Warum Europa jetzt ins Depot gehört
Europas Unternehmen übertreffen die Gewinnprognosen in den ersten drei Monaten 2019 teils deutlich. Es ist die beste Bilanzsaison seit vier Quartalen. Und viele Qualitätsaktien sind noch immer günstig bewertet. Was jetzt - trotz trüber Konjunktur - für europäische Aktien spricht.
Europas Unternehmen übertreffen die Gewinnprognosen in den ersten drei Monaten 2019 teils deutlich. Es ist die beste Bilanzsaison seit vier Quartalen. Und viele Qualitätsaktien sind noch immer günstig bewertet. Was jetzt - trotz trüber Konjunktur - für europäische Aktien spricht.
Von Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International
Zugegeben, die Bäume wachsen nicht mehr in den Himmel. Die Konjunktur hat sich abgekühlt. Vor allem die europäische Wirtschaft trifft die weltweit schwindende Konjunkturdynamik, denn sie ist stark von externen Faktoren abhängig. Die EU-Kommission hat ihre BIP-Prognose für Europa jüngst von 1,9 Prozent auf nur noch 1,2 Prozent gesenkt. Auch die Stimmung der globalen Investoren gegenüber europäischen Aktien ist gemäß dem jüngsten Global Fund Manager Survey von Merrill Lynch so schlecht wie seit drei Jahren nicht mehr.
Europäische Titel jetzt aus dem Depot zu werfen, ist aber kein guter Rat. Im Gegenteil. Trotz der eher trüben Wirtschaftsaussichten bietet der europäische Aktienmarkt noch immer interessante Kaufgelegenheiten. Die Unternehmen stehen deutlich besser da als noch vor einigen Monaten befürchtet. Das spiegelt sich vor allem in den jüngsten Quartalsergebnissen wider: 52 Prozent der europäischen Konzerne haben die Prognosen übertroffen. Zwar hat es auch Gewinnwarnungen gegeben, allerdings so wenige wie seit zwei Jahren nicht mehr.
Schweizer Konzerne stark
Vor allem Technologie-Unternehmen, Konzerne aus dem Lebensmittelsektor und der Gesundheitsbranche überraschten positiv. Mehr als jedes zweite Unternehmen schnitt hier besser ab als erwartet. Weniger gut lief es bei Öl- und Gas-Unternehmen, wo nur knapp jedes dritte die Analystenschätzungen schlagen konnte. Am stärksten schnitten Schweizer Konzerne ab, am schwächsten Unternehmen aus Großbritannien. Insgesamt haben wir die beste Bilanzsaison der vergangenen vier Quartale erlebt. Vor allem eine Kennzahl hat sich signifikant verbessert: das Ergebnis je Aktie (Earnings per Share, EPS). Das geschätzte Gewinnwachstum für 2020 liegt bei rund sieben Prozent.
Es war vor allem die Nachfrage aus China, die sich positiv auf die Ergebnisentwicklung auswirkte. Zuletzt gab es auch wieder bessere Nachrichten aus dem „Reich der Mitte“. Die Konjunkturmaßnahmen, mit denen die Regierung die Wirtschaft ankurbeln will, zeigen Wirkung. Bedenken, dass sich die globale Konjunktur ausgehend von China weiter abkühlen könnte, sind vorerst ausgeräumt. Davon profitieren auch viele europäische Unternehmen, die traditionell sehr exportorientiert sind. Es bleibt natürlich die Unsicherheit über den schwelenden Handelsstreit zwischen den USA und China sowie die drohenden Autozölle für Europa.
Nichtsdestotrotz bietet der europäische Aktienmarkt viele Unternehmen, die sehr attraktiv bewertet und für Investoren gute Kaufgelegenheiten sind. Oder anders ausgedrückt: Qualität ist in Europa derzeit sehr günstig. Chancen sehen wir insbesondere bei günstig bewerten defensiven Titeln, bei ausgewählten Zyklikern, die die schwächere Konjunktur bereits eingepreist haben und bei Qualitätsunternehmen mit hohen Wachstumsraten. Das sollten Anleger nicht ignorieren.
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