

Die Lage hat sich 2021 zwar beruhigt. Den großen Befreiungsschlag konnten bislang aber weder Airlines, noch Reisevermittler, noch Flugzeugbauer landen. Das könnte sich diesen Sommer ändern.
Auch weil bereits das Schlussquartal des vergangenen Jahres deutlich positive Signale in der Branche ausgesendet hat. Der Sektor befindet sich bereits im Aufwind, profitiert von steigenden Umsätzen und den vielerorts eingeleiteten Sparmaßnahmen während der Pandemie.

Airbus für Goldman-Banker „Convicition-Buy“

Airbus, der nach der hausgemachten Pleiten-, Pech- und Pannenshow bei Boeing, inzwischen größte Flugzeugbauer der Welt, hat so 2021 einen Rekordgewinn eingeflogen. Am Ende lag der Überschuss bei 4,2 Milliarden Euro. Damit scheint Airbus startklar für ein noch stärkeres 2022. Nach 611 Flugzeugen im vergangenen Jahr, will der Konzernriese nun 720 Flieger bauen. Die Prognose legt nahe, dass Airbus die Pandemie so gut wie abgehakt hat. Deshalb soll es nach zwei Jahren nun auch wieder eine Dividende in Höhe von 1,50 Euro je Aktie geben. Aktuell notiert das Airbus-Papier noch deutlich unter Rekordhoch (siehe Chart). Wer einsteigen will, muss sich da womöglich beeilen. Unter den Analysten ist die Airbus-Aktie ein Favorit für das laufende Jahr. Goldman Sachs hat die Titel mit einem Kursziel von 179 Euro sogar auf die „Conviction Buy List“ gesetzt. Mehrheitlich optimistisch sind die Analysten auch beim Triebwerke-Hersteller MTU, der natürlich direkt mit profitiert, wen Airbus mehr Flugzeuge verkauft. JPMorgan gibt ein Kursziel von 220 Euro aus. Aktuell kostet die Aktie rund 208 Euro, schickt sich allerdings an aus einem längeren Seitwärtstrend nach oben auszubrechen. Das Rekordhoch von Anfang 2020 liegt bei 286 Euro. Luft nach oben gäbe es also reichlich.

Airbnb und Booking vor Rekordjahr

Überraschend stark präsentierte sich im Schlussquartal 2021 auch die aufstrebende US-Plattform Airbnb. Als einer der größten Verlierer in der Pandemie kämpfte sich das Unternehmen um CEO Brian Chesky mit einem Rekordumsatz raus aus der Krise. Trotz der Corona-Belastungen sprang der Umsatz auf 1,53 Milliarden US-Dollar. Das war 38 Prozent mehr als 2019, also im Jahr bevor die Coronakrise losbrach. Es bleibt mit 55 Millionen Dollar sogar ein kleiner Gewinn, der allerdings groß wird, bedenkt man, dass im Vorjahr noch ein Verlust 3,9 Milliarden Dollar zu Buche stand.
Chesky sprach im Rahmen der Zahlenvorlage vom „besten Jahr in der Geschichte des Unternehmens“. Was kommt dann also erst 2022? Der Ausblick für das erste Quartal überrascht mit 1,41 bis 1,48 Milliarden Dollar schon mal die Analysten, die im Schnitt nur mit 1,37 Milliarden Dollar gerechnet hatten. Auch die Buchung sollen deutlich ansteigen und weit über dem Wert von 2019 liegen. Und der Sommer der Freiheit steht dann erst noch vor der Tür. Das große Problem der Aktie: sie ist mit einem erwarteten KGV für 2022 von 124 extrem hoch bewertet.

