Luxus mit Geschichte – erst richtig wertvoll!
Ob Rolex, Patek Phillipe, Louis Vuitton oder Hermès – auf Online-Marktplätzen wie Chronext und Rebelle gibt es Luxus aus zweiter Hand. Der Preis lockt die Käufer nicht. Dafür bestechen die Edel-Boutiquen mit anderen Vorzügen.
Ob Rolex, Patek Phillipe, Louis Vuitton oder Hermès – auf Online-Marktplätzen wie Chronext und Rebelle gibt es Luxus aus zweiter Hand. Der Preis lockt die Käufer nicht. Dafür bestechen die Edel-Boutiquen mit anderen Vorzügen.
Die Patek Philippe Grand Complication Ref. 5104P ist ein Sammlerstück sondergleichen. Wie viele Modelle der Uhr überhaupt existieren, ist nicht bekannt. Jedes Jahr wird nur eine Handvoll gefertigt. Die Freunde der Haute Horlogerie schätzen das 43 Millimeter breite Gehäuse aus Platin, den Boden aus Saphirglas, das Armband aus Krokodilleder. Das verglaste Ziffernblatt gewährt Einblick in das hochkomplexe Innenleben der Automatikuhr. 2013 wurde ein Modell für mehr als eine halbe Millionen Euro verkauft.
Das Besondere: Diese Uhr ging nie über die Ladentheke. Sie wurde auf einem Online-Marktplatz für gebrauchte und neue Luxusuhren verkauft, der zu dem Zeitpunkt gerade einmal ein Jahr alt war: Chronext.
Die Luxusbranche setzte im vergangenen Jahr rund eine Billion Euro um, ein Viertel davon entfiel auf Gegenstände des persönlichen Gebrauchs: Designermode, teure Accessoires und edle Uhren wie die Patek Philippe. Das Gros der Umsätze mit Luxusgütern wird bis heute in den Boutiquen der Metropolen erzielt – laut Ernst & Young Luxury Business Report sind es 66 Prozent. Doch der Vertrieb über Retail- und Onlineshops nimmt jährlich zu. Seit 2012 hat sich der Marktanteil verdoppelt.
Mehr als 16 Milliarden Euro werden damit pro Jahr im Netz umgesetzt. Ein immer größerer Teil davon entfällt auf gebrauchte Ware. „Uhren, Modeund Accessoires – insbesondere Taschen – sind prädestiniert für den Second-Hand-Onlinehandel“, sagt Petra-Anna Herhoffer. Sie ist Mitautorin des E&Y-Reports und Gründerin des auf Luxus spezialisierten Beratungsunternehmens Inlux.
Warum die Louis Vuitton-Tasche verkaufen?
„Die Marktplätze ermöglichen es den Kunden, Produkte schneller zu wechseln“, sagt Herhoffer. Beginnt das Prada-Kostüm zu zwicken, lässt es sich online immer noch zu Geld machen – etwa auf Marktplätze für Designermode wie Vestraire Collective oder Rebelle. Von dem Geld wiederum kann ein Kostüm gekauft werden, das die richtige Passform hat.
„Unsere Zielgruppe ist nicht darauf angewiesen, aussortierte Artikel zu Geld zu machen“, sagt Cécile Gaulke, Gründerin von Rebelle. „Sie ist berufstätig und hat wenig Zeit.“ Trotzdem werden monatlich zwischen 15.000 und 20.000 Produkte zu Rebelle geschickt – etwa sündhaft teure Taschen von Hermés oder Kostüme von Louis Vuitton; bei Chronext landen monatlich rund 1200 Luxusuhren – allein von Privatpersonen. Manche dieser Uhren gehen für sechsstellige Beträge weg. Die Hälfte seines Geschäfts macht Philipp Man, der Chronext 2013 mit Ludwig Wurlitzer gründete, mit gebrauchten Uhren.
„Ein so vielfältiges und großes Angebot, wie Rebelle es macht, kann die Second-Hand-Luxus-Boutique in Citylage nicht bieten“, sagt Luxusexpertin Herhoffer. Das fängt bei der Provision an: In der Design-Boutique um die Ecke werden bis zu 60 Prozent Provision verlangt, Mode-Retailer Rebelle verlangt von Privatkunden die Hälfte, Chronext nimmt im Schnitt 16,5 Prozent. Auch in puncto Sortimentsbreite können Filialen nicht mithalten. Bei Chronext sind aktuell 15.000 Uhren online, rund die Hälfte davon ist gebraucht. Bei Rebelle sind 65.000 Stücke gelistet – alle handverlesen und kuratiert.
