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Der Krisen-Gipfel

Der Ludwig-Erhard-Gipfel 2022 thematisierte die neue Agenda für Deutschland und Europa inmitten der Krisen der Welt. Und zeigte dabei, dass Krise auch Chance sein kann.

Der "Freiheitspreis der Medien", der auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee vergeben wurde, ist in diesem Jahr dem Freiheitskampf in Osteuropa gewidmet (Foto: WEIMER MEDIA GROUP).

Von Vera König

Der Ludwig-Erhard-Gipfel 2022 thematisierte die neue Agenda für Deutschland und Europa inmitten der Krisen der Welt. Und zeigte dabei, dass Krise auch Chance sein kann.
 
Krieg in der Ukraine, Klimawandel und Corona-Pandemie: Inmitten dieser weltweiten Krisenlage fand in diesem Jahr der Ludwig-Erhard-Gipfel (LEG) statt. „Das Meinungsführertreffen Deutschlands“ machte einmal mehr deutlich: Eine umfassende Debatte zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien ist gerade in Krisenzeiten nötiger denn je. Zum Diskurs versammelten die Verleger Christiane Goetz-Weimer und Wolfram Weimer der gastgebenden WEIMER MEDIA GROUP am 21. und 22. April 2022 die Top-Entscheider der Republik und darüber hinaus. Nachdem die Tagung im Vorjahr coronabedingt als TV-Produktion in den Bavaria Filmstudios in München stattfand, kehrte sie nun wieder in Erhards Wahlheimat, an den Tegernsee, zurück und fand auf Gut Kaltenbrunn in Gmund ihren neuen Austragungsort mit 1000 Gästen an beiden Tagen. Beim Get-together im Geiste Ludwig Erhards trafen sich die Vordenker und Entscheider unter dem Motto: „Neue Agenda für Deutschland und Europa: Sicherheit. Nachhaltigkeit. Wachstum.“, um Lösungsansätze für die großen Krisen zu finden – und erlebten dabei intensive Diskussionen und bewegende Momente gleichermaßen.
 
Gipfeltreffen in Krisenzeiten
 
„Leider ist seit dem letzten Tegernsee Summit nichts mehr normal gewesen“, bedauerte Christiane Goetz-Weimer, Verlegerin der WEIMER MEDIA GROUP, in ihrer Eröffnungsrede. Der Gipfel im Januar 2020 war das letzte Entscheiderteffen am Tegernsee vor der Pandemie, der Gipfel 2022 ist das erste Meinungsführertreffen nach der Pandemie. Damals war es die Hoffnung auf die „Roaring Twenties“, die die Verlegerin in ihrer Rede thematisierte, so als ob sich die boomenden Zwanziger einfach wiederholen würden. Doch dann kam das Unerwartete. „Die Pandemie hielt uns zwei Jahre in der Corona-Seuche fest“, sagte Goetz-Weimer. Doch derweil pausierten auch Klimakrise und Umweltverschmutzung nicht. „Auch politisch wurde es ungemütlich.“ Europa wurde durch den Brexit nicht stärker, sondern schwächer. Hinzu kamen laut der Verlegerin Despoten weltweit, wie die Beispiele China, Hongkong, Nordkorea, Russland zeigen. „Die Freiheit ist in Gefahr. Belarus war das Vorbeben für Russlands Auftritt. Putin führt einen Aggressionskrieg wie in dunkelsten Zeiten der Vergangenheit.“ Tausende Menschen starben bislang, Millionen wurde das Leben zerstört. „Das sinnlose Morden lässt Europa in den Schlund der Hölle blicken“, sagte Goetz-Weimer. Zugleich sei es ein Angriff auf Europas Idee der Freiheit. „Wir stehen dicht zusammen und leisten Widerstand. Allen voran Wolodymyr Selenskyj.“ Der erster Freiheitspreis der Medien im Jahr 2016 ging an den ehemaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow, 2022 widmet er sich dem Freiheitskampf in Osteuropa. „Ihr sollt wissen, dass Ihr nicht alleine seid“, sagte Goetz-Weimer. „Putin wird diesen Krieg nicht gewinnen“, war sie überzeugt. Moralisch und weltpolitische habe er ihn bereits verloren.
 
