STOXX Europe 600 Oil & Gas - Von Ölbaronen und Strahlemännern
Nach der Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ am 20. April 2010 starrte die Welt wochenlang fassungslos auf die Live-Bilder, die das ins Meer sprudelnde Öl zeigten. Fünf Monate dauerte es, bis der britische Energiekonzern BP die Ölquelle im Golf von Mexiko endgültig versiegeln konnte. Bis dahin sind schätzungsweise rund 660.000 Tonnen Rohöl ausgetreten und haben weite Teile der US-Golfküste verseucht. Zeitweise war in rund einem Drittel der amerikanischen Küstenregion der Fischfang verboten. Gesperrte Strände führten zudem zu einem Ausbleiben der Touristen in den betroffenen Regionen.
Nachwehen einer Katastrophe
BP ist einer der weltgrößten Energiekonzerne, dessen Aktivitäten, neben der Gewinnung und Produktion von Öl und Gas, auch die Verarbeitung, den Vertrieb und den Transport von Öl- und petrochemischen Produkten sowie Erdgas umfassen. Der Aktienkurs von BP verlor nach der Katastrophe angesichts drohender Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe mehr als 50% an Wert. Auch wenn das Ölleck im Golf von Mexiko inzwischen geschlossen wurde, ist das endgültige Ausmaß der finanziellen Folgen noch nicht absehbar. Bislang belaufen sich die Kosten für die Beseitigung des Öls an den Stränden und im Meer, das Versiegeln der Quelle sowie der bereits geleisteten Entschädigungs-Zahlungen auf 9,5 Mrd. US-Dollar. Durch den Verkauf von Unternehmensteilen und mit der Emission langfristiger Anleihen versucht BP bis zu 30 Mrd. US-Dollar (rund 22 Mrd. Euro) einzunehmen. Der Großteil der Gelder wird in einen von BP geschaffenen Fonds zur Finanzierung der Folgekosten der Ölkatastrophe fließen, dessen Volumen bei über 20 Mrd. US-Dollar liegen soll. Interessenten für die Öl- und Gasfelder, von denen sich das Unternehmen trennen will, gibt es reichlich. So war selbst eine vollständige Übernahme von BP durch die amerikanischen Ölkonzerne ExxonMobil und Chevron im Gespräch, die damit ihre eigenen Aktivitäten verstärken wollten.
Öl als Schmierstoff der Wirtschaft
Denn trotz der Katastrophe und des damit verbundenen negativen Images der Branche wird Öl weiterhin benötigt. Deutlich wird dies spätestens beim regelmäßig wiederkehrenden Griff zum Zapfhahn an der Tanksäule. Bis alternative Antriebsarten wie Hybrid- oder Elektroantrieb wirklich ausgereift sind, sich in der Massenproduktion durchgesetzt und ÖL als Ausgangsstoff für herkömmliche Treibstoffe ersetzt haben, wird sich an der Nachfragesituation wenig ändern. Zudem kommt ein großer Teil der Nachfrage aus der chemischen Industrie, welche Öl zur Herstellung unzähliger Kunststoffprodukte benötigt. Mit einer fortschreitenden Erholung der Weltwirtschaft ist von einem weiteren Anstieg der Nachfrage auszugehen, was sich mittelfristig positiv in den Bilanzen der Öl- und Gaskonzerne niederschlagen sollte. Diese versuchen gleichzeitig, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, allen voran BP. Dessen neuer Konzernchef, Bob Dudley, kündigte bereits die Gründung einer neuen Sicherheitsabteilung mit umfangreichen Befugnissen an. Diese soll sämtliche Projekte des Konzerns überwachen und direkt an den Vorstandschef berichten. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit mit den Subunternehmern auf den Prüfstand gestellt. Anlass dazu waren die gegenseitigen Schuldzuweisungen von BP und Transocean bei der Frage nach der Verantwortlichkeit für die Explosion der „Deepwater Horizon“. BP hatte die Ölplattform von der Schweizer Firma geleast.
