DAX: Abwärtsgefahr nicht gebannt
Infineon rettete die Bilanz der letzten Woche, doch das war ein Einzelphänomen. An den Aktienmärkten ist zu Wochenbeginn die Stimmung sehr gedämpft. Sind es die Zweifel daran, dass US-Präsident Trump umsetzen wird und kann, was er im Vorfeld versprochen hat? Sind es die Brexit-Vorbereitungen oder der starke Euro? Der DAX ist seit knapp einer Woche unter Druck.

Infineon rettete die Bilanz der letzten Woche, doch das war ein Einzelphänomen. An den Aktienmärkten ist zu Wochenbeginn die Stimmung sehr gedämpft. Sind es die Zweifel daran, dass US-Präsident Trump umsetzen wird und kann, was er im Vorfeld versprochen hat? Sind es die Brexit-Vorbereitungen oder der starke Euro? Der DAX ist seit Dienstag letzter Woche unter Druck, und wenn er sich zum letzten Wochenende ein wenig steigern konnte, dann lag das fast ausschließlich an dem Münchner Chiphersteller, der schlagartig um fast zehn Prozent in die Höhe sprang.
Eine Anhebung der Prognose um drei Prozent reichte. Der Aktienkurs von Infineon schoss um 9,35 an einem einzigen Tag in die Höhe. CEO Reinhard Ploss verspricht seinen Aktionären jetzt ein Umsatzplus im laufenden Geschäftsjahr von acht bis elf Prozent. Bislang hatte er maximal acht Prozent in Aussicht gestellt. Infineon verdient außerdem mehr Geld als erwartet. So kündigte Ploss nun eine operative Marge von 17 Prozent an. Zuvor hatte er 16 Prozent vorhergesagt. Das Geschäftsjahr von Infineon endet am 30. September.
Die Gundlage für diese Zahlen sind im laufenden zweiten Quartal des Geschäftsjahres zu suchen. Hier schlägt sich der Chiphersteller aus München unerwartet gut. So werde der Umsatz um acht Prozent klettern, bislang war von maximal sieben Prozent die Rede. Die operative Marge werde 17 Prozent betragen, zwei Prozentpunkte mehr als ursprünglich angekündigt. Bemerkenswerterweise wird die Stimmung auch nich dadurch getrübt, dass die US-Behörden zu Jahresbeginn eine Übernahme in den USA verhindert haben. Infineon wollte den US-Halbleiterspezialisten Wolfspeed für 850 Millionen Euro kaufen, doch die US-Dienste machten Sicherheitsbedenken geltend, weswegen der Deal nicht zustande kam.
Der DAX stieg zum Wochenschluss um 0,2 Prozent und lag bei 12.064 Zählern. Das Plus ist gering, die Anleger scheinen vorsichtig zu sein: die Nagelprobe, ob die Marke 12.000 ist, läuft. Der Grund für die schwerfälligen Bewegungen des Börsenbarometers liegt, wie so oft im Laufe der Jahre, in den USA: Zweifel an der schnellen Umsetzbarkeit der Wahlversprechen des US-Präsidenten Donald Trump dürften dabei im Vordergrund stehen. Parallel dazu bewegt sich der Dow Jones. Nach einer längeren Seitwärtsbewegung quittierte er die politische Niederlage des US-Präsidenten mit leichten Abschlägen, zum Wochenschluss notierte er bei 20.596 Punkten.
Der Fakten-Cocktail schmeckt nicht recht
Ist es der wieder anziehende Euro, der die Exportaktien ausbremst? Ist es der in Richtung eines auch mittelfristigen Long-Signals laufende Goldpreis? Ist es doch der Brexit? Sind es die wachsenden Zweifel an der politischen Durchsetzungskraft des US-Präsidenten trump? Möglichweise ist es eine Kombination aus all dem, vereint mit der den Optimismus und die Kaufbereitschaft natürlich deutlich dämpfenden Tatsache, dass mit dem aktuellen Rücksetzer seit Ende Januar bereits der vierte Versuch, den DAX mit überraschenden Kaufwellen in Richtung des bisherigen Allzeithochs zu ziehen, nicht auf Anschlusskäufe, sondern auf Abgabedruck traf.
12.391 Punkte wies der DAX im April 2015 auf. Was aus diesem schon fast zur Gewohnheit gewordenen Phänomen eine ernste Nagelprobe für die Standhaftigkeit der bullischen Seite macht, ist die Charttechnik. Die Expertenmeinung von lynxbroker zu diesem Thema ist, dass der DAX bereits am Dienstag mit seinem abwärts gerichteten Turnaround einigen Flurschaden angerichtet habe, wie unser Chart zeigt. Die ohnehin in den letzten zwei Wochen immer nur mit Mühe verteidigte Dezember-Aufwärtstrendlinie seien durch diese Abgaben ebenso gebrochen worden wie die 20-Tage-Linie. Zur Wochenmitte gelang es zwar, die Unterstützungslinie in Form des Zwischenhochs von Ende Januar bei 11.893 Zählern auf Xetra-Schlusskursbasis zu halten, aber allzu überzeugend fiel diese Verteidigung nicht aus. Der DAX startete und schloss in etwa auf dem Niveau, das man über den DAX Future am Dienstagabend markiert hatte.
Ein ernsthafter Versuch, den Index aus der Gefahrenzone zu holen, ließ sich zum Wochenende nicht erkennen. Vom Freudensprung des Infineon-Papiers sollten Anleger sich nicht blenden lassen. Gut möglich, dass es die Wall Street sein wird, die zum Wochenbeginn die nächsten Vorgaben liefern wird. Die verlorene Abstimmung über ein Nachfolgegesetz für Obamacare wird nicht nur im Pharmasektor für eine ordentliche Portion Unruhe sorgen. So sieht es nicht danch aus, dass die US-Börsen wieder in den Rallye-Modus schlaten, eine Fortbewegungsart, der sich der DAX zum Glück immer gerne anschließt, falls sie denn kommt.
Auf der Long-Seite den Gewinn mitgenommen zu haben, dürfte aktuell kein Fehler sein. Die Short-Positionen sind seit Freitag weniger hochspekulativ. Am Montag könnte sich an der Wall Street der Daumen nochmals senken.