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Bayer und der Flopzukauf

Eigentlich hätte es in die Bewertung des Monsanto-Konzerns einfließen müssen: das schlechte Renommee. Vielleicht ist das sogar geschehen? Wieviel Abschlag das hätte geben sollen, das wissen nur die Götter. Aber wir wissen: Es hätte viel sein müssen. Der Ruf des Unternehmens aus dem US-Bundesstaat Missouri ist dermaßen schlecht, dass viele, viele Millionen auf dem Spiel stehen, allein durch Klagen im klagefreudigen Amerika. Reinhard Schlieker kommentiert.

BÖRSE am Sonntag

Eigentlich hätte es in die Bewertung des Monsanto-Konzerns einfließen müssen: das schlechte Renommee. Vielleicht ist das sogar geschehen? Wieviel Abschlag das hätte geben sollen, das wissen nur die Götter. Aber wir wissen: Es hätte viel sein müssen. Der Ruf des Unternehmens aus dem US-Bundesstaat Missouri ist dermaßen schlecht, dass viele, viele Millionen auf dem Spiel stehen, allein durch Klagen im klagefreudigen Amerika.

Von Reinhard Schlieker

Jetzt, wo die Deutschen dort das sagen haben, wird mehr denn je gegen Monsanto geklagt – mögen die Sachverhalte auch komplett unberechtigt sein. In den USA spielen derlei Überlegungen keine Rolle. Den Käufer des Herbizid- und Saatgutkonzerns, Bayer aus Leverkusen, kostete das Ganze jedenfalls schon 16 Milliarden Euro Börsenwert. So hatten sich die Herren das sicher nicht vorgestellt. Synergie jedenfalls definiert man gemeinhin anders. Nun aber ist Monsanto vor wenigen Tagen nach Recht und Gesetz unter Bayers Dach geraten und die Klagen und Prozesse werden nun aus Leverkusen bestritten. Da kann man nur viel Glück wünschen.

Die 54 Milliarden Euro, die Bayer für Monsanto aufgewendet hat, könnten sich bald schon als größte Flop-Investition der deutschen Wirtschaftsgeschichte erweisen. Die „unkalkulierbaren Prozessrisiken“, schreibt das Handelsblatt, dürften die Bayer-Aktie weiter unter Druck setzen. Und was aus Sicht des Managements noch schlimmer ist: Bayer wird angesichts des gesunkenen Börsenwerts wieder zu einem Objekt der Begierde für potentielle feindliche Übernahmeversuche durch Investoren, die beim jetzigen Unternehmenswert problemlos verborgene Schätze heben könnten, denn wie so oft, hat auch diesmal die Börse wohl etwas übertrieben. Schließlich ist Bayer profitabel, genießt die Niedrigzinsperiode dank EZB, und hat sich in den letzten Jahren auf ureigene Könnerschaft fokussiert. Die Abgabe von zuletzt dem Gemüse-Saatgutkomplex an BASF, eine Auflage der Kartellbehörden, dürfte nicht weiter schmerzen.

Damit bleibt nur die Frage, ob Bayer sich mit den vorliegenden wissenschaftlichen Kenntnissen zu Glyphosat, dem Top-Unkrautvernichter aus der Monsanto-Küche, auch bei mittelbedarften kalifornischen Jurys durchsetzen kann. Kläger, die ihre Krebserkankung auf den Einsatz von Glyphosat zurückführen, haben sicherlich tüchtige bis übereifrige Anwälte. Die Forschung zu dem Thema gibt eine solche Kausalität aber eigentlich nicht her. Der Nutzen von Glyphosat, schon allein als ein Mittel, das Pflügen und damit Bodenerosion schlicht überflüssig macht und verhindert, ist angesichts der Zunahme der Weltbevölkerung fast alternativlos.

Wenn man ausreichende Ernten für ein Gut an sich hält, führt auf Dauer kein Weg an moderneren Mitteln und Wegen vorbei – irrationale Feindschaft gegenüber Chemie und grüner Gentechnik kann sich Deutschland vielleicht noch leisten, andere Länder jedoch nicht. Denn der Luxus eingebildeter Risiken ist eben das: ein Luxus. Bayer mit seinem amerikanischen Ableger wird seinen Weg machen, auch diese Karawane zieht weiter. Die Gefahr einer Übernahme könnte sich schnell erledigen – aber aus Anlegersicht ist eigentlich beides kein Problem: Erholung der Aktie oder eben ein neuer Investor.