Wem Geld unwichtig ist, der verdient wenig
Wer sagt, Geld sei ihm nicht so wichtig und geringe finanzielle Ansprüche stellt, wird weniger verdienen als derjenige, dem Geld wichtig ist. Einer der Gründe, warum Frauen nach wie vor im Durchschnitt weniger verdienen, ist der, dass sie finanziell oft zu niedrige Ansprüche stellen.
Wer sagt, Geld sei ihm nicht so wichtig und geringe finanzielle Ansprüche stellt, wird weniger verdienen als derjenige, dem Geld wichtig ist. Einer der Gründe, warum Frauen nach wie vor im Durchschnitt weniger verdienen, ist der, dass sie finanziell oft zu niedrige Ansprüche stellen.
Von Rainer Zitelmann
Ein aktuelles Beispiel: Die „Immobilien Zeitung“, das führende Fachmedium der deutschen Immobilienwirtschaft, befragte 320 männliche und 228 weibliche Absolventen immobilienwirtschaftlicher Studienfächer. Ein Ergebnis: „Studentinnen geben sich mit einem geringeren Einstiegsgehalt zufrieden als ihre männlichen Kommilitonen.“ Bei der Frage, nach welchen Kriterien sie einen Arbeitgeber aussuchen, rangierte das Gehalt auf Rang drei – bei den männlichen Absolventen. Bei den weiblichen Absolventen rangierte das Gehalt dagegen nur auf Rang sieben. Und: „Die 320 männlichen Befragten haben mit 49.608 Euro im Schnitt ein viel höheres Einstiegsgehalt im Kopf als die 228 Frauen. Diese wären schon mit 44.985 Euro zufrieden. Zudem rechnet die Mehrheit der männlichen Immobilienstudenten (61,2 Prozent) mit variablen, also von der eigenen Leistung beziehungsweise dem Abteilungs/Unternehmenserfolg abhängigen Vergütungsbestandteilen. Bei den Damen ist es die Minderheit, nämlich nur 43 Prozent“, so die „Immobilien Zeitung“.
Finanzieller Wohlstand beginnt im Kopf
Meine Erfahrung: Wer sagt, Geld sei ihm nicht so wichtig, sabotiert damit seinen eigenen finanziellen Erfolg. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten. Hier ein Ausschnitt aus meiner soeben erschienenen Autobiografie „Wenn du nicht mehr brennst, starte neu!“:
„Oft werde ich gefragt, wie ich denn von der Politik und Geschichte überhaupt zur Immobilie kam. Alles begann mit einem Gespräch mit dem CSU-Politiker Peter Gauweiler und mit dem Entschluss, reich zu werden. Es muss irgendwann Anfang 1996 gewesen sein, als ich mit Gauweiler in Berlin-Mitte spazieren ging. Ich hatte eine schwierige Zeit hinter mir, und darüber sprach ich mit ihm. Zwar hatte sich meine Situation im Springer-Verlag dank des guten Verhältnisses zu meinem Chef Thomas Löffelholz stabilisiert. Aber eine wirkliche Perspektive für mich sah ich nicht mehr. Ich habe neulich mit Löffelholz darüber gesprochen – er sieht das bis heute anders und meint, ich hätte durchaus eine gute Zukunft als Journalist gehabt. Doch nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre hatte ich Zweifel, ob ich mit meinen Ansichten und Haltungen wirklich Karriere bei einer Zeitung machen könnte. Ich glaube nicht, dass ich eine reelle Chance gehabt hätte, irgendwann Chefredakteur der „Welt“ zu werden.
In den vorangangenen Jahren hatte ich manchmal Existenzangst gehabt. Was wäre gewesen, wenn Leute wie Servatius, Cramer und Kirch nicht die Hand über mich gehalten hätten? Was wäre gewesen, wenn ich nicht einen loyalen Chef wie Löffelholz gehabt hätte, sondern noch einmal an jemanden wie Man¬fred Geist geraten wäre? Würde mich ein Magazin wie „Focus“ oder die FAZ einstellen? Ich kannte beispielsweise Helmut Markwort vom „Focus“, den ich sehr bewunderte und bei dem ich den Eindruck hatte, dass er politisch ähnlich dachte wie ich. Aber hätte es sich ein solches Magazin leisten können, „jemanden wie Zitelmann“ einzustellen, der auf die Linke wirkte wie ein rotes Tuch auf den Stier? Ich habe damals nicht gefragt, weil ich glaubte, die Antwort zu kennen. Vielleicht hätte ich mich bei der „Welt“ gut einrichten und dort Artikel zu historischen Themen schreiben können, wie Löffelholz mir dies vorgeschlagen hatte. Aber ein solch beschauliches Leben wäre mir zu langweilig gewesen, und dafür war ich auch zu ehrgeizig.
