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Die Lehre von Geld und Zinsen

Wer das Geheimnis des Geldes und der wirtschaftlichen Zusammenhänge ergründen will, findet spannende Lektüre zuhauf. Noch immer gelten die Klassiker etwas in diesem Metier, die Smiths, Ricardos, Keynes – und auch wenn sich rasend schnell etwas verändert in der Wissenschaft, man meint doch einige Grundzusammenhänge zu kennen.

BÖRSE am Sonntag

Das macht die derzeitige Krise so spannend – da treten Dinge zutage, die in diesem Ausmaß noch kaum ein Forscher so zusammen beschrieben, geschweige denn erlebt hat. Ausdruck neuer Erfahrungen sind natürlich schon einmal die gewaltigen Summen, die Staaten zur Stützung ihrer Banken aufwenden, anschließend weitere Milliarden in den privaten Sektor allgemein stecken und damit erst einmal nur das Ziel verfolgen, die nationale Wirtschaft vor dem Kollaps zu bewahren. In den USA erfolgt das aggressiver und entschlossener als anderswo – man könnte argumentieren, dass in der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt wohl auch am meisten auf dem Spiel steht. Die Europäer waren in den letzten Monaten eher der Kontinent der unterschiedlichen Geschwindigkeiten – auch das Ausdruck einer sehr gemischten Krisenlage in den einzelnen Ländern. Am stärksten unterscheidet sich da vermutlich Großbritannien vom Rest der EU-Länder, dort waren auch die Verwerfungen früher zu spüren als anderswo. Die Alltagswirtschaft korrespondiert dort sehr stark mit dem Bankensektor, die privaten Hausfinanzierungen sind Gradmesser der Wirtschaft, und der Konsum hängt sehr stark am jeweiligen Zinsniveau.

Mit beunruhigender Sicherheit sehen die Europäer nun die zweite und dritte Welle der Finanzkrise auf sich zurollen. Nach einer Zeit der Ungewissheit scheint nun die Erkenntnis zu dämmern, dass sich wirklich alle in Hilfsaktionen engagieren müssen, und dass es mit ein paar Milliarden nicht getan ist. Dieses Ding wird teuer, sehr teuer. Dabei kommt noch der Schmerz hinzu, womöglich den Falschen zu subventionieren oder gar denjenigen, der Mitschuld hat an dem ganzen Durcheinander. Die Börsen lassen sich erkennbar durch keinerlei Maßnahmen aus der Unruhe bringen. Weder das bereits jetzt schon wieder kritisierte Konjunkturpaket noch die Zinssenkung durch die EZB haben zu merklicher Erholung beigetragen. Die Finanzmärkte nehmen die Krise ernst, diesmal, und das trägt nicht gerade zu optimistischer Weltsicht bei. Eine der bangen Fragen ist zum Beispiel die nach Geld und Zinsen: Wenn die EZB vor Kurzem, nämlich im vergangenen Sommer, noch hohe Inflationsgefahren sah, seitdem aber nun vier Mal den Leitzins gesenkt hat, was sagt das dann über die Handlungsfähigkeit der Zentralbank? Ist sie auch nur Getriebene der Chaosmächte oder kann sie wirksam steuern? Für Januar hatte man ursprünglich mit einer Pause im Zinssenkungszyklus gerechnet, aber offenbar ließ die Kraft des Niedergangs dazu keine Gelegenheit. Nun wird das Gleiche für Februar vorhergesagt – mal sehen, ob diese Ruhe tatsächlich eintritt. Denn schon droht am Horizont etwas womöglich Schlimmeres als Geldentwertung: Deflation nämlich, und die würde garantieren, dass wir so schnell nicht aus dem Tal finden. Amerika hat da einen gewissen zeitlichen Vorsprung mit seinen bereits fast auf null gesenkten Zinsen und Japan hat Erfahrung damit: 10 lange Jahre wirtschaftlicher Flaute brachte die Deflation dort nach 1990, und ein Kraut war dagegen nicht gewachsen. Gleichzeitig muss die EZB aber wachsam bleiben: Wenn es der Krise beliebt, kann sie vielleicht auch ganz anders – nämlich sich abwenden lassen und nach sich erneut Inflation Platz greifen lassen. Wenn dann die Zentralbanken nicht schnell reagieren, legen sie mit ihren Geldmengen den Grundstein für die nächste Übertreibung. Da kann viel schief gehen – die Aufgaben eines Zentralbankrats jedenfalls sind momentan weltweit sicher nicht die, nach denen sich jemand drängeln würde.