Dividendenaktien: Das gilt es zu beachten!
Während die Anleiherenditen seit Jahren sehr niedrig oder sogar negativ sind, erfreuen sich Dividendenaktien wachsender Beliebtheit. Regelmäßige Ausschüttungen sind eine wichtige Ertragsquelle und können das Portfolio in Krisen stabilisieren. Doch bei der Auswahl der Titel müssen Investoren einiges beachten.
Während die Anleiherenditen seit Jahren sehr niedrig oder sogar negativ sind, erfreuen sich Dividendenaktien wachsender Beliebtheit. Regelmäßige Ausschüttungen sind eine wichtige Ertragsquelle und können das Portfolio in Krisen stabilisieren. Doch bei der Auswahl der Titel müssen Investoren einiges beachten.
Von Daniel Roberts, Experte für Dividendenaktien bei Fidelity
Ende Oktober endete die Ära von Mario Draghi. Nach acht Jahren an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) wird der Notenbankchef als derjenige Hüter des Euros in die Geschichte eingehen, der in seiner Amtszeit nie die Zinsen angehoben hat. Gleich in seiner ersten Sitzung als EZB-Chef im November 2011 drückte Draghi den Leitzins von 1,5 auf 1,25 Prozent und hielt den Lockerungskurs bis zuletzt bei. Seit März 2016 liegt der Satz unverändert bei null, zugleich kaufte die EZB für mehrere Milliarden Euro Anleihen der Mitgliedstaaten auf. In der Folge fielen die Renditen sicherer Zinstitel ins Bodenlose. Im August brachte Deutschland als erste Volkswirtschaft Europas eine 30-jährige Anleihe ohne Zinszahlungen auf den Markt. Mittlerweile rentieren sämtliche Bundesanleihen negativ. Auch in anderen europäischen Staaten müssen Bond-Investoren die Rendite mittlerweile mit der Lupe suchen. Draghis Geldpolitik hat den Begriff „Fixed Income“ ad absurdum geführt – zumindest, wenn Investoren neben einem planbaren Einkommen auch Wert auf Sicherheit legen.
Dividenden trotz Krise
Es gibt jedoch eine Alternative zu Nullzins-Anleihen: Dividendenaktien. Allen schlechten Nachrichten um Handelskonflikte, Rezessionen und EU-Austritte zum Trotz haben Firmen weltweit ihre Dividenden in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach oben geschraubt. Mit 263,3 Milliarden US-Dollar waren die Ausschüttungen im ersten Quartal 2019 so hoch wie noch nie, zeigt der Janus Henderson Global Dividend Index. Allein in Deutschland werden die im Leitindex DAX notierten Unternehmen nach Schätzungen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) im Jahr 2019 rund 38,6 Milliarden Euro an ihre Anteilseigner ausschütten. Durchschnittlich 3,3 Prozent Dividendenrendite können Anleger erwarten. Zum Vergleich: Die zehnjährige Bundesanleihe rentiert bei minus 0,5 Prozent. Viele Investoren feiern die Ausschüttungen darum längst als neue Zinsen.
Solide Geschäftsmodelle
Tatsächlich weisen Dividenden und Zinskupons viele Gemeinsamkeiten auf. Beide liefern dem Investor planbare Erträge, die Verluste bei anderen Anlageklassen abfedern können. Zwar sind Dividenden – anders als Zinskupons – nicht garantiert. Eine stabile Dividendenpolitik gilt aber als Zeichen guter Unternehmensführung. Daher halten viele Unternehmen ihre Ausschüttungen auch dann konstant, wenn es mit ihren Gewinnen mal nicht rund läuft, wie der Blick auf vergangene Krisen zeigt. Selbst im schwierigen Börsenjahr 2018 schütteten die DAX-Unternehmen eine Rekordsumme von 36,5 Milliarden Euro aus, zeigen die DSW-Zahlen. Ähnlich wie früher Anleihen wirken Aktien von Unternehmen mit langer Dividenden-Historie wie Airbags im Depot: Sie verfügen über solide Geschäftsmodelle und schwanken in der Regel weniger als andere Aktien. Dividendenaktien können damit ein wirksamer Schutz gegen Marktverwerfungen sein.