Trotz aller Schwierigkeiten: Es gibt auch positive Nachrichten. Die Pandemie verliere ihren Schrecken, und die Digitalisierung habe einen Sprung gemacht. „Vielleicht kommen die Roaring Twenties doch noch daher geradelt, vielleicht haben wir das Schlimmste schon hinter uns“, sagte die Verlegerin. Ein Stück weit Hoffnung wollte auch der Gipfel schenken: Er diene dazu, Ideen zu tauschen. „Sie machen Dialog möglich in Zeiten der Polarisierung“, sagte Goetz-Weimer zu den Gästen im Saal und den Zuschauern des Livestreams.
 
Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auf Lösungssuche

 
Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und dessen Auswirkungen bestimmten die Debatten des Gipfels. Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder als Schirmherr des LEG sorgte gleich zum Auftakt beim Klartext-Gespräch für Schlagzeilen. Der CSU-Politiker plädierte für schwere Waffenlieferungen an die Ukraine, ebenso wie der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz und Europapolitiker Manfred Weber (EVP). Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil sah dies zurückhaltender. Nicht nur die Haltung zu den Waffenlieferungen spaltete die Redner des Gipfels. Auch der ntv-Talk mit Spitzenpolitikern, der live im TV übertragen wurde, sorgte für lebhafte Debatten. Bei der Elefantenrunde griff Merz als Oppositioneller die Positionen der Ampelparteien und ihre anwesenden Vertreter Wolfgang Kubicki, stellvertretender FDP-Bundesvorsitzender, Ricarda Lang, Grünen-Bundesvorsitzende, und SPD-Chef Klingbeil an. Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck indes mahnte in seiner Rede: „Wir brauchen keine ängstlichen Politiker.“ Er forderte mehr Haltung und hielt zur Unterstützung der Ukraine eine Delle im deutschen Wirtschaftswachstum sowie eine Arbeitslosenquote von sechs Prozent für zumutbar.
 
Die Rolle demokratischer Werte, strategischer Abhängigkeiten, der Energieversorgung und der Nachhaltigkeit im Zuge des Ukraine-Kriegs sorgten für rege Diskussionen. Die Ausrichtung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, mit Themen von Energie über Digitalisierung bis hin zu Gesundheit, diskutierten unter anderem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer, der Chef des ifo-Instituts Clemens Fuest sowie eine Reihe namhafter Führungskräfte wie Bayer-Chef Werner Baumann, Audi-Vorstandsvorsitzender Markus Duesmann, BDI-Präsident Siegfried Russwurm sowie Horst Teltschik, Außen- und Russlandexperte. Einen Blick aus dem Ausland wagten zum Beispiel die Vize-Regierungschefin von Liechtenstein Sabine Monauni, der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg und der britische Minister Greg Hands. So schwer und komplex die aktuelle Lage auch ist, eines erkannten die Redner: Eine Krise ist auch eine Chance – für eine Kurskorrektur oder eine Neuausrichtung.
 
Auszeichnung für Social Leader

 
Trotz aller Krisen ringsherum: Der Gipfel sorgte auch für Glanzmomente. Besondere Zeichensetzer der Gesellschaft sind im Rahmen der Konferenz mit dem „SignsAward“ geehrt worden. Der Preis würdigt mutige, innovative und Zeichen setzende Social Leader und wurde zum inzwischen zehnten Mal vergeben. In der Kategorie „Social Leadership – Wissenschaft“ ging die Auszeichnung an die BioNTech-Gründer Özlem Türeci und Uğur Şahin für die Impfstoffentwicklung gegen Corona. Ohne ihre Grundlagenforschung wäre der rettende Impfstoff gegen das todbringende Coronavirus für viele Menschen nicht rechtzeitig gekommen. In der Kategorie „Social Leadership – Unternehmen“ ging der „SignsAward“ an die Robert Bosch GmbH für das nachhaltige Geschäftsmodell, und in der Kategorie „Social Leadership – Zukunftsmacher“ an Dagmar Wöhrl für ihren Unternehmergeist.
 
