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Deutsche Staatsanleihen - auch 2011 eine lohnende Anlage?

Nach der Bodenbildung und Erholung der Aktienmärkte im Jahr 2009 stand das vergangene Jahr lange im Zeichen einer Konsolidierung. Angesichts der Haushaltsprobleme vieler südeuropäischer Staaten, welche das Nachrichtengeschehen vor allem im zweiten Quartal 2010 maßgeblich bestimmten, flüchteten viele Investoren in sichere Häfen.

BÖRSE am Sonntag

Neben Gold waren insbesondere Staatsanleihen von Ländern, die über beste Bonitätseinschätzungen verfügen, heiß begehrt. Die verstärkte Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen führte dazu, dass die Kurse im Laufe des Jahres 2010 stark zulegten. Bis weit in die Mitte des letzten Jahres hatte deren Barometer, der Euro-Bund-Future, im Hinblick auf die Performance die Nase gegenüber dem DAX deutlich vorn. Gleichzeitig mit dem Kursanstieg fiel die Rendite 10-jähriger deutscher Staatanleihen und markierte Anfang September 2010 mit 2,05% einen historischen Tiefstand. Erst im vierten Quartal 2010 änderte sich das Bild. Die Rally an den Aktienmärkten führte zu Kapitalumschichtungen: raus aus Anleihen, hinein in Aktien, was mit entsprechenden Kursrückgängen und einem Anstieg der Rendite bei deutschen Anleihen einherging.

Barometer für den Rentenmarkt

Nachvollziehen lässt sich diese Entwicklung bei einem Blick auf den Kursverlauf des Euro-Bund-Futures. Dieser ist das Abbild einer idealtypischen Bundesanleihe und bildet den Referenzindex für den deutschen Rentenmarkt. Im Detail verbirgt sich hinter dem Euro-Bund-Future ein standardisierter Terminkontrakt auf eine langfristige Schuldverschreibung der Bundesrepublik Deutschland, die auf einen Nominalwert von 100.000 Euro lautet. Die Grundlage des Kontrakts bildet eine aus einem Korb lieferbarer Anleihen berechnete, fiktive Bundesanleihe mit einem Kupon von 6% und einer Restlaufzeit zwischen 8,5 und 10,5 Jahren. Mit dem Erwerb oder Verkauf des Kontrakts geht man die Verpflichtung ein, eine diesen idealtypischen Kriterien entsprechende Bundesanleihe zu einem festgelegten Zeitpunkt zu kaufen oder zu verkaufen. Zur Erfüllung der Lieferverpflichtung können Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von mindestens 8,5 Jahren und höchstens 10,5 Jahren gewählt werden. Um die unterschiedlichen Restlaufzeiten und Kupons der einzelnen lieferbaren Anleihen der idealtypischen Nominalverzinsung von 6% anzupassen, veröffentlicht die Terminbörse Eurex für jede lieferbare Anleihe einen Preisfaktor, auf dem die Berechnung des Andienungspreises für die Anleihe basiert.

Indikator für künftige Zinsentwicklung

Kauft ein Investor einen Kontrakt des Euro-Bund-Futures, geht er von sinkenden oder anhaltend niedrigen Zinsen aus. Tritt dieses Szenario ein, führt dies zu einem Anstieg der Kursnotierungen bei Anleihen und dem Euro-Bund-Future, sodass der Kontrakt zu einem höheren Preis verkauft werden kann. Erwartet ein Investor dagegen einen Anstieg der Zinsen oder ein anhaltend hohes Zinsniveau, wird er als Verkäufer des Euro-Bund-Futures auftreten. Kommt es zu der erwarteten Zinsanhebung, werden die Kurse von Anleihen und Euro-Bund-Futures fallen, sodass der Verkäufer den Kontrakt zu einem niedrigeren Kurs zurückkaufen kann. Da somit die Erwartungen hinsichtlich der künftigen Renditeentwicklung langlaufender Bundesanleihen für den Kauf oder Verkauf des Euro-Bund-Futures eine entscheidende Rolle spielen, gilt er als Indikator für die weitere Zinsentwicklung.

Argumente für ein baldiges Ende des aktuellen Niedrigzinsniveaus und damit für einen fallenden Euro-Bund-Future sind ein Voranschreiten der globalen Konjunkturerholung sowie ein damit einhergehender Anstieg der Inflation. Diese legte im Euroraum im vergangenen Jahr kontinuierlich zu. Lag die jährliche Inflationsrate des Euroraums im November 2010 noch bei 1,9%, wird für Dezember 2010 nach einer Vorausschätzung von Eurostat ein Anstieg auf 2,2% und damit über das von der EZB gesetzte Inflationsziel von unter aber nahe 2,0% erwartet. Zu einer weiterhin expansiven Geldpolitik und damit letztlich zu einem steigenden Euro-Bund-Future dürfte es bei einer Verschärfung der Verschuldungskrise kommen. Bremsen die den finanziell angeschlagenen Staaten der Eurozone auferlegten Sparprogramme die bisherige wirtschaftliche Erholung aus, und müssen 2011 neue Hilfspakete geschnürt werden, so dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes weiter hinauszögern.

