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Deutsche Bank im Tief und unter Druck

Die Bemühungen um Eindämmung der Corona-Pandemie und um die Eindämmung von Geldwäsche haben offenbar etwas gemeinsam: Je mehr auf CoVid19 getestet wird, um so mehr Fälle können entdeckt werden. Und je mehr Geld etwa die Deutsche Bank investiert, um gegen illegale oder auch nur verdächtige Geschäfte im eigenen Hause vorzugehen, um so mehr dieser Art wird gefunden.

Wieder einmal die Deutsche Bank. Wieder einmal ist sie in einen Skandel verwickel. Wieder einmal wird es dunkel.

Die Bemühungen um Eindämmung der Corona-Pandemie und um die Eindämmung von Geldwäsche haben offenbar etwas gemeinsam: Je mehr auf CoVid19 getestet wird, um so mehr Fälle können entdeckt werden. Und je mehr Geld etwa die Deutsche Bank investiert, um gegen illegale oder auch nur verdächtige Geschäfte im eigenen Hause vorzugehen, um so mehr dieser Art wird gefunden.

Von Reinhard Schlieker

Eigentlich logisch, aber so recht befriedigen will die lapidare Erläuterung der Bank in ihrer Stellungnahme zu neuerlichen Enthüllungen, den sogenannten FinCEN Papers, dann doch nicht. Es scheint eben nicht alles, was in den letzten Jahren so an internationalen dubiosen Geschäften im weltweiten Spitzenbanking so passiert ist, gründlich und unmittelbar den zuständigen Behörden übermittelt worden zu sein – so manches Business mit Geschmäckle lief erst einmal, will man den Enthüllungen des internationalen Journalistennetzwerks ICIJ folgen, das vor wenigen Tagen die „geleakten“ Papiere der amerikanischen Geldwäsche-Behörde Financial Crimes Enforcement Network öffentlich zugänglich machte.

Für deutsche Medien waren dabei vor allem Geschäfte der Deutschen Bank mit russischen Partnern von Interesse, in die ein Vetter von Staatschef Putin verwickelt sein soll, nebst den unvermeidlichen Oligarchen und anderen Interessenten für die Infrastruktur der Deutschen Bank, über die den Papieren zufolge Geldwäsche im großen Stil betrieben wurde. Rubel zu Dollar spinnen, kein Problem. Die Deutsche Bank musste jedenfalls an der Börse heftig Federn lassen, zeitweise war es ein Minus von knapp zehn Prozent. Weniger als sieben Euro – das ist schon blamabel. Natürlich kein Vergleich zum Corona-März 2020, als man eine Deutsche-Bank-Aktie für 4,80 Euro haben konnte, aber dennoch: Der bis zum Wochenende nicht aufgeholte Wertverlust spiegelt die Furcht der Anleger, da könnte noch mehr Feuer passend zum Rauch zu finden sein, zumal die Reaktion der Bank nicht gerade erschöpfend ausfiel: „Das ICIJ hat über eine Reihe historischer Themen berichtet. Soweit sie sich auf die Deutsche Bank beziehen, sind sie den Aufsichtsbehörden bekannt. Die Themen wurden bereits untersucht und führten zu Einigungen mit den Behörden, in denen die Zusammenarbeit und die Mängelbeseitigung der Bank öffentlich anerkannt wurden“.

Nun ja, historisch ist vieles, was derzeit der Deutschen Bank widerfährt, wobei hier allerdings gemeint ist: Die fraglichen Geschäfte liegen ein paar Jahre zurück, und des Weiteren, dass es für die Bank reichlich teuer wurde, diese Kapitel zu bereinigen – nichts anderes ist in der Regel die Hauptbegleiterscheinung, wenn der eine Missetaten einräumt und der andere mit amerikanisch-staatlicher Wucht im Rücken sich bereit erklärt, zu vergeben, ohne jedoch zu vergessen. Das kostet halt, gerade in den USA. Allerdings ist da international doch noch etwas ganz anderes Im Fokus, wenn es um die fatalen Jahre 2014 oder 2015 geht: Da nämlich waren die Deutsche, wie auch die größte US-Bank „Bank of America“ und andere mit Irak im Geschäft, wie zuvor natürlich auch, aber zu jener, sicherlich historischen Zeit kontrollierte die islamistische Terrororganisation ISIS weite Gebiete dort einschließlich der Metropole Mosul. Banktransfers aus den USA in den Irak landeten mitunter punktgenau bei dem Terrornetzwerk, das im bislang größten Bankraub der Geschichte Konten und Tresors im Irak plünderte und damit Waffen, Munition und Fahrzeuge finanzierte. 400 Millionen Dollar haben die Islamisten demnach allein aus 121 Bankfilialen in Mosul erbeutet, ihr Vermögen wurde damals auf 2,2 Milliarden Dollar geschätzt. Viele der schmutzigen Dinare wurden über die im Irak vertretenen Banken gewaschen und in den internationalen Kreislauf geschleust. Die Deutsche Bank erklärte, wie sie sagt, gegenüber den US-Behörden jene verdächtigen Transaktionen, weshalb man nun vermutlich von Fehlern der Vergangenheit spricht.