All diese Gefühle und Überlegungen beschäftigten mich, als ich das Gespräch mit Gauweiler führte. Zudem hatte ich Anfang 1996 eine schwere persönliche Enttäuschung erlebt, weil eine Ehe mit Ilona, einer 21-Jährigen Russin, nach wenigen Monaten scheiterte. Kurz gesagt, in diesen Monaten war ich in keiner guten Verfassung. Gauweiler blieb stehen und schaute mich an: „Querköpfe so wie Sie und ich müssen ordentlich Geld verdienen, um frei unsere Meinung vertreten zu können.“ Er selbst war jemand, der nicht – wie viele Berufspolitiker – wirtschaftlich von der Politik abhängig war, sondern der als glänzender Jurist so gut verdiente, dass er wirtschaftlich unabhängig war. Das machte es ihm viel leichter, eine unabhängige Meinung zu vertreten und gegen den Strom zu schwimmen.
Der Satz von Gauweiler war für mich ein Schlüsselerlebnis. Nach diesem Gespräch entschloss ich mich, reich zu werden. Das klingt vielleicht merkwürdig, aber genau so war es. Ich würde Millionär werden! Das war auf den ersten Blick betrachtet ein kühner Entschluss, denn damals lag mein Kontostand bei minus 30.000 DM (auf dem Girokonto) und plus 20.000 DM (auf dem Sparkonto), also eine Freude für jede Bank und wirtschaftlich für mich eine ebenso ungesunde wie unvernünftige Situation. Für einen Journalisten hatte ich zwar sehr gut verdient, aber, so wie manche Gutverdiener, jeden Monat alles Geld ausgegeben und nichts gespart.
Später verstand ich, warum ich kein Geld hatte, nämlich einfach deshalb, weil ich eine negative Einstellung zum Geld besaß. Nicht, dass ich nicht gerne Geld verdient hätte. Aber unbewusst verband ich Geld eher mit negativen als mit positiven Dingen. Das hatte damit zu tun, dass ich als Sohn eines evangelischen Pfarrers aufgewachsen war. Geld, zumindest sehr viel Geld, war da eher suspekt. Menschen, die nach viel Geld strebten, standen erst einmal in dem Verdacht, ziemlich oberflächlich zu sein. Da dachte ich wie die meisten Intellektuellen.
Mein Vater hatte immer wieder gesagt: „Geld ist wie Klopapier.“ Damit meinte er: Man brauche es zwar, aber es sei nun einmal dreckig. Jedes Jahr zum Fest bekamen wir die „Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens vorgelesen. Sie handelt von dem reichen, enorm geizigen und habgierigen Kaufhausbesitzer Ebenezer Scrooge. In dem Märchen sieht er den Geist seines verstorbenen Geschäftspartners Jacob Marley, der an einer Kette hängt, die mit den Utensilien des Geschäftslebens bestückt ist – Geldkassetten, Portemonnaies und Ähnliches. Marleys Geist erklärt, er habe sich im Laufe seines Geschäftslebens diese Kette selbst geschmiedet. Er weist Scrooge darauf hin, dass dieser wegen seines Geizes und seiner Geldgier nun selbst an einer solchen Kette hänge, die aber bereits um einiges länger geworden sei. Diese Weihnachtsgeschichte, die mein Vater am Heiligabend schon von seinem Vater, ebenfalls ein evangelischer Pfarrer, vorgelesen bekommen hatte, zeigte uns Kindern, wie gefährlich es ist, nach Geld zu streben. Das waren die negativen Prägungen zum Thema Geld und Reichtum, die sich bei mir im Unterbewusstsein eingeprägt hatten, und die letztlich der Grund für meinen traurigen Kontostand waren.
Positiv belegte Werte waren bei uns zu Hause dagegen Bildung, soziales und politisches Engagement, Ehrlichkeit, Freiheit und vor allem der Mut, gegen den Strom zu schwimmen. Auch diese Werte, die mir meine Eltern vermittelten, hatten mich geprägt, und sie prägen mich bis heute. Mein Vater brachte mir bei, wie wichtig es ist, dass man „sich selbst im Spiegel anschauen kann“ und dass man den Mut hat, sich seine eigene Meinung zu bilden, auch wenn man damit alleine steht.
Ich bin sicher, Peter Gauweiler wusste gar nicht, was er bei mir auslöste, als er den Satz sagte: „Querköpfe so wie Sie und ich müssen ordentlich Geld verdienen, um frei unsere Meinung vertreten zu können.“ In dieser Sekunde verbanden sich bei mir die positiv belegten Werte Freiheit und Unabhängigkeit, die mir meine Eltern vermittelt hatten, mit dem – bis dahin negativ belegten – Begriff Reichtum. Ich übersetzte das für mich so: „Du musst also reich werden, dann bist du frei und unabhängig.“
„Geld ekelt mich an“
Soweit meine eigene Geschichte, die ich in meinem neuen Buch erzähle. Ich lernte jedenfalls, dass finanzieller Wohlstand im Kopf entsteht. Wer sagt, Geld sei ihm nicht so wichtig, wird in der Regel auch wenig verdienen. Ein Bekannter von mir – ein Journalist – sagte mir sogar einmal: „Geld ekelt mich an.“ Ich fragte: „Und Sie sind pleite?“ Er war überrascht: „Hm ja, nicht direkt, aber so ähnlich schon.“ Ich erklärte ihm, wenn er sich vor dem Geld ekle, dann ekle sich das Geld eben auch vor ihm.
Leseproben zu Rainer Zitelmanns neuem Buch „Wenn du nicht mehr brennst, starte neu“, finden Sie hier.