Europa: Aus Fehlern lernen
Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien: Die so genannten PIIGS-Länder mit ihren immensen Schuldenbergen sorgten in den letzten Monaten für reichlich Wirbel. Sogar Staatspleiten konnten nicht ausgeschlossen werden. Die Schuldenkrise einiger europäischer Staaten setzte den Euro unter Druck, ein Zeichen dafür, dass das Vertrauen der Investoren in Europa nachließ. Doch inzwischen scheinen sich die Perspektiven aufzuhellen. So konnte sich der EURO STOXX 50, der Aktienindex für die 50 größten Unternehmen des Euroraums, von den Kursverlusten des letzten Jahres wieder erholen.
Im Sommer 2009 brachte es der EURO STOXX 50 lediglich auf 1.800 Punkte, konnte sich seither aber spürbar erholen. Aktuell bewegt er sich immerhin zwischen 2.700 und 2.800 Zählern, auch wenn die rund 4.500 Punkte des Jahres 2007 noch in weiter Ferne sind. Unterstützung liefert die allmähliche Erholung der weltweiten Konjunktur, die auch europäische Unternehmen spüren. Darüber hinaus gehen viele Staaten in Europa aktiv ihre finanziellen Probleme an, haben sich strenge Sparprogramme aufgelegt und bemühen sich, ihre Schuldenberge abzutragen. So will Griechenland das Haushaltsdefizit von 13,5% des BIP Ende 2009 in diesem Jahr auf 8,7% des BIP reduzieren. Spaniens Ziel ist, den Fehlbetrag des Haushalts 2010 auf 9,8% zurückzufahren, 2011 sollen es dann 6% sein. Auch Portugal hat sich striktes Sparen verordnet. Deutschland will ebenfalls auf die Kostenbremse treten: Bis 2014 sollen rund 80 Mrd. Euro eingespart werden. In diesem Jahr dürften die geplanten Sparmaßnahmen allerdings noch nicht auf das Wachstum durchschlagen. Im kommenden Jahr wird sich allerdings zeigen, ob der Plan von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble aufgeht, ab 2011 die zu hohen öffentlichen Fehlbeträge „maßvoll“ zu reduzieren.
Droht eine Rezession?
Auf kurze Sicht könnten Sparbemühungen dazu führen, dass sich die Wachstumsperspektiven eintrüben, wie auch Barack Obama im Zusammenhang mit den geplanten Sparpaketen verschiedener Industrienationen zu bedenken gab. Der US-Präsident hatte im Vorfeld des G 20-Gipfels Ende Juni in Kanada davor gewarnt, die Kürzung öffentlicher Ausgaben könne eine Gefahr für die Erholung der Weltwirtschaft sein. Auch Ökonomen wie der Nobelpreisträger Paul Krugman befürchten, dass eisernes Sparen zu einer erneuten Rezession führen könnte – die Angst vor einem so genannten Double Dip spukte in den Köpfen der Marktteilnehmer herum.
Sparen muss sein
Doch auf lange Sicht könnte sich eine Sanierung der Staatshaushalte für Europa auszahlen. Denn sie gilt als ein wesentlicher Faktor, um Europa in finanzieller Hinsicht zu stabilisieren und wieder für Vertrauen in die Märkte zu sorgen. Schließlich gelten aus Sicht von vielen Experten die hohen öffentlichen Schulden als Mitverursacher der Krise. Solche Fehler will man künftig vermeiden. So verteidigte auch der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, die geplanten Sparprogramme. Die EZB sei nicht der Meinung, dass eine Reduzierung der öffentlichen Ausgaben das Wachstum abwürgen werde, so Trichet. Vielmehr zeigte er sich von den langfristigen Vorteilen des Sparens überzeugt. Aus seiner Sicht sollen die Kürzungen der Haushaltsausgaben dazu beitragen, den Aufschwung in nachhaltiges Wachstum zu verwandeln. Anders als viele europäische Staaten, die auf Konsolidierung setzen, werden die USA wohl weiterhin ihr Wachstum über neue Schulden finanzieren.