Wie genau die Zusammenarbeit mit den Behörden aussah und womöglich aussieht, bleibt vorerst im Dunkeln. Jedenfalls, so der „Middle East Monitor“, habe ein Softwarefehler bei der Deutschen Bank in den USA dazu geführt, dass verdächtige Transaktionen ein Jahrzehnt lang nicht sicher als solche erkannt wurden – indirekt half dies also, ISIS im Irak im Geschäft zu halten, auch mit den illegal erlangten Rohstoffen wie Öl und Gas, deren Verkauf 2015 eigentlich unterbunden war.

Der Börsenkurs der Bank jedenfalls hat nun einiges an möglichem Ungemach „eingepreist“: Wäre alles so historisch wie aus den Frankfurter Bankentürmen vermeldet, die Schreckdelle im Aktienkursverlauf hätte sich wieder ausgebügelt. Man hofft an der Börse vor allem, dass Erlöse etwaiger künftiger Kapitalerhöhungen nicht nur dazu da sein werden, mehr oder weniger direkt an amerikanische Justizbehörden weitergereicht zu werden. So ähnlich muss das den Investoren in der Vergangenheit schon mal vorgekommen sein. Im Hintergrund allerdings scheint eine Furcht die Anleger besonders umzutreiben: Dass nämlich Bankchef Christian Sewing, bis 2014 Leiter der Konzernrevision, mit in den Strudel etwaiger Enthüllungen geraten und beschädigt werden könnte. Der Boss kann am Kursverlauf schon mal ablesen, was eine pure Befürchtung mit seiner Bank macht, er könnte womöglich scheitern. Sehr schmeichelhaft womöglich, aber auch etwas deprimierend. Wenn ein wichtiger Teil des Börsenwertes der ehemals bedeutenden Deutschen Bank am Vorstandschef festzumachen ist, und noch ein unbekannter Prozentsatz an der Möglichkeit weiterer Justizauseinandersetzungen, woraus speist sich dann bloß der Rest?

Und das sagen die Analysten:

Die Experten von JP Morgan bewerten die Aktien der Deutschen Bank mit „neutral“. Das Kursziel steht bei 7,00 Euro. Im Investmentbanking laufe es offenbar besser. Trotzdem lägen die Erträge noch längst nicht über den Kapitalkosten. Dies werde noch dauern.

Auch die Analysten der UBS sehen die Aktien der Deutschen Bank bei „neutral“. Die Schweizer errechnen ebenfalls ein Kursziel der Frankfurter von 7,00 Euro. Sie beziehen sich in ihrer Analyse auf eine Branchenkonferenz. Dort äußerte sich CFO von Moltke zum dritten Quartal. Bei Anleihen, Währungen und Rohstoffen läuft es demnach besser. Das dürfte sich positiv auf die Markterwartungen auswirken. Die harte Kernkapitalquote könnte 2020 laut dem CFO bei mehr als 12,5 Prozent liegen. Der Markt rechnet mit 12,8 Prozent. Die Analysten gehen von 12,6 Prozent aus.

Die Analysten der DZ Bank bestätigen die Halteempfehlung für die Aktien der Deutschen Bank. Das Kursziel wird von 8,00 Euro auf 7,50 Euro reduziert. Die Bank macht Fortschritte bei den Kosten, das gefällt den Analysten. Allerdings ist unklar, wie nachhaltig die Steigerungen bei den Erträgen in der Kernbank sind. Für 2020 prognostizieren die Analysten weiter einen Verlust je Aktie von 0,25 Euro, der sich 2021 auf 0,03 Euro reduzieren soll. 2022 soll es dann einen Gewinn je Aktie von 0,98 Euro geben.

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