Diese Bilder regen die Phantasie an
Davon, einen echten Picasso zu finden, träumt so mancher, und darunter auch Anleger, die ihr Geld an der Börse plazierten. Renditechancen, wie sie mit exquisiten Gemälden aus der „klassischen Moderne“ leicht realisierbar sind, sucht in den Zeiten niedriger Zinsen weit und breit meistens vergeblich.
Davon, einen echten Picasso zu finden, träumt so mancher, und darunter auch Anleger, die ihr Geld an der Börse plazierten. Renditechancen, wie sie mit exquisiten Gemälden aus der „klassischen Moderne“ leicht realisierbar sind, sucht in den Zeiten niedriger Zinsen weit und breit meistens vergeblich.
Es klingt nach einem modernen Märchen. Ein unauffälliger Mann, den kaum einer richtig kannte, lagerte in einer äußerlich unauffälligen, aber sehr unaufgeräumten, ja vermüllten Wohnung im Münchner Studenten- und Künstlerviertel Schwabing etwas über 1.400 Werke namhafter Künstler. Darunter weltbekannte Namen. Die Werke haben eine unterschiedliche Provenienz, sie gehören ihm wohl teils nicht rechtmäßig. Fast alle der Gemälde, die in diesem Münchner Märchen-Kunstschatz wahllos gehortet wurden, sollen jedoch, und nun kommt ein gehöriger Indiana-Jones-Faktor ins Spiel, von Nationalsozialisten geraubt worden sein.
Einige stammen aus Museen, andere sollen von Familien stammen, die von den Nazis enteignet wurden. Genaue Angaben gibt es dazu aber noch nicht. Im Falle von geraubten Gemälden ist natürlich Rückgabe an die rechtmäßigen Besitzer das Gebot der Stunde, und was mit den Werken geschieht, ist denn auch völlig offen. Aber lassen die Kunstwerke von Weltrang, die dieser Sonderling, Cornelius Gurlitt, jahrelang in seiner Münchener Wohnung versteckt hielt, nicht Anleger wie Kunsthistoriker – kurzum, alle Liebhaber – ins Schwärmen geraten?
Solch ein Fund gibt Anlaß zum Träumen. Warum nicht das Geld in erstklassiger Kunst anlegen? Eine Milliarde sollen die Münchner Bilder wert sein. Welch ein Wert! Bei einer Pressekonferenz hat die zuständige Staatsanwaltschaft in Augsburg nun erste Fotos der Kunstwerke gezeigt. Bei einer Durchsuchung in der Münchner Wohnung von Cornelius Gurlitt waren 2012 rund 1500 Kunstwerke gefunden worden. Der Fall wurde erst jetzt publik. In Gurlitts Wohnung wurde etwas ein Kunstwerk des französischen Malers Marc Chagall gefunden. Das Bild mit dem Titel „Allegorische Szene“ war bisher unbekannt. Ein weiteres Kunstwerk auf dem Speicher: das Bild „Musizierendes Paar“ des deutschen Malers Carl Spitzweg. Es ist eine Vorzeichnung zu einem späteren Bild. Auch das Werk „Pferde in Landschaft“ des deutschen Künstlers Franz Marc war unter dem Kunstschatz.
Unter den Werken findet sich auch ein Selbstporträt von Otto Dix. Die Kunst des deutschen Malers wurde von den Nationalsozialisten als „entartet“ gebrandmarkt. Die Bilder wurden teils mit, teils ohne Rahmen in der Wohnung von Gurlitt gefunden. Die Werke sollen alle fachgerecht gelagert gewesen sein – auch das Gemälde „Zwei Reiter am Strande“ von Max Liebermann. Das Gemälde „Sitzende Frau“ wurde vom französischen Künstler Henri Matisse gemalt. Es wurde laut „Focus“ 1942 von den Nazis beschlagnahmt.
Der Kunstfund in München stößt nicht nur in Deutschland auf Interesse, sondern auch im Ausland. So zeigt sich der Konservator am Stedelijk Museum für moderne Kunst in Amsterdam, Bart Rutten, von dem Matisse-Gemälde begeistert. „Das ist phänomenal, das Stedelijk würde das gerne haben.“ Die Niederländer sind nicht die einzigen, bei denen die Bilder Begehrlichkeiten wecken. Die Stadt Mannheim etwa prüft nun, ob es Rechte an dem Bild „Melancholisches Mädchen“, einem bisher unbekannten Bild von Ernst Ludwig Kirchner, geltend machen kann. Das Bild wurde 1937 von den Nazis beschlagnahmt. Auch Gemälde des italienischen Malers Antonio Canaletto, des nordfriesischen Maler Emil Nolde und natürlich des unvergleichlichen Pablo Picasso gehören zu den Funden. Lediglich die Herkunft eines kleinen Teils der Werke ist geklärt.
Folgt noch eine Sensation?
Cornelius Gurlitt hat die Welt schon gehörig damit überrascht, dass er in seiner Münchner Wohnung rund 1400 Werke von Meistern der Moderne zwischen – nunja – Abfall hortete. Seinem Cousin zufolge könnte Gurlitt aber noch ein weiteres Geheimnis aus dem Zweiten Weltkrieg hüten. Ist der derzeit übrigens verschollene Messie das langgesuchte „missing link“ zur Wiederentdeckung des legendären Bernsteinzimmers? Angeblich hat er in früheren Jahren angedeutet, er wisse, wo sich das sagenumworbene Bernsteinzimmer befinde. Das behauptet zumindest ein Cousin des 79-Jährigen. Gurlitt habe immer gesagt: „Ich kann Dir sagen, wo das Bernsteinzimmer ist!“ So zitiert das britischen Boulevardblatt „Daily Mail“ Ekkehart Gurlitt, einen 65 Jahre alten Cousin, der als Fotograf in Barcelona lebt. Weiter habe Cornelius versprochen: bevor er sterbe, wolle er der Öffentlichkeit den Ort verraten. Aber nicht früher. Aber Gurlitt ist und bleibt verschollen.
Um das Bernsteinzimmer ranken sich seit jeher viele Mythen. Es handelt sich dabei um kunstvoll geschnitzte Wandvertäfelungen, die Preußen einst Russland schenkte. Rund 200 Jahre lang schmückte der auf 100 Millionen Euro geschätzte Wandschmuck einen Prachtraum im Katharinenpalast. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist dieser Schatz verschollen, ebenso wie jetzt Gurlitt, der angab, den Ort zu kennen, wo dieses unschätzbar wertvolle Interieur lagert.
Und wieso sollte Cornelius Gurlitt überhaupt etwas über den Verbleib des Bernsteinzimmers wissen? Und wie kommt er an all die erstklassigen Bilder in seiner Münchner Wohnung? Die Nun, sein Vater Hildebrand Gurlitt arbeitete in der Nazi-Zeit als „berechtigter Kunstverwerter“. Er zählte zu den ausgewählten Kunsthändlern, die so genannte „entartete Bilder“ ins Ausland verkaufen sollten. Der Rest ist Spekulation – oder Stoff zum Träumen. Und den Traum von den unschätzbar wertvollen Kunstwerken träumen eben nicht nur Kunsthistoriker, sondern auch Anleger. Diese Bilder regen die Phantasie an - die Gewinnphantasie.