Vertrauen ist die wichtigste Währung
Laut OECD werden jährlich 580 Milliarden Euro mit Produktfälschungen umgesetzt – vor allem online. „Vertrauen ist das wichtigste Kriterium, um im Second-Hand-Luxusmarkt überhaupt ins Geschäft zu kommen und sich langfristig zu etablieren“, sagt Luxusexpertin Herhoffer. Chronext-Chef Man versucht Sicherheit in den für Fälschungen anfälligen Markt für gebrauchte Luxusuhren zu bringen. Das Konzept: Käufer und Verkäufer kommen nicht direkt miteinander in Kontakt.
Jede Uhr, die auf dem Marktplatz verkauft wird, wird vorher zu Chronext geschickt und von auf verschiedenen Marken spezialisierten Uhrenmeistern auf Echtheit und Qualität geprüft. „Bei extrem spezifischen Uhren, etwa Vintage-Stücken aus den Dreißigern, die mehrere Hunderttausend Euro kosten, ziehen wir externe Experten zurate“, sagt Man. „Geht etwas schief, ist es unsere Reputation, die leidet, da der Händler anonym verkauft.“ Den Anteil an Fälschungen, die bei Chronext eingeschickt werden, schätzt er auf unter einen Prozent.
Gute Aussichten für die Luxus-Retailer
Designer-Mode-Retailer wie Vestraire Collective oder Rebelle sprechen vor allem wohlsituierte Frauen an. Das Geschäft von Luxusuhren-Marktplätzen wie Chronext oder Chrono24 richtet sich an den vermögenden Mann. Gemeinsam ist beiden Anbieter-Gruppen, das Risikokapitalgeber aktuell viel Geld in sie investieren.
Seit 2009 wurden weltweit mehr als eine halbe Milliarde Dollar in Luxus-Marktplätze gesteckt. Chronext etwa hat erst Anfang dieser Woche elf Millionen Euro eingesammelt.
„Das Geschäft mit Luxusuhren verspricht sehr hohe Margen“, sagt Chronext-Gründer Man. Gebrauchte Luxusuhren im Wert von zehn Milliarden Euro wechseln jährlich den Besitzer. Digitalisiert worden sei der Markt bis dato aber kaum. „Bis jetzt findet nur ein oder zwei Prozent der Umsätze mit Luxusuhren online statt“, schätzt Man. Das Gros davon laufe nach wie vor über Ebay. „Da ist viel Potential, um ein Unternehmen aufzubauen, das mehrere Milliarden Euro wert sein kann.“
Zumal luxuriöse Uhren – unabhängig von der Konjunktur – sehr wertstabil sind. Gerade in Zeiten des Niedrigzinses, wo die Anleger nach alternativen Geldanlagen suchen, steigt die Nachfrage. „Eine gebrauchte Uhr hat schon einen gewissen Preisverfall hinter sich oder steigt sogar noch im Wert“, sagt Man. „Letztlich müssen wir der EZB danken.“ Die sorgt mit ihren Niedrigzinsen dafür, dass viele Anleger alternative Geldanlagen suchen – wie Luxusuhren.
Allein im vergangenen Jahr sind die Schweizer nach Angaben von Man um knapp 400 Prozent gewachsen, für das nächste Jahr peilt der Jung-Unternehmer 600 Prozent an. Dann soll der Umsatz erstmals die 100-Millionen-Euro-Marke überschreiten.
Auch wenn Chronext-Mann Man keine Angaben zum Gewinn machen möchte, versichert er: „Wir arbeiten operativ profitabel. An jeder Uhr, die wir verkaufen, verdienen wir Geld.“ In Anbetracht des Kaufpreises von mehreren tausend Euro pro Uhr kann er nicht damit rechnen, dass Kunden mehrfach einkaufen und – wie etwa Zalando – erst beim dritten Einkauf seinen Schnitt machen. Auch Rebelle ist auf Wachstumskurs. „Von 2014 auf 2015 sind wir um 150 Prozent gewachsen, ähnlich hohe Ziele haben wir für das kommende Jahr“, sagt Gaulke. Handelsblatt / Niklas Dummer