JP Morgan-Konferenz: Schlechte Stimmung, gute Einstiegskurse
Enttäuschung statt Euphorie: Die diesjährige Investorenkonferenz von JP Morgan löste kein Kursfeuerwerk aus. Dabei liefern zahlreiche Unternehmen auch 2016 kursbewegende Nachrichten – und die Biotech-Branche ist so günstig bewertet wie seit Jahren nicht mehr.
Enttäuschung statt Euphorie: Die diesjährige Investorenkonferenz von JP Morgan löste kein Kursfeuerwerk aus. Dabei liefern zahlreiche Unternehmen auch 2016 kursbewegende Nachrichten – und die Branche selbst ist so günstig bewertet wie seit Jahren nicht mehr.
Sinkende Kurse trotz weiterhin guter Fundamentaldaten: Die Biotechnologie ist von der schlechten Stimmung, die derzeit weltweit die Börsen überschattet, besonders betroffen. Das zeigte auch der diesjährige Verlauf der Investorenkonferenz von JP Morgan in San Francisco, die immer zu Jahresbeginn stattfindet. Die starke Resonanz bei Firmenvertretern, Investoren und Venture-Capital-Spezialisten sorgte für eine noch grössere Teilnehmerzahl als in den Vorjahren. Zugleich machte sich im Konferenzverlauf eine ernüchterte Stimmung breit. Das lag zum einen daran, dass spektakuläre Ergebnisse und Ausblicke bei Unternehmenspräsentationen im Vergleich zu den Vorjahren kaum stattfanden. Darüber hinaus hatten die Kursgewinne der vergangenen Jahre Erwartungen und Euphorie geschürt, die sich im aktuellen Marktumfeld ins Gegenteil verkehren. Die Psychologie bewegt die Kurse – nach unten.
Die Präsentation von Celgene ist ein gutes Beispiel. Das Biotech-Schwergewicht, übrigens eine der langjährigen Kernbeteiligungen von BB Biotech, das regelmässig zum Konferenzauftakt am Montagmorgen um 7.30 Uhr das erste Highlight setzt, hatte in seinen Präsentationen der vergangenen Jahre mit angehobenen Langfristprognosen den eigenen Aktienkurs und häufig auch den anderer Unternehmen nach oben bewegt. Dieses Jahr bestätigte der langjährige Vorstandschef Robert J. Hugin den Ausblick für 2016 und 2020 – und kündigte zugleich an, von seinem Posten in den Vorsitz des Aufsichtsrats zu wechseln. Dieser für Branchenkenner nicht völlig überraschende Schritt und das fehlende positive Überraschungsmomentum reichten aus, um die Celgene-Aktie im Tagesverlauf auf Talfahrt zu schicken.
Dass Hugin in seiner Präsentation ein solides Gewinnwachstum für die kommenden Jahre bestätigte und die vor kurzem erzielte Lösung ungeklärter Patentfragen für Celgenes umsatzstärkstes Medikament Revlimid erläuterte, tat nichts mehr zur Sache. Die Marktteilnehmer reagierten enttäuscht. Dieser schlechte Stimmungsauftakt lag über der gesamten Konferenz und sorgte dafür, dass die grosse Aufbruchsstimmung unter den Investoren ausblieb. Auch andere Firmen wie Vertex Pharmaceuticals oder Ionis Pharmaceuticals, die eine solide Geschäftsprognose lieferten, ohne Bekanntes mit neuen Aussagen zu garnieren, wurden mit Kursverlusten abgestraft.
Portfoliofirmen vor dem Durchbruch
Dabei ist für Investoren der Blick hinter die Kulissen entscheidend: Unternehmenszahlen und weniger klinische Daten sind die Gesprächsthemen auf der Konferenz von JP Morgan. Branchengrössen wie Gilead Sciences verzichten in ihren Präsentationen ganz auf einen Ausblick und behalten sich das Zahlenwerk für das abgelaufene Geschäftsjahr für den „offiziellen“ Kalendertermin Ende Januar oder Anfang Februar vor. Wichtig für das Expertenteam von BB Biotech sind hier Hintergrundgespräche mit dem Management zum künftigen operativen Geschäft. Hier stellt sich bei Gilead die Frage, mit welchen neuen Produkten sich die Gesellschaft dem wachsenden Wettbewerb durch GlaxoSmithKline stellen wird und welches Umsatzpotenzial sich mit der Entwicklung von Therapien zur Behandlung von Hepatitis B erzielen lässt.
Darüberhinaus muss das Management eine Antwort auf die Frage liefern, wie es die immensen Cashreserven aus den Milliardeneinnahmen mit den Hepatitis-C-Therapien zum Wohle seiner Aktionäre verwendet. Akquisitionen und Aktienrückkaufprogramme kommen hier gleichermassen in Frage. Für Investoren bietet das einstellige Kurs-Gewinn-Verhältnis derzeit eine gute Einstiegschance. Kurstreiber auf gedrücktem Kursniveau liefert auch Incyte Pharmaceuticals, unsere derzeit zweitgrösste Kernbeteiligung. Hier geriet der Aktienkurs zuletzt unter Druck, nachdem sich Übernahmegerüchte nicht bestätigt hatten.