Das sieht bei Hauptkonkurrent Booking.com mit einem 22er KGV von 28 schon besser aus. Der Kurs ist aber auch hier bereits im zweiten Halbjahr 2021 fleißig geklettert. 2700 US-Dollar markieren derzeit ein neues Rekordhoch. Booking legt erst kommende Woche frische Zahlen vor, dürfte aber ähnlich Airbnb stark abgeschnitten haben. Ob nun Booking oder Airbnb ist für Anleger wohl so etwas wie eine Glaubensfrage. Booking ist etablierter und breiter aufgestellt. Airbnb ist die vielleicht coolere und damit in Zukunft auch stärkere Marke, hat zudem noch sehr viel Wachstumspotenzial. Beide dürften in diesem Sommer Rekordergebnisse einfahren, an der Börse locken sie aufgrund ihrer hohen Bewertung (Airbnb) und zuletzt starken Rally (Booking) aber nicht zwingend zum Einstieg.

Kreditkartenanbieter mit viel Schwung

Eine Einsteigschance könnte auf dem aktuellen Niveau dagegen die Visa-Aktie bieten. Die Kreditkartenanbieter, darunter auch MasterCard oder AmericanExpress profitieren stark von wieder anziehenden Zahlungen für Flugreisen und Hotelbuchung sowie insgesamt Zahlungen im Ausland, die nun wieder mehr werden dürften. Zugute kommt den genannten Unternehmen dabei, dass sie eher ins Value-Segment einzuordnen sind und damit von den gegenwärtigen Portfolioumschichtungen profitieren, aufgrund der zunehmenden Verlagerung von Zahlungen ins Internet aber auch noch viel Wachstumspotenzial besitzen. Visa legte wie auch die Konkurrenz starke Zahlen für das letzte Quartal 2021 vor. Der Nettogewinn stieg um 27 Prozent auf vier Milliarden Dollar. Der Umsatz kletterte um 24 Prozent auf 7,1 Milliarden Dollar. Im Vergleich zu Mastercard und AmericanExpress hat der Kurs allerdings noch keinen neuen Höchststand markiert. Zwischenzeitlich war er stark gefallen, nachdem Amazon verkündet hatte, in Großbritannien keine Visa-Kreditkarten mehr akzeptieren zu wollen. Inzwischen sind die beiden Konzerne aber wieder zueinandergekommen und die Sache ist vom Tisch. Mit Blick auf einen coronafreien Sommer könnte die Visa-Aktie also ein aussichtsreicher Titel sein.

Vom wahrscheinlichen Comeback der Reisebranche dürfte aus den selben Gründen wie die Kreditkartenanbieter auch der Bezahldienstleister Paypal profitieren. Die Aktie ist im Zuge des Tech-Abverkaufs an der Wall-Street aber zuletzt stark unter die Räder gekommen. Auch, weil die Prognose enttäuschte. Für ein Paypal-Investment bräuchte es bei der aktuellen Ausgangslage wohl etwas mehr Mut zum Risiko als bei Visa. Dafür könnte auch die Rendite am Ende höher ausfallen.

Airlines und Reiseveranstalter bleiben ein Risiko

Nicht unter den Tisch fallen sollen die Aktien der Airlines und Reiseveranstalter. Natürlich würden auch sie mit an erster Stelle von einem „Sommer der Freiheit“ profitieren. Allerdings kämpfen die beiden deutschen Größen Lufthansa und Tui auch mit reichlich hausgemachten Problemen, die bereits vor der Pandemie auf den Kurs drückten. Ähnlich verhält es sich mit dem US-Branchenkrösus American Airlines. Hinzu kommt: Gerade die Airlines sind die ersten, die von doch noch größeren Einschränkungen, als vielleicht erwartet, getroffen werden. Am ehesten schließlich wäre nach dem momentanen Stand der Dinge noch mit Einreisebeschränkungen auf internationaler Ebene zu rechnen. Das träfe vor allem die renditeträchtigen Langstreckenflüge.

Nun müssen die viel beschworenen Freedom Days aber erst einmal kommen. Das Virus hat schon zu oft mit neuen Mutanten überrascht, als das schon jetzt die Korken knallen sollten. Eine ordentliche Portion Hoffnung aber ist wohl erlaubt – auch an der Börse.

Oliver Götz

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