Deutschland im Aufwind
Die größte Volkswirtschaft in der Eurozone, Deutschland, konnte indes jüngst positiv überraschen. Kurzarbeit und leere Auftragsbücher gehören weithin der Vergangenheit an, die Stimmung in den Unternehmen ist gut. So signalisierten sowohl ifo-Geschäftsklimaindex als auch Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit und Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung einen Aufwärtstrend für die deutsche Wirtschaft, der vor allem dem regen Export zu verdanken ist. Deutsche Exporteure, zu denen traditionell vor allem Maschinenbauer und Autokonzerne gehören, profitieren dabei von der Erholung der weltweiten Konjunktur, starker Nachfrage aus China sowie dem relativ schwachen Euro, der Maschinen und Autos aus Deutschland außerhalb des Euroraums preiswert macht. Allerdings ist der weitere Aufschwung Deutschlands auch mit einigen Fragezeichen behaftet, schließlich sind die USA ein wichtiger Handelspartner. Und dort ist die weitere wirtschaftliche Entwicklung ungewiss. Auch die Konjunktur der Schwellenländer ist wichtig für deutsche Exporte, allen voran China, wo sich die Regierung darum bemüht, das extrem lebhafte Wachstum zu bremsen. Hinzu kommt, dass der Aufschwung innerhalb der Eurozone ungleich verteilt ist. Während Deutschland sich über sein wirtschaftliches Sommermärchen freuen kann, sieht es vor allem in Südeuropa weniger rosig aus. Frankreich leidet zum Beispiel unter hoher Arbeitslosigkeit, was den privaten Konsum schwächt. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass die weltweite Wirtschaft in eine neue Rezession zurückfällt, würde dies Europa wegen seines bedeutenden Außenhandels besonders hart treffen. Doch zumindest aktuell scheint dies noch nicht zu befürchten. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Markit unter 3.000 Firmen berichteten die Unternehmen von steigenden Aufträgen und erhöhter Produktion. Von einer Wachstumsverlangsamung könne keine Rede sein, kommentierte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. Vor allem, weil deutsche Maschinenbauer und Industrieunternehmen steigende Aufträge verzeichneten, legte der Markit-Einkaufsmanagerindex um 1,1 Zähler auf 56,7 Punkte zu. Im Gegensatz zur erfreulichen Entwicklung der deutschen Produktion konnten Frankreich, die Niederlande, Irland und Österreich jedoch weniger stark zulegen. Beim Internationalen Währungsfonds (IWF) prognostiziert man der Eurozone für dieses Jahr ein Plus von 1,0%, wegen der Schuldenproblematik wurde die Prognose für 2011 jedoch von 1,5% auf 1,3% gesenkt. Optimistischer geben sich die Experten von Morgan Stanley, die der Eurozone angesichts eines überraschend guten zweiten Quartals und eines guten Starts ins dritte Jahresviertel statt einem Plus von 1,2% nun ein Wachstum von 1,5% im Gesamtjahr in Aussicht stellen. Für 2011 teilt Morgan Stanley die Einschätzung des IWF und erwartet ebenfalls ein BIP-Wachstum von 1,3%.
Europas Standardwerte-Index
Für Anleger, die auf die Eurozone setzen, aber ihr Risiko streuen wollen, bieten sich ETFs auf den EURO STOXX 50-Index an, der die 50 nach Marktkapitalisierung größten Unternehmen aus dem Euroraum enthält. Derzeit sind Konzerne aus neun Ländern enthalten, wobei Frankreich mit 35,4% am stärksten vertreten ist, gefolgt von Deutschland mit 28,4% und Spanien mit 13,7%. Bei der Sektorenverteilung fällt auf, dass Banken mit insgesamt 18,7% sehr stark vertreten sind. Konzerne aus dem Versorgerbereich bringen es auf 9,7%, während das Gewicht von Öl- und Gasfirmen bei 9,3% liegt. Alternativ stehen auch Produkte auf den MSCI Europe zur Verfügung, dessen Fokus ebenfalls mit rund 23% auf Finanzdienstleistungen liegt. Nach Ländern ist dieser Index allerdings breiter gefasst und berücksichtigt auch solche, die nicht zur Eurozone gehören. So sind auch Großbritannien – mit über 33% sogar das Indexschwergewicht – sowie die Schweiz, Schweden, Dänemark und Norwegen im Index enthalten.
Fazit:
Egal welcher Index als Basiswert für einen ETF präferiert wird, so sollten Anleger dennoch beachten, dass Europa stark von der Entwicklung der weltweiten Wirtschaft abhängig ist. Sollte sich das Konjunkturwachstum tatsächlich abschwächen oder sogar der befürchtete „Double Dip“ Realität werden, würde sich dies auch im EURO STOXX 50 bzw. im MSCI Europe bemerkbar machen.