Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Agrarrohstoffe: Starke Gewinne mit Softies

Rohstoffinvestments konnten bis zum Jahr 2000 fast ausschließlich über die Terminmärkte vorgenommen werden und waren damit den Profis vorbehalten. Seit einigen Jahren stehen aber auch privaten Investoren diverse bequem handelbare Finanzinstrumente zur Verfügung. Sie erlauben es praktisch jedem, in Schweinebäuche, Sojabohnen, Mais & Co. zu investieren.

BÖRSE am Sonntag

Rohstoffinvestments konnten bis zum Jahr 2000 fast ausschließlich über die Terminmärkte vorgenommen werden und waren damit den Profis vorbehalten. Seit einigen Jahren stehen aber auch privaten Investoren diverse bequem handelbare Finanzinstrumente zur Verfügung. Sie erlauben es praktisch jedem, in Schweinebäuche, Sojabohnen, Mais & Co. zu investieren.

Teure Süßigkeiten

Innovationen, wie beispielsweise die Einführung der Exchange Traded Commodities, haben den Zufluss spekulativen Kapitals enorm gesteigert. Mit entsprechenden Auswirkungen auf die Preise. Dennoch ist das Rohstoffuniversum nach wie vor äußerst komplex und unterscheidet sich aufgrund seiner Besonderheiten, wie beispielsweise dem physischen Warenumschlag, deutlich vom Handel mit Aktien und Anleihen. Im Klartext: Obwohl die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass die Preise für diese Produkte insgesamt weiter steigen, können die Notierungen bei einzelnen Erzeugnissen kurzfristig stark schwanken. So stürzte beispielsweise zuletzt der Baumwollpreis innerhalb weniger Tage um mehr als 30% ab! Und selbst Profis, wie der unter dem Spitznamen „Choc Finger“ berühmt gewordene Spekulant Anthony Ward, der 2010 zeitweise bis zu 7% der weltweiten Kakaoernte aufgekauft hatte, werden hin- und wieder kalt erwischt: Der Kakao-Deal bescherte ihm im letzten Jahr einen Millionenverlust. Doch was macht die Agrarrohstoffe überhaupt so interessant?

Der erste Rohstoffzyklus

Zur Gruppe der Soft Commodities, die im Börsenjargon auch als Softies bezeichnet werden, zählen Agrarrohstoffe wie Zucker, Weizen, Mais, Sojabohnen, Kaffee, aber auch Tierbestände wie beispielsweise Lebendrind (Live Cattle) und unter dem Strich praktisch alle Ausgangsprodukte für unsere täglichen Lebensmittel. In den Anfangsjahren des Rohstoffbooms wurden diese landwirtschaftlichen Produkte von vielen Anlegern vernachlässigt. Im Zentrum der Aufmerksamkeit standen zunächst vor allem die Energieträger sowie Edel- und Industriemetalle. Dies spiegelt sich beispielsweise in der Entwicklung der vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) berechneten Rohstoffindizes wider: So hat sich der durch Energieträger dominierte Benchmark-Index in den Jahren 2001 bis Mitte 2008 rund vervierfacht. Auch die Preise für Industriemetalle (+300%) und für Ausgangsprodukte der Stahlerzeugung (+500%) explodierten in diesem ersten Zyklus regelrecht. Der Hauptgrund für diese Entwicklung war die zunehmende Globalisierung, die im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends stark an Fahrt gewonnen hat: „Der Preisauftrieb entstand hauptsächlich durch neue Nachfrage – aus aufstrebenden Volkswirtschaften, vor allem aus China – und durch Versäumnisse der Rohstoffanbieter, die ihre Produktionskapazitäten angesichts nur geringer Nachfragesteigerungen in den 1990er-Jahren und oft langer Vorlaufzeiten, etwa bei der Erweiterung oder Neuanlage von Bergwerken und der Anpassung der Infrastruktur, nur allmählich an die sich ändernde Nachfrage anpassen konnten“, so das HWWI in einem entsprechenden Bericht aus dem Jahr 2008.

Vernachlässigte Agrargüter

In der allgemeinen Euphorie und dem Wettlauf um so wertvolle Ressourcen wie Öl, Gas, Gold und Kupfer wurde den von den Bauern und landwirtschaftlichen Betrieben produzierten Nahrungsmitteln kaum Beachtung geschenkt. Daher fiel der Anstieg bei den Preisen für Agrargüter im gleichen Zeitraum mit einem Plus von ca. 40% (Subindex in US-Dollar) sehr moderat aus. Schließlich vollzog er sich über einen Zeitraum von sechs Jahren. Das sollte sich aber insbesondere ab der zweiten Hälfte des Jahres 2007 ändern.

