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Sparkassen und Volksbanken bedroht: Ökonomen rechnen mit Bankenkrise

Nach der Insolvenz von Wirecard und dem Abtritt der Führungscrew bei der Commerzbank, kommt es nun für Sparkassen und Volksbanken knüppeldick: Konjunkturforscher sehen eine Pleitewelle auf sie zu rauschen.

Der höchste Büroturm in Frankfurt gehört der Commerzbank, geschäftlich hingegen zeigt mehr nach unten als nach oben. (Foto: Shutterstock)

Nach der Insolvenz von Wirecard und dem Abtritt der Führungscrew bei der Commerzbank, kommt es nun für Sparkassen und Volksbanken knüppeldick: Konjunkturforscher sehen eine Pleitewelle auf sie zu rauschen.

Deutschland als Finanzstandort liegt danieder: Während sich die Banken und Finanzdienstleister auf dem Höhepunkt der Corona-Krise noch halten konnten und es bislang zu keinen Ausfällen im Zahlungsverkehr kam, rollt jetzt eine Welle von Pleiten auf die Kreditinstitute zu, die sie selbst schwer in Mitleidenschaft ziehen könnte. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH).

Eine solche Welle träfe auf Finanzdienstleister, die sich sowieso in schlechter Verfassung befinden: Der Zahlungsdienstleister Wirecard ist insolvent und sein Fall stellt den Akteuren auf dem Finanzplatz ein miserables Zeugnis aus. Die Commerzbank sucht händeringend nach einem neuen Aufsichtsratschef, der dann einen neuen Vorstand finden soll. Die Inhaber beider Posten haben ihren Rücktritt angekündigt, weil die Bank in Sachen Profitabilität nicht den Anforderungen wichtiger Aktionäre entspricht. Und die Deutsche Bank, die sich einst als weltweites Spitzeninstitut begriffen hat, verkündet eine Restrukturierung nach der anderen.

Firmenpleiten sorgen für Kreditausfälle

Laut Analyse der Wirtschaftsforscher aus Halle wird die Corona bedingte Konjunkturkrise nun tausende Firmen daran hindern, ihre Kredite zurückzuzahlen. Die Ausfälle könnten Deutschlands Banken so schwer belasten, dass diese selbst in Existenznot geraten. Im optimistischen Szenario, bei dem sich die deutsche Wirtschaft rasch erholt, wären immerhin sechs Prozent und damit dutzende hiesige Geldhäuser gefährdet. Hingegen würden im pessimistischen Szenario einer langen Wirtschaftsflaute bis zu 28 Prozent und damit hunderte Banken in ernste Schwierigkeiten geraten.
Wie wichtig diese Banken für die Wirtschaft sind, verdeutlicht der Blick in ihre Bilanzen: Die vom Ausfall bedrohten Kredite belaufen sich im optimistischen Szenario auf 127 Milliarden Euro, im pessimistischen Szenario auf 624 Milliarden Euro. „Selbst wenn es für die deutsche Wirtschaft sehr gut läuft, halten wir eine neue Bankenkrise für wahrscheinlich“, sagt IWH-Präsident Reint Gropp, der die Studie zusammen mit den IWH-Finanzmarktforschern Michael Koetter und William McShane verfasst hat. „Der Staat hat sich zuletzt verständlicherweise um die Realwirtschaft gekümmert, sollte aber mögliche Gefahren nicht übersehen, die im Finanzsektor lauern.“

Bankenkrise könnte zweite Rezession auslösen

Wenn viele Kredite ausfallen und dadurch die Kernkapitalquote der betroffenen Banken unter sechs Prozent falle, werden sie umstrukturiert, mit anderen Instituten verschmolzen oder ganz geschlossen. In jedem Fall wäre es ihnen unmöglich, neue Kredite zu vergeben. Dies könnte die ohnehin geschwächte Realwirtschaft zusätzlich stark belasten, sagt Gropp und warnt: „Die Gefahr ist ziemlich hoch, dass eine Bankenkrise eine zweite Rezession auslöst.“

Wann die prognostizierte Bankenkrise beginnt, hängt von mehreren Faktoren ab. Beispielsweise werden Unternehmen den Zeitpunkt ihrer Zahlungsunfähigkeit hinauszögern, während Banken Problemkredite verschleiern können. Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken sollten mit Kreditausfällen rechnen: Sie verleihen ihr Geld meist an Firmen, die jetzt doppelt gefährdet sind. Zum einen, weil sie klein und damit generell krisenanfälliger sind als Großunternehmen. Zum anderen, weil diese Firmen insbesondere solchen Branchen angehören, die vom Corona-Lockdown schwer getroffen wurden, darunter Einzelhandel und Gastgewerbes.

Wieviel Puffer steckt in den Bilanzen?

Gerhard Schick, ehemaliger Grünen-Politiker und heute geschäftsführender Vorstand der „Bürgerbewegung Finanzwende“ teilt die Analyse des IWH. Wenn Unternehmen jetzt zusätzliche Kredite bekämen, um die Krise durchzustehen, werde die Schuldenlast irgendwann zu groß, sagte Schick in einem Interview: „Dann ist entscheidend, wie viel Puffer haben die Banken eigentlich in ihrer Bilanz?  Wie viel können die an Verlusten abfedern?“ Eine zweite Welle, ausgelöst durch eine Bankenkrise, hält Schick vor diesem Hintergrund für durchaus realistisch.

oli