ETFs statt Futures-Kontrakte

Für Investoren, die an der Kursentwicklung des Euro-Bund-Futures partizipieren wollen, ohne dabei direkt über die Terminbörse handeln zu müssen, hat ComStage mehrere ETFs im Angebot, die mit der Wertentwicklung des Euro-Bund-Futures verknüpft sind. So bezieht sich der ComStage-ETF Commerzbank Euro-Bund-Future TR auf die Wertentwicklung der Commerzbank Euro-Bund-Future Strategie TR. Diese Strategie spiegelt die Performance einer Anlage mit einer Long-Position auf den Euro-Bund-Future zuzüglich einer Verzinsung des nicht gebundenen Kapitals auf der Basis des EONIA-Satzes wider. Der EONIA (Euro Overnight Index Average) ist der effektive Tagesgeldsatz, der seit 1. Januar 1999 täglich als gewichteter Durchschnitt aller unbesicherten Tagesgeldausleihungen im laufenden Interbankenmarkt von der Europäischen Zentralbank berechnet wird.

Für die zu erwartende Entwicklung der dem ETF zugrunde liegenden Euro-Bund-Future-Strategie gilt folgender Zusammenhang: Die Strategie wird im Wert steigen, wenn die Zinsen im Bereich der zehnjährigen Anleihen fallen und umgekehrt fallen, wenn die Zinsen im zehnjährigen Bereich steigen. Die Wertentwicklung des Euro-Bund-Futures wird dabei auf täglicher Basis annähernd eins zu eins abgebildet. Da ein Futures-Kontrakt nur über eine begrenzte Laufzeit verfügt, der ETF hingegen theoretisch endlos läuft, muss der Euro-Bund-Future regelmäßig in einen Kontrakt mit einer längeren Laufzeit gerollt werden. Die dabei entstehenden Rollkosten belaufen sich pro Quartal auf 0,01%.

Neben der Long-Variante hat ComStage auch einen ETF im Angebot, der die Performance einer Anlage mit einer Short-Position auf den Euro-Bund-Future zuzüglich einer Verzinsung des nicht gebundenen Kapitals auf Basis des EONIA-Satzes widerspiegelt. Dazu wird die inverse (umgekehrte) Wertentwicklung des Euro-Bund-Futures auf täglicher Basis annähernd eins zu eins abgebildet. Hierbei gilt folgender Zusammenhang: Die Strategie wird demnach im Wert steigen, wenn die Zinsen im zehnjährigen Bereich steigen bzw. fallen, wenn die Zinsen im Bereich der zehnjährigen Anleihen fallen.

Anleger, die es etwas spekulativer mögen, können auf die Long- bzw. Short-Strategie jeweils den Hebel ansetzen. Allerdings sollte beachtet werden, dass dabei die tägliche prozentuale und nicht die absolute Wertentwicklung des Euro-Bund-Futures annähernd zweifach bzw. zweifach umgekehrt abgebildet wird. Fällt der Euro-Bund-Future und steigt am Folgetag wieder um die exakt gleiche Punktzahl, führt dies dazu, dass die ETFs, die eine Long-Strategie verfolgen, ihr Ausgangsniveau noch nicht wieder erreicht haben.

Charttechnische Verfassung des Euro-Bund-Futures

Ein Blick auf den Chart des Euro-Bund-Futures zeigt den übergeordneten Aufwärtstrend, in dem sich der Index seit Juli 2008 befand. In dessen Verlauf markierte das Rentenbarometer im September 2010 mit 132,56% ein Allzeithoch. Nach einem Rücksetzer auf 128,40% schaffte es der Euro-Bund-Future jedoch nicht mehr, das Niveau des Allzeithochs zu erreichen. Mit dem Durchbruch unter das Vorgängertief bei 128,40% ging die Notierung per Definition in einen Abwärtstrend über. Ende November 2010 durchbrach der Euro-Bund-Future sowohl die 200-Tage-Linie als auch den langfristigen Aufwärtstrend nach unten. Mitte Dezember 2010 traf die Kursnotierung bei 123,76% auf Unterstützung. Seitdem vollzieht der Euro-Bund-Future eine technische Gegenreaktion, die ihn im Rahmen eines Pullbacks kurzfristig bis an den gebrochenen Aufwärtstrend bei aktuell 128,00% zurückführen dürfte. Doch erst ein Rebreak über diesen Trend sowie den knapp darunter bei 127,80% verlaufenden Widerstand würde das mittelfristige Bild aufhellen. Dieses wird vor allem durch die Indikatorenlage auf Monatsbasis getrübt. Während der RSI dort bereits im September 2010 ein Verkaufssignal gesetzt hat, zog der MACD im Dezember 2010 nach. Zuletzt gab es eine vergleichbare Konstellation auf Monatsbasis im November 2005. Damals bildete der Euro-Bund-Future ein Top aus, dem eine gut eineinhalbjährige Abwärtsbewegung folgte.

Fazit:

Der Euro-Bund-Future ist im europäischen Rentenbereich der liquideste und bedeutendste Terminkontrakt und bietet Anlegern die Möglichkeit, ihre Einschätzung zur künftigen Zinsentwicklung konkret umzusetzen. Wer dabei nicht direkt am Terminmarkt handeln möchte, kann auf ETFs zurückgreifen, welche Long- und Short-Strategien sowohl einfach als auch gehebelt abbilden. Setzt sich der konjunkturelle Aufschwung fort und bleibt eine Verschärfung der Verschuldungsproblematik aus, dürften EZB und Fed im zweiten Halbjahr 2011 mit den ersten Zinsanhebungen beginnen. Aus technischer Sicht scheint der Markt ein bevorstehendes Ende der aktuellen Niedrigzinsphase bereits einzupreisen.