À propos Qatar
Die Europawahl ist gelaufen. Die wirtschaftsfreundlichste unter den großen Fraktionen ist am Drücker, die eindeutig demokratischen Parteien dominieren insgesamt im EU-Parlament. Alles in Butter – Jean-Claude Juncker wird Kommissionspräsident. Sollte man meinen.
Die Europawahl ist gelaufen. Die wirtschaftsfreundlichste unter den großen Fraktionen ist am Drücker, die eindeutig demokratischen Parteien dominieren insgesamt im EU-Parlament. Alles in Butter – Jean-Claude Juncker wird Kommissionspräsident. Sollte man meinen.
Nichts ist in Butter. Um Juncker gibt es ein europaweites Gezerre; Rechtsextremisten wollen eine eigene, neue Fraktion gründen. In Deutschland streiten sich die Koalitionspartner wie die Kesselflicker um die Frage, wer das deutsche Mitglied der EU-Kommission benennen darf. Die SPD beharrt auf Martin Schulz, die CDU hält an Günter Oettinger fest. Die Wähler dürfen sich ordentlich hinter die Fichte geführt fühlen. Nur die Euro-Kritiker lächeln auch hierzulande still vor sich hin – sie spüren Rückenwind. Immerhin, am Freitag äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel klar zugunsten Junckers, aber ob das schon die Kritiker in Großbritannien und Skandinavien besänftigt, ist damit noch nicht gesagt.
Wer büßt für die Misere? Der Binnenmarkt. Ihr Geld.
Der DAX hat den für Christi Himmelfahrt angesagten himmlischen Höhenflug über die 10.000-Punkte-Marke wieder einmal verpaßt. Dass inzwischen die internationalen Risiken größer werden, verunsichert zusätzlich. Zwischen China und Vietnam droht ein Krieg um Rohstoffe, in Westafrika ist er – als Glaubenskrieg camoufliert – längst ausgebrochen, auf der rohstoffreichen Arabischen Halbinsel werden die Menschenrechte kaum weniger heftig mit Füßen getreten als mancherorts in Afrika oder Südamerika. Wobei die Nachrichten über zu Tode gekommene Sklavenarbeiter in Qatar vor allem deswegen aufhorchen lassen, weil sich nun auch bei intensivstem Wegschauen nicht mehr verbergen lässt, dass es nicht die klimatischen Bedingunen sind, sondern die Menschenrechte.
Qatar kann keine Fußball-Weltmeisterschaft ausrichten. Und konnte es niemals. Weswegen möglicherweise Geld aus dem Wüstenscheichtum zur Entscheidungs-Fi-Fa-Findung eingesetzt wurde.
À propos Geld aus Qatar. Eine „Scheich-Idee“ der Deutschen Bank wittern die Volksbanken. Sie meinen eine Kapitalerhöhung, die im wesentlichen mit Geld aus ebenjenem Emirat bestritten wird. Da ist wohl jemand neidisch! Scheich Hamad bin Dschassim bin Dschaber al-Thani hat nun mal nicht bei den Volksbanken angefragt, ob er einige Genossenschaftsanteile erwerben dürfte. Die Kritiker der Anzeige sollten überdies die Kirche im Dorf lassen – eine provokante Werbebotschaft ist noch keine Araber-Feindlichkeit.
Und außerdem: Zweifel bleiben. War nicht auch in der letzten Woche am Rande der Jahreshauptversammlung des größten deutschen Geldhauses manch halblaut geäußerte, ernstgemeinte Besorgnis bezüglich der Scheich-Milliarden zu hören?
Womit wir wieder bei der EU wären. Würdeloses Geschacher in Brüssel ist nicht das, was den Euro stützt, was die Märkte stabilisiert, was das Anleger-Vertrauen in die Politik in der Euro-Zone wieder anhebt. Gerade angesichts der wachsenden Kriegsgefahr rund um den Globus müsste aber genau dies oberstes Ziel sein.