Große Bühne für Start-ups

 
Unternehmer, die den großen Sprung noch nicht geschafft haben, denen er aber womöglich bald bevorsteht, erhielten beim LfA Elevator-Pitch eine Plattform. Im Vorfeld des Gipfels hatte die LfA Förderbank Bayern eigens sechs vielversprechende Unternehmen ausgewählt. Beim Pitch auf der Bühne am Tegernsee erhielten die Gründer dann die Gelegenheit, ihr Unternehmen in vier Minuten vorzustellen – und so zu überzeugen. „Gute Unternehmen brauchen Sichtbarkeit“, sagte Bernhard Schwab, der Vorstandsvorsitzende der LfA Förderbank Bayern. Er freute sich, dass der Ludwig-Erhard-Gipfel hierfür die Bühne bereitet.
 
Mit seinem Pitch überzeugte letztlich Jakob Bitner, CEO und Gründer des Start-ups VoltStorage. Sein Unternehmen mit Sitz in München entwickelt und produziert Energiespeichersysteme auf Basis der ökologischen Redox-Flow-Technologie. Mit ihrer neu entwickelten Eisensalz-Batterie will die junge Firma nun Deutschland zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien versorgen. Der Sieger bekam den „WEIMER MEDIA FUTURE AWARD“, der zum ersten Mal verliehen worden ist, und ein Mediavolumen in Höhe von 100.000 Euro der WEIMER MEDIA GROUP zur Vermarktung des noch jungen Unternehmens. „Sie investieren in eine für uns sehr wichtige Zukunftstechnologie“, gratulierte Verlegerin Goetz-Weimer bei der Preisverleihung.
 
"Freiheitspreis der Medien" für Freiheitskampf in Osteuropa
 
Einen Höhepunkt des Gipfels markiert traditionell die Vergabe des „Freiheitspreis der Medien“. Stellvertretend für den Freiheitskampf in Osteuropa wurden Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj, Präsident der Ukraine, und Swetlana Tichanowskaja, belarussische Bürgerrechtlerin und Oppositionsführerin ausgezeichnet. „Es sind vor allem Ukrainerinnen und Ukrainer, Belarussinnen und Belarussen, die in Osteuropa an der Front gegen das Böse, gegen Krieg und Tyrannei stehen und ihre, aber auch unsere Freiheit tapfer verteidigen. Mit Worten, mit Taten, mit großem Mut und mit ihrem Leben. Auch in Russland gibt es Menschen, die mit Mut und Zivilcourage sowie unter zunehmender Gefährdung ihrer Sicherheit, gar ihres Lebens die militärische Brutalität in der Ukraine und diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufbegehren. Stellvertretend für diese mutigen Widerständler erhält Marina Owsjannikowa den ,Freiheitspreis der Medien‘ zur Unterstützung des Kampfs gegen das russische Unterdrückungsregime“, heißt es in der Jury-Begründung. Der „Freiheitspreis der Medien“ wurde zum achten Mal verliehen. Er geht an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die sich in besonderer Weise für die freie Meinungsäußerung, das gesellschaftliche Miteinander, den politischen Dialog und die Demokratie einsetzen.
 
Die Laudatio hielt Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. „Selenskyj war maßgeblich der Mann, der das Unmögliche möglich gemacht hat“, betonte Weber. Zu Tichanowskaja, die live zugeschaltet wurde, sagte er: „Du wärst die Präsidentin von Belarus, wenn die Wahlen ordentlich geführt worden wären.“ Ihr Mann sitzt im Gefängnis, die Oppositionsführerin lebt mit ihren Kindern im Exil. Tichanowskaja, die bei der Schalte tosenden Applaus und Standing Ovations der Gipfelgäste erhielt, und damit für einen Gänsehautmoment sorgte, sagte überzeugt: „Die Freiheit wird siegen!“
 
Glamouröses Finale
 
Die zwei Konferenztage krönte der Gala-Abschluss im Hotel DAS TEGERNSEE. Dort hatte die Bayerische Staatsregierung als Schirmherrin des Gipfels zum Staatsempfang geladen. Nach einer Rede von Florian Herrmann, Leiter der Staatskanzlei, ließen die Gäste beim Networking mit Live-Acts und kulinarischen Köstlichkeiten den Gipfel stilvoll ausklingen.
 
Rückblick
 
Impressionen zum Gipfel finden sich unter www.ludwig-erhard-gipfel.de
 
Die ganze Konferenz zum Nachlesen bietet der Live-Ticker unter www.boerse-am-sonntag.de/aktien/markt-im-fokus/artikel/ludwig-erhard-gipfel-2022-im-live-ticker0.html