Der STOXX Europe 600 Oil & Gas-Index
Die Wertentwicklung der größten europäischen Unternehmen, zu deren Geschäftsbereich die Förderung, Raffinierung und der Vertrieb von Erdöl bzw. Erdgas zählen, bildet der STOXX Europe 600 Oil & Gas-Index ab. Dieser berücksichtigt bei seiner Berechnung die frei handelbare Marktkapitalisierung (free-float), eine Begrenzung des Gewichts der Indexmitglieder ist nicht vorgesehen. Im Zuge der Überprüfung des STOXX Europe 600-Index wird auch der Branchenindex Oil & Gas quartalsweise im März, Juni, September und Dezember eines Jahres überprüft und gegebenenfalls angepasst. Die Anzahl der in dem Index enthaltenen Titel ist dabei variabel. Per 31. August 2010 umfasste der STOXX Europe 600 Oil & Gas-Index 37 Unternehmen, von denen es BP mit einem Anteil von 19,50% auf die höchste Gewichtung im Index brachte, gefolgt von der französischen Total mit 18,48% und der niederländischen Royal Dutch Shell mit 16,79%. Bei den Aktionären von BP weckte Vorstandschef Dudley angesichts des weiterhin hervorragend laufenden Geschäfts die Hoffnung auf eine schnelle Wiederaufnahme der für 2010 ausgesetzten Dividendenzahlungen. So soll das Unternehmen bereits im ersten Quartal 2011 wieder in der Lage sein, Gewinne auszuschütten. Allerdings werde der Verwaltungsrat eine endgültige Entscheidung erst im kommenden Jahr treffen. Nicht zuletzt wegen der stetig hohen Dividenden sind Energiekonzerne bei Investoren und Fonds ein wichtiger Baustein im Portfolio. So bringen es Total und Royal Dutch Shell aktuell auf eine Dividendenrendite von 6,1% bzw. 5,7%. Die Dividendenrendite des Branchenindex lag Ende August 2010 bei 4,01%.
„Shine, baby, shine!“
Doch nicht nur Konzerne, die im Öl- & Gasgeschäft tätig sind, werden im STOXX Europe 600 Oil & Gas-Index berücksichtigt. Auch Unternehmen, die sich auf erneuerbare Energien spezialisiert haben, werden berücksichtigt. Neben der dänischen Vestas Wind Systems findet sich so auch die deutsche SolarWorld im Index wieder. Zwar fällt die Gewichtung der beiden Unternehmen mit 1,35% bzw. 0,17% noch relativ gering aus. Gleichwohl wird damit dem allmählichen Richtungswechsel von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien Rechnung getragen. Dazu passt, dass mit Larry Hagman alias „J.R. Ewing“ aus der amerikanischen Kultserie „Dallas“ der wohl prominenteste „Vertreter“ der Ölbranche mit der „Shine, baby, shine!“-Kampagne nun für SolarWorld kräftig die Werbetrommel rührt. Hagman handelt dabei aus echter Überzeugung, schließlich besitzt er eine der größten privaten Solarstromanlagen der USA und produziert damit schon seit Jahren seine eigene Energie.
Auch BP fördert nicht nur Erdöl und Erdgas, sondern schuf 2005 den Geschäftsbereich Alternative Energy, der sämtliche Aktivitäten rund um CO2-arme und CO2-freie Energieerzeugung bündelt. Speziell auf dem Solarmarkt blickt BP auf mehr als 35 Jahre Erfahrung bei der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Solartechnologie zurück. Die Konzernsparte BP Solar, die über Produktionsstätten in den USA, Europa und Asien verfügt, setzte im Jahr 2009 nach eigenen Angaben weltweit ein Volumen von über 200 Megawatt (MW) ab. Für 2010 erwartet das Unternehmen eine Umsatzsteigerung auf mehr als 300 MW.
Fazit:
Anleger, die auf eine Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung und damit auf eine entsprechend hohe Nachfrage nach Öl und Gas setzen, können mit einem ETF auf den Branchenindex STOXX Europe 600 Oil & Gas setzen. Die anfallenden Erträge in Form von Dividenden werden bei den Produkten von ComStage und db x-trackers thesauriert und erhöhen damit den Wert der ETFs. Der ETF von iShares schüttet die Erträge hingegen an die Anleger aus, was insbesondere unter steuerlichen Gesichtspunkten relevant ist.