Für 2016 erwartet das Unternehmen für seinen JAK-Inhibitor klinische Daten in der Kombinationstherapie mit PD1-Inhibitoren zur Behandlung von verschiedenen soliden Tumoren. Darüber hinaus sollen die Ergebnisse der zulassungsrelevanten Studie bei einer Untergruppe von Patienten mit Pankreaskrebs vorliegen. Weitere wertsteigernde Nachrichten aus der Pipeline werden 2017 kommen. Neurocrine Biosciences ist ein weiteres Unternehmen aus unserem Beteiligungsportfolio, das auf der Konferenz von JP Morgan keine nennenswert neuen Studienergebnisse präsentierte, mit der erwarteten Zulassung von zwei Medikamenten hinsichtlich eines deutlichen Zuwachses seines Unternehmenswertes aber auf der Zielgeraden steht.
Historisch niedrige Bewertung
Seit seinem Jahreshoch vom Juli 2015 hat der für die Branche massgebliche Nasdaq Biotechnology Index rund ein Drittel an Wert verloren. Dass in der Ausverkaufswelle der vergangenen Monate Fundamentaldaten kaum mehr eine Rolle spielten, zeigt ein Blick auf die Bewertung. Nach aktuellen Schätzungen von Bloomberg wird sich das durchschnittliche Gewinnwachstum aller profitablen Biotechs im Zeitraum 2014 bis 2017 auf 12,1 Prozent belaufen. Noch einen Tick besser mit 12, 7 Prozent schneidet lediglich die Generikasparte ab, deren Wachstum verstärkt vom zunehmenden Anteil an Selbstzahlern in den Schwellenländern getragen wird. Im Gegensatz dazu kommt das Wachstum in der Pharmaindustrie mit einem Durchschnittswert von 1,1 Prozent nicht voran. Einem Grossteil der Konzerne wird es auch in den kommenden Jahren nicht gelingen, die Umsatzeinbussen durch Patentabläufe über Neuzulassungen mit Milliardenpotenzial zu kompensieren.
Die jüngste Korrektur hat dazu geführt, dass die Bewertungen der meisten Biotech-Schwergewichte mittlerweile unter denen der Pharmakonzerne liegen. Ein wesentlicher Grund dafür ist auch der Umstand, dass etliche Investoren den Biotech-Firmen aufgrund ihrer Fokussierung auf weniger Krankheitsgebiete aktuell einen grösseren Risikoaufschlag einräumen als grossen Pharmakonzernen mit ihrer breiter diversifizierten, aber zumeist weniger innovativen Forschungspipeline.
Daraus ergibt sich derzeit die einmalige Konstellation, dass die grossen vier Biotechnologieunternehmen Gilead Sciences, Amgen, Celgene und Biogen mit der zwei- bis dreifachen Umsatz- und Gewinndynamik von Big Pharma glänzen, aber teilweise auf die Bewertungsniveaus von 2011 und 2012 zurückgefallen sind.
So wird Celgene bei einem auf Sicht der nächsten fünf Jahre erwarteten Umsatzwachstum von 19 Prozent und einem Gewinnwachstum über dem Wert von 20 mit einem für die Jahre 2016 und 2017 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 und 14 bewertet. Aus diesem Grund hat BB Biotech bereits in der zweiten Jahreshälfte 2015 die Portfolioallokationen bei den Kernbeteiligungen Celgene, Gilead Sciences, Novo Nordisk und Actelion aufgestockt.
Die Fundamentaldaten sind besser als die Stimmung
Die Biotechnologie liefert auch in Zukunft den grössten Innovationsschub für die Medikamentenentwicklung. Von den 45 zugelassenen Arzneien im Kalenderjahr 2015 stammt die Mehrheit aus den Labors von Biotech-Firmen. Neue kosteneffiziente Verfahren in der Genomsequenzierung ermöglichen es der Forschung, neue Zielstrukturen für Wirkstoffe zu identifizieren, die in immer mehr Krankheitsfeldern nicht nur die Symptome, sondern auch deren biologische Auslöser angehen.
BB Biotech hält auch in Zukunft an der Strategie fest, Themenfelder zu identifizieren, in denen neue therapeutische Ansätze vor dem klinischen Durchbruch stehen. In den vergangenen Jahren waren das vor allem Firmen, die auf dem Gebiet der Krebserkrankungen, der erblich bedingten seltenen Erkrankungen oder wie im Fall von Gilead Sciences in Hepatitis C unterwegs waren. Im Kalenderjahr 2014 verzeichneten die Portfoliofirmen von BB Biotech ein doppelt so hohes Umsatzwachstum wie der Markt. Kursrücksetzer sehen wir deshalb als Opportunitäten, um Positionen aufzubauen. Bei neuen Engagements bleibt der Fokus von BB Biotech auf Mid Caps, die mit ersten Produkten unmittelbar vor entscheidenden klinischen Etappen und damit vor dem grossen Schritt zur Steigerung ihres Unternehmenswertes stehen.