Aufstieg des Ährengoldes

Der Aufstieg der bevölkerungsreichen asiatischen Länder und insbesondere die Entstehung einer konsumfreudigen Mittelschicht in China haben die Vorzeichen in der Agrarindustrie für immer verändert. Seit Jahren nehmen die landwirtschaftlichen Nutzflächen weltweit ab, während der Verbrauch exponentiell zunimmt. Der wachsende Wohlstand in Asien hat die Einkommen der Menschen und damit auch das Verlangen nach tierischen Produkten enorm angekurbelt. Mit steigendem Einkommen geben die Menschen weltweit mehr Geld für Proteine, also Fleisch und Milcherzeugnisse, aus. Für die Produktion von Fleisch & Co. werden jedoch überproportional viele pflanzliche Lebensmittel benötigt, weil Schweine und Rinder ein Vielfaches an pflanzlichen Proteinen zu sich nehmen müssen, um an tierischem Protein zuzulegen. Das bedeutet, dass die Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen in China, Indien und vielen anderen Emerging Markets noch schneller wächst als die Einkommen.

Der zweite Rohstoffzyklus

Die Auswirkungen der Globalisierung auf die Soft Commodities wurden im Vergleich mit der Entwicklung in den Bereichen Energieträger und Industriemetalle erst zeitverzögert spürbar: „Bei den Nahrungsmitteln begann der Preisanstieg im Vergleich zu Industrie- und Energierohstoffen erst spät und nur allmählich, beschleunigte sich dann jedoch deutlich“, so das HWWI in dem Bericht weiter. In den letzten Jahren haben die Notierungen in diesem Bereich nun zu einer wahren Aufholjagd angesetzt: „Einige Preise schnellten im vergangenen Jahr regelrecht in die Höhe, z. B. für Weizen (74%) und Mais (87%)“, so die Deutsche Bank in einem aktuellen Research Paper. Dass dies keine Einzelfälle sind, zeigt der Blick auf den von der Deutschen Börse berechneten CX Agriculturals Index (WKN: A0JZKK): Allein in den letzten zwölf Monaten konnte dieser um 60% zulegen! Zum Vergleich: Der alle Rohstoffbereiche umfassende Rogers International Commodity Index schaffte im gleichen Zeitraum „nur“ ein Plus von rund 30%.

Nicht nach der Stecknadel suchen

Im Gegensatz zu den Energieträgern und den Industriemetallen, die stark von der Weltkonjunktur abhängen, werden Nahrungsmittel kontinuierlich benötigt. Allein das Wachstum der Weltbevölkerung und der Zufluss spekulativen Kapitals werden die Preise in diesem Bereich in den nächsten Jahren weiter nach oben treiben. Weil Letztere bei landwirtschaftlichen Produkten jedoch stark durch das kurzfristige Angebot, also die jeweiligen Erntemengen, beeinflusst werden, ergeben sich trotzdem keine stetig steigenden Notierungen. Insgesamt gehen die Analysten daher zwar von weiter steigenden Preisen aus, die Prognosen unterscheiden sich jedoch im Einzelnen. So rechnen die  Analysten von Macquarie bei Baumwolle und bei Weizen mit einer besonders starken Entwicklung nach oben, für Mais und Kaffee beurteilen sie die Aussichten als gut – neutral hingegen für Zucker und zurückhaltend für Kakao. Im Gegensatz dazu sehen die Analysten von Deutsche Bank Research vor allem Chancen bei Mais und Sojabohnen, während sie für Weizen eher pessimistisch sind. Die eingangs beschriebenen Verluste von „Choc Finger“ zeigen, wie schwierig es ist, verlässliche Vorhersagen über die Preisentwicklung einzelner Agrarrohstoffe zu tätigen. Statt der berühmten Nadel sollten Anleger daher lieber den gesamten Heuhaufen erwerben.

Fazit

Die hohen Volatilitäten bei einzelnen Soft Commodities und die komplexen, teilweise wetterabhängigen Angebotsbedingungen machen Investments in einzelne Rohstoffe für Privatanleger zum Glücksspiel. Nicht selten bleibt die Wertentwicklung aufgrund von Rollverlusten zudem hinter der Performance der jeweiligen Benchmark zurück. Privatanleger sollten daher zu Produkten wie beispielsweise dem Market Access Rici-A Index Fund (WKN: A0MMBJ), dem db x-trackers DB Commodity Booster - S&P GSCI Light Energy Euro ETF (WKN DBX0B4) oder dem iShares Dow Jones-Ubs Commodity SwapEX (WKN: A0H072) greifen, die in eine Vielzahl von Rohstoffen gleichzeitig investieren.