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Putin ist der weltgrößte Goldspekulant

Unbemerkt von der Weltöffentlichkeit baut Putin die Goldbestände Russlands massiv aus. Er will sich vom Dollar emanzipieren und dominiert zusehends den globalen Goldmarkt. Der steigende Goldpreis beschert Putin dabei ein milliardenschweres Geschenk - auch weil sein Goldkonzern Nordpol nun in London an die Börse drängt

(Bild: picture alliance/dpa/Sputnik | Mikhail Klimentyev)

Unbemerkt von der Weltöffentlichkeit baut Putin die Goldbestände Russlands massiv aus. Er will sich vom Dollar emanzipieren und dominiert zusehends den globalen Goldmarkt. Der steigende Goldpreis beschert Putin dabei ein milliardenschweres Geschenk - auch weil sein Goldkonzern Nordpol nun in London an die Börse drängt

Wladimir Putin will den Dollar als globale Leitwährung schwächen und hat seine Zentralbank angewiesen, Dollarreserven zu verkaufen. Gold hingegen sieht Putin als ein strategisches Investment. Die russischen Goldreserven summieren sich inzwischen auf 2.300 Tonnen. Alleine 2020 hat Russland 27,4 Tonnen hinzugekauft. Schon seit 2007 lässt Putin systematisch Gold kaufen, damals hatte Russland erst 400 Tonnen. Seit 15 Jahren kauft Putin rechnerisch also jeden Monat etwa 10 Tonnen Gold. Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit hat Russland damit die größte globale Goldspekulationen des 21. Jahrhunderts gestartet. Der Wert des russischen Goldschatzes erreicht nunmehr die Marke von 140 Milliarden Dollar.

Putins Spekulation scheint aufzugehen. Da der Goldpreis binnen zwei Jahren um etwa 50 Prozent gestiegen ist, hat Putin einen gewaltigen - wenn auch rechnerischen - Spekulationsgewinn erzielt. Er kann darum auch stolz verkünden: „Zum ersten Mal in unserer Geschichte decken unsere Reserven die gesamte Auslandsverschuldung, sowohl staatliche als auch private, ab.“ Zugleich vertritt man in Putins Umfeld die These, dass der Westen - insbesondere in der Pandemie - zu viele Schulden anhäufe und „Geld drucke“. Dies werde insbesondere beim Dollar Inflation auslösen, dagegen sei die Anlage in Gold der strategisch stabilere Weg.

Putin verfolgt mit seinen Goldkäufen primär ein politisches Motiv. Russland will die amerikanische Dollardominanz schwächen und strebt eine „Entdollarisierung" seiner Reserven und seiner Handelswährung an. Importe und Exporte werden mit immer mehr Staaten systematisch auf Landeswährungen umgestellt. Nach einer Bloomberg-Analyse werden inzwischen gewaltige Handelsströme von und nach Russland völlig ohne Dollarfakturierungen abgewickelt.

Und weil der Dollar - aus Sicht Moskaus - als politische Waffe gegen Russland benutzt wird, ist Gold die perfekte Anlage, um sich gegen Dollar-Sanktionen zu schützen. Während die Goldreserven also auf absolute Rekordstände emporschießen, verfügt die russische Zentralbank nur noch über US-Staatsanleihen im Wert von 12,8 Milliarden Dollar; 2010 waren es noch fast 180 Milliarden Dollar.

Der anti-amerikanisch motivierte Einstieg ins Gold hat für Putin nun überraschend spekulative Effekte. Zum einen steigt der Goldpreis mit jeder weiteren Nachricht über steigende Inflationsraten. Jede dadurch ausgelöste Verunsicherung an den Weltfinanzmärkten hilft seiner Goldspekulation. Denn Gold gilt vielen Anlegern rund um den Erdball als sicherer Hafen für Krisenfälle. Auch der amerikanisch-chinesischen Konflikt könnte den Goldpreis steigen lassen, hört man in Moskau. Selten galt in der Weltpolitik der Spruch „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ so goldig wie in dieser Konstellation.

Aber Putin befördert seine Spekulation auch durch gezielte Eigeninitiative. So wird fast das gesamte Gold, das russische Minen derzeit fördern, mittlerweile von der Zentralbank aufgekauft. Die Zentralbank kauft große Mengen des in Russland geschürften Goldes. Die Produktionsmenge fehlt natürlich auf dem Weltmarkt, so dass die Preise dort tendenziell weiter steigen. Denn die globalen Fördermengen stagnieren. Laut einer Prognose von Goldman Sachs werden die Mengen der globalen Goldförderung in den kommenden Jahren sogar zurückgehen.

Nun plant der russische Goldminenkonzern Nordgold einen spektakulären Börsengang in London. Das Unternehmen will einen 25-prozentigen Anteil an Investoren verkaufen. Dafür werden Erlöse von 5,12 bis 6,6 Milliarden Dollar erwartet. Nordgold hofft, Investoren anzulocken, indem es höhere Dividenden als seine Konkurrenten aus Nordamerika zahlt. Das Unternehmen entwickelt zwei neue Goldminen im fernen Osten Russlands, die ihm helfen werden, die Produktion in den nächsten fünf Jahren um voraussichtlich 20 Prozent zu steigern. Nordgold besitzt neun Minen - vier in Russland, drei in Burkina Faso und je eine in Guinea und Kasachstan. Es produziert mehr als 1 Millionen Unzen Gold pro Jahr und meldete im vergangenen Jahr ein Ebitda von über 1 Milliarde Dollar.

Hauptaktionär von Norgold ist Alexei Mordaschow, der Lieblings-Oligarch und Freund von Wladimir Putin. Mordaschow ist nicht nur Vorstandsvorsitzender des Stahlkonzerns Severstal, sondern auch Putins Vertrauter für politisch-strategische Offensiven. So hat Mordaschow auch 30,1 Prozent der deutschen TUI übernommen und ist damit größter Einzelaktionär geworden. Doch während die TUI-Beteiligung pandemiebedingt ein heikles Investment bedeutet, könnte Nordgold ein großer Erfolg werden.

Putin hat bereits klar gemacht, dass Russland von dem Goldbörsengang Geld zurückhaben will. Mordaschow erklärte öffentlich, das Unternehmen werde „definitiv" die Aufforderung des Präsidenten aufgreifen, dass Unternehmen ihre Gewinne reinvestieren sollten. „Es ist wichtig, anzuerkennen, dass Herr Putin unser Präsident und der Führer unserer Nation ist, und er spiegelt so ziemlich das wider, was jeder durchschnittliche Russe im Kopf hat", sagte Mordaschow der Financial Times. „Es gibt eine gewisse Forderung. Es gibt eine Nachfrage nach sozialer Gerechtigkeit und Inklusion", fügte er hinzu. „Und ich glaube, dass große Unternehmen dem Aufmerksamkeit schenken sollten."

Und so könnte Putins Spekulationsplan „Weg mit dem Dollar, her mit dem Gold“ doppelt aufgehen. Es ist ein weltpolitischer Coup der kapitalistischen Art. Er will die USA mit deren eigenen Mitteln schlagen.

BAS

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