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Beunruhigende Ifo-Zahlen: Ende 2021 droht Stagflation

Im Oktober sinkt der vielbeachtete Ifo-Geschäftsklimaindex zum vierten Mal in Folge. Die Exporterwartungen erreichen den schlechtesten Wert seit Februar. Ökonomen warnen vor Stagflation.

Stehen derzeit oft im Stau: Containerschiffe. (Foto: Iam Anuphone / Shutterstock)

Im Oktober sinkt der vielbeachtete Ifo-Geschäftsklimaindex zum vierten Mal in Folge. Die Exporterwartungen erreichen den schlechtesten Wert seit Februar. Ökonomen warnen vor Stagflation.

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich eingetrübt. Im Oktober fiel der Ifo-Geschäftsklimaindex auf 97,7 Punkte, nach 98,9 Punkten im September. Es war der vierte Rückgang in Folge. Insbesondere die Erwartungen seien immer mehr von Skepsis geprägt, hieß es zu Beginn der Woche aus München. Aber auch die aktuelle Lage schätzten Unternehmen weniger gut ein. „Lieferprobleme machen den Firmen zu schaffen und die Kapazitätsauslastung in der Industrie sinkt“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Kaum noch Wachstum im vierten Quartal

Sinkt der Ifo-Index drei Mal hintereinander, ist das für Experten das Signal einer konjunkturellen Trendwende. Dazu passt die gedämpfte Stimmung in deutschen Exportindustrie. Auch hier ging die Erwartungen im Oktober auf 13,0 Punkte zurück, von 20,5 Punkten im September. Das sei der schlechteste Wert seit Februar 2021, so Fuest. Die Lieferprobleme bei den Vorprodukten würden nun auf die Exporte der Industrie durchschlagen. Während die Exporterwartungen in der Elektrobranche auf hohen Niveau nachgegeben haben, musste die Chemische Industrie einen deutlichen Dämpfer hinnehmen. „Die Zuwachsraten werden deutlich kleiner ausfallen, ähnliches gilt für die Automobilindustrie“, sagte Fuest.

Jörg Krämer, Chefökonom der Commerzbank, zeigt sich besorgt: „Die deutsche Wirtschaft dürfte im vierten Quartal kaum noch wachsen.“ Für Ende 2021 zeichne sich eine „Stagflation“ ab. Dieser Mix aus steigenden Inflationsraten und stagnierendem Wachstum ist unter Ökonomen gefürchtet und wäre Gift für die Kapitalmärkte. Das Szenario wird aber immer wahrscheinlicher. Die hohen Energie- und Rohstoffpreise treiben die Preise weiter an und der Mangel an Vorprodukten, insbesondere an Halbleitern, bremsen die Produktion aus. Die Deutsche Bundesbank erwartet für 2021 deshalb nun ein deutlich geringeres Wirtschaftswachstum. „2021 dürfte das Bruttoinlandsprodukt deutlich weniger zulegen als in der Juni-Projektion der Bundesbank erwartet“, hieß es in deren Monatsbericht. Das Vorkrisenniveau werde damit nicht erreicht.

Kommt der Lockdown doch nochmal zurück?

Die Materialengpässe kämen zunehmend auch im Handel an, sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters. „Es gibt Lieferprobleme im Einzelhandel, nicht jedes Weihnachtsgeschenk wird lieferbar sein.“ Im Verarbeitenden Gewerbe wolle zudem jedes zweite Unternehmen die Preise erhöhen. Auch mehr als jeder zweite Einzelhändler strebe dies an.

Hinzu gesellt sich allmählich auch die Angst vor erneuten Lockdowns im Winter in Europa. Das Zahl der Coronafälle nimmt seit Wochen zu. In einigen osteuropäischen Ländern ist die Lage aufgrund niedriger Impfquoten bereits prekär. Aber auch in Deutschland nähern sich die Inzidenzen den Werten aus dem vergangenen Jahr. „Die Unternehmen ahnen, dass die Politiker auf die stark ansteigenden Corona-Infektionen mit neuen Beschränkungen reagieren werden“, glaubt Volkswirt Krämer. Überdies führe die neue Corona-Welle vor allem in Asien zu Fabrikschließungen. Das verschärfte den Mangel an Vorprodukten und belastete die globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten. Derzeit leiden besonders die großen Sportartikelhersteller, die einen Großteil ihrer Schuhe in Vietnam produzieren, unter Lieferengpässen. Nike musste dort zeitweise ganze Fabrikschließungen akzeptieren.

An der Börse regiert die Ignoranz

An der Börse kommen die trüben Aussichten bislang nicht an. Nach dem Versuch einer Korrektur bewegen sich die Indizes dies- und jenseits der Atlantiks schon wieder zurück in Richtung alter Höchststände. Die Berichtssaison läuft auf Hochtouren und beschenkt Anleger mit starken Ergebnissen. Das festigt die Kurse und könnte nach Ansicht einiger Experten sogar eine Jahresendrally einläuten.

Die Luft aber wird trotzdem dünner. Kommen zu einer möglichen Stagflation auch noch Zinserhöhungen der Notenbanken im kommenden Jahr hinzu, könnte es schnell vorbei sein mit den Rallys an den Märkten. Dann käme es womöglich zu deutlich mehr als dem Versuch einer Korrektur.

OG

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