Deutschland in der Krise
Eigenschaften, die gerade für Investoren hierzulande künftig entscheidend für den Anlageerfolg sein dürften: Der Ausblick für die Bundesrepublik ist nicht rosig. Die Geschäfte der deutschen Industrie laufen so schlecht wie seit der Finanzkrise im Jahr 2009 nicht mehr. Die offiziellen Wachstumszahlen zeigen zwar bisher nur einen leichten Knick nach unten. Im zweiten Quartal 2019 ist die deutsche Wirtschaft laut Daten des Statistischen Bundesamts um 0,1 Prozent geschrumpft. Marktbeobachter gehen jedoch davon aus, dass das Wirtschaftswachstum auch im dritten Quartal rückläufig sein wird – dann wäre Deutschland offiziell in der Rezession. Dividenden-Investoren brauchen einen Bärenmarkt aber nicht zu fürchten. Im Gegenteil: Vorübergehende Schwächeperioden sind eine Chance, günstig an Dividenden-Titel zu kommen: Denn wenn die Kurse an den Kapitalmärkten fallen, ziehen die Dividendenrenditen an – die Aktie wird für Dividenden-Jäger attraktiver.
Nicht blenden lassen!
Entscheidend dafür ist allerdings, dass Investoren auf die richtigen Titel setzen. Die Aktie mit der höchsten Dividendenrendite ist zum Beispiel nicht automatisch auch die beste Wahl. Denn der Wert kann auf unterschiedliche Weisen steigen: einmal, wenn die Aktionäre auf der Hauptversammlung beschließen, die Dividende anzuheben – das ist der erfreuliche Fall. Zum anderen aber auch, wenn die Aktie unter Druck gerät. Zu den besten Dividendenzahlern im DAX gehören zum Beispiel ausgerechnet Unternehmen aus jener Branche, die jüngst besonders an Anse¬hen eingebüßt hat: der Autoindustrie. Daimler etwa schüttete einen Tag nach der Hauptversammlung im Mai 3,65 Euro je Aktie aus. Das entspricht einer Dividendenrendite von rund sieben Prozent. Auch Volkswagen beschenkte seine Anleger und hob die Dividende um 90 Cent auf 4,80 Euro je Aktie an, was einer Dividendenrendite von 3,49 Prozent entspricht. BMW-Investoren kommen auf 4,96 Prozent Dividendenrendite. Grund für den Geldregen war ausgerechnet der Skandal um manipulierte Dieselmotoren: Er ließ die Kurse der Hersteller in den Keller rauschen und die Dividendenrenditen steigen.
Stabile Cashflows
Aussagekräftiger als die Dividendenrendite ist die Dividenden-Historie. Sie liefert Antworten auf Fragen wie: Seit wann zahlt das Unternehmen Dividende? Wann wurde sie gekürzt? Wann das letzte Mal erhöht? Anhand dieser Informationen können sich Investoren ein gutes Bild davon machen, wie solide das Geschäftsmodell eines Unternehmens ist. Schaffte es der Konzern beispielweise, seine Ausschüttungen selbst während der Finanzkrise 2009 stabil zu halten oder gar zu steigern, spricht das für hohe und stabile Cashflows. Die Chancen stehen dann gut, dass das Unternehmen seine Dividende auch in der nächsten Krise weiterzahlt.
Vorsicht vor zu hohen Ausschüttungen
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Ausschüttungsquote, also der Teil vom Gewinn, den das Unternehmen an seine Aktionäre ausschüttet. Sie sollte zwischen 40 und 60 Prozent betragen und nur in Ausnahmefällen deutlich darüber liegen. Schüttet das Unternehmen 100 Prozent seines Gewinns aus oder nimmt gar Schulden auf, um seine Dividende konstant zu halten, sollten Anleger hellhörig werden. Denn das Kapital, was Unternehmen ausschütten, ist weg und steht somit auch nicht mehr für Investitionen in die Zukunft zur Verfügung. Fährt das Unternehmen diese Strategie regelmäßig, dürfte es langfristig hinter der Konkurrenz zurückfallen.
Globales Potential nutzen
Mit Dividendenfonds wie dem Fidelity Global Dividend Fund können Investoren breit gestreut in Dividendenaktien investieren. Alternativ können sie auf einzelne Titel setzen. Dabei sollten Investoren aber darauf achten, dass sie sich nicht zu stark auf einen Markt fokussieren. Wer auf Dividendenzahler aus vielen verschiedenen Ländern setzt, streut nicht nur sein Risiko, sondern erweitert auch seine Möglichkeiten. Viele der stabilsten und langjährigsten Dividendenzahler stammen zum Beispiel aus den USA. Auch China bietet für Dividenden-Jäger viel Potential: Chinesische Staatsunternehmen haben 2017 eine Rekordsumme von 248 Milliarden US-Dollar Dividende an ihre Anteilseigner ausgeschüttet. Auch die Kurse von China-Aktien haben Potential: Die Regierung der Volksrepublik arbeitet mit verschiedenen Maßnahmen daran, die heimische Wirtschaft zu stützen und die Kapitalmärkte weiter für westliche Investoren zu öffnen. Diese könnten künftig gleich doppelt profitieren, wenn sie Titel aus China kaufen – von steigenden Kursen und hohen Dividenden.
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