Anleger geschlossener Fonds im Zwiespalt: halten, verkaufen, kaufen?
Gute Nachrichten aus dem Bereich der geschlossenen Fonds haben derzeit Seltenheitswert. Immer neue Hiobsbotschaften, insbesondere aus der Anlageklasse Schiffsfonds, rufen bei Anlegern unterschiedliche Reaktionen hervor und werfen Fragen auf. Halten, verkaufen oder kaufen? Während die Verkäuferseite bei dieser Frage vor allem mit den stark gesunkenen Kursen am Zweitmarkt hadert, finden sich auf der Käuferseite immer mehr Interessenten, die in der aktuellen Marktsituation einen Einstieg erwägen. Für beide Seiten gilt es, Verkaufs- und Kaufoptionen mithilfe aller im Markt verfügbaren Informationen sorgfältig zu prüfen.
Verkauf auch bei niedrigen Kursen eine Option
Die Anlageklasse Schiffsfonds hat mit am stärksten unter den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise zu leiden. Der Einbruch der Exporttätigkeit lässt viele Schiffe ohne Frachtauftrag vor Anker liegen. Ein weiteres Problem sind steigende Betriebskosten der Schiffe bei gleichzeitig geringeren Einnahmen durch sinkende Charterraten. Die Unsicherheit über die Zukunftsperspektiven lässt viele Anleger daher über einen vorzeitigen Ausstieg aus ihrer Beteiligung nachdenken. Ein Blick auf den Deutschen Zweitmarktindex für die Assetklasse Schiff (DZX) offenbart allerdings, dass auch die Kurse am Zweitmarkt für geschlossene Fonds innerhalb der letzten Monate einen Einbruch erlitten haben und auf niedrigem Niveau stagnieren. Anleger warten daher auf im Zuge einer wirtschaftlichen Erholung anziehende Kurse. Doch auch zu niedrigen Kursen ist der Verkauf eine Option, da sich die Gesamtrendite zu einem späteren Zeitpunkt durchaus noch weiter verringern könnte. Angesichts des Wertverlustes bei Schiffen im Zeitverlauf und der zu erwartenden Preiskonkurrenz durch die neue Tonnage im Bau befindlicher Schiffe bleibt eine Kurssteigerung auch bei einer Markterholung ungewiss. Zudem sollten Anleger bedenken, dass bei vielen Schiffen beim Verkauf die Versteuerung des Unterschiedsbetrags droht. Diesen gezielt zu einem Zeitpunkt mit einem niedrigen persönlichen Steuersatz aufzulösen, spart viel Geld. Als Entscheidungshilfe stehen Anlegern dabei unter anderem die Fondsrechner verschiedener Zweitmarktanbieter zur Verfügung.
Sorgfalt bei der „Schnäppchenjagd“
Während die eine Seite die aktuelle Marktentwicklung zum Anlass für den vorzeitigen Ausstieg nimmt, wittern auf der anderen Seite zunehmend mehr private Anleger eine günstige Gelegenheit zum Erwerb einer „gebrauchten Beteiligung“. Sie gehen davon aus, dass sich aufgrund des insgesamt zurückgegangenen Kursniveaus auch attraktive Beteiligungen zu „Schnäppchenpreisen“ erwerben lassen. Auch bei noch so günstigen Kursen sollten Interessenten aber auf Kriterien, wie einer stabilen Einnahmesituation, die Bonität des Charterers und eine weitreichende Entschuldung des oder der Fondsschiffe, bei denen besonders die Größenklasse von 1.700 bis 3.500 TEU (Twenty Foot Equivalent Unit) nachgefragt wird, achten. Darüber hinaus erweist sich ein Blick auf das Informationsangebot im Zweitmarkt als aufschlussreich. Marktindizes, Kurshistorien am Zweitmarkt sowie Leistungsbilanzen der Emissionshäuser gehören zum Pflichtprogramm für interessierte Käufer. Im Zweifelsfall sollte eine Entscheidung über Kauf oder Verkauf nicht ohne einen zweitmarkterfahrenen Berater getroffen werden.
Björn Meschkat
Vorstand Deutsche
Zweitmarkt AG,
Makler und Handelshaus