Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Airbnb: Marktmacht gegen Kritiker

Der Wohnungsvermittler Airbnb ist für die Hotelbranche und insbesondere den städtischen Wohnungsmarkt eine ernsthafte Konkurrenz geworden. Dementsprechend wächst nun auch der Gegenwind für das Startup: Bürgerentscheide ziehen gegen das Unternehmen zu Felde, die Konkurrenz rüstet auf. Doch der Marktführer hält mit teuren Kampagnen dagegen.

BÖRSE am Sonntag

Der Erfolg von Airbnb scheint in den vergangenen Jahren unaufhörlich zu wachsen. Wie derzeit kaum ein anderes Unternehmen auf der Welt breitet sich der Wohnungsvermittler seit seiner Gründung im Jahr 2008 unaufhörlich in zahlreichen Ländern aus und schreckt die Konkurrenz auf. Insgesamt werden über Airbnb derzeit zwei Millionen Unterkünfte in 34.000 Städten vermittelt, davon 69.000 in Deutschland. Der Marktwert des Unternehmens wird auf 25 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Doch damit soll noch lange nicht Schluss sein. Das Unternehmen setzt weiter auf Expansion. Um weitere Vermieter zu locken, hat Airbnb seinen Kunden nun mehr finanzielle Sicherheit bei der Beherbergung von fremden Gästen in den eigenen vier Wänden zugesichert. Denn insbesondere hier sehen die Strategen des Unternehmens eine Einstiegshürde für Privatvermieter. Aus diesem Grund hat das Startup nun nach den USA auch in 15 weiteren Ländern eine Haftpflichtversicherung für Vermieter eingeführt, darunter neben Deutschland auch China, Spanien, Frankreich oder Kanada. Wer in diesen Ländern künftig vermietet ist bis zu einer Schadenssumme von 800.000 Euro abgesichert, falls ein Besucher sich verletzt oder das Eigentum eines Nachbarn beschädigt. Laut Angaben des Unternehmens profitieren davon derzeit rund eine Million Gastgeber. Zwar wird sich Airbnb die zusätzlichen Kosten über kurz oder lang über die Vermittlungsgebühr wieder herein holen, kurzfristig belastet die Investition jedoch die Kassen des Marktführers.

Doch nicht nur die eigenen Investitionen, auch die Marktlage begünstigt das Wachstum von Airbnb. Zupass kommt dem Unternehmen ausgerechnet die schwächelnde Weltkonjunktur, die insbesondere in den Schwellenländern deutlich zu spüren ist. So hat sich das Russland-Geschäft des Beherbergungsportals seit dem vergangenen Jahr mehr als verdoppelt und wächst damit so schnell wie in kaum einem anderen Land. Für die Russen hat sich die Wohnungsvermietung offenbar als profitabler Nebenverdienst in der aktuellen Rezension erwiesen. Denn waren es zuvor noch eher ganze Appartements, die vermittelt wurden, haben nach Angaben des Unternehmens in den vergangenen Monaten gerade die Vermietungen einzelner Zimmer angezogen.

Millionenschwere Kampagne gegen Kritiker

Doch mit wachsender Größe wird auch der Widerstand immer größer. Vor allem der Hotelbranche ist der unliebsame Konkurrent aus dem Internet ein Dorn im Auge. Sie wirft dem Wohnungsvermittler unlauteren Wettbewerb vor, da von den privaten Vermietern häufig keine Steuern gezahlt würden. Die Vermittlungspraxis von Airbnb war daher schon häufig Gegenstand juristischer Auseinandersetzung. Bisher jedoch nur mit mäßigem Erfolg für die Kläger. Dennoch erhebt der Konzern mittlerweile in zahlreichen Städten in den USA und Europa automatisch eine Bettensteuer von den Kunden.

Ein größeres Problem als von der etablierten Konkurrenz droht Airbnb allerdings derzeit von den Bürgern der Städte, in denen der Wohnungsvermittler tätig ist. Denn im Kampf um günstigen Wohnraum gräbt Airbnb gerade allen anderen Anbietern das Wasser ab und sorgt so für Unmut in der Bevölkerung. Am eigenen Leib zu spüren bekam das Unternehmen das erst jüngst in der Gründungsstadt San Francisco. Am Montag besetzten Dutzende Aktivisten für mehr als eine Stunde die Zentrale des Unternehmens. Grund war ein laufender Bürgerentscheid. In der für ihre teuren Mieten berüchtigten Stadt hat Airbnb mittlerweile knapp 15 Prozent aller freien Häuser und Wohnungen, die bisher auf dem offiziellen Mietmarkt zu finden waren, für sich erobert. Das geht aus Berechnung der Stadtverwaltung hervor. Grund sind schlicht die höheren Einnahmen die durch die Vermietung über Airbnb zu erzielen sind. Zwar existiert in der Stadt eine Obergrenze von 90 Tagen im Jahr, in der die Wohnung an Fremde vermietet werden darf, kontrolliert wird dies jedoch bisher nicht.

Die Unterstützer des Bürgerentscheids „Proposition F“ forderten daher eine bessere Kontrolle seitens der Behörden, eine neue Obergrenze bei 75 Tagen im Jahr sowie eine Meldepflicht für alle Vermieter, die ihre Wohnung über Airbnb oder ähnliche Dienste anbieten wollen. Aufgrund der hohen Signalwirkung auch auf andere Städte setzte Airbnb allerdings alles daran, den Erfolg des Entscheids zu verhindern. Rund acht Millionen Dollar steckte das Unternehmen in eine TV- und Werbekampagne im Sinne der eigenen Interessen. Mit Erfolg: 55 Prozent der abgegebenen Stimmen waren gegen eine Gesetzesänderung. Airbnb darf also auch weiterhin seinen Service nahezu unbegrenzt anbieten.

Die Konkurrenz rüstet nach

Der große Erfolg des Unternehmens besteht insbesondere darin, dass das Startup einen völlig neuen Sektor erschlossen hat, der nahezu unreguliert und noch dazu sehr uneinheitlich ist. Während Städte wie Paris oder San Francisco zwar schwammige, aber immerhin vorhandene Regeln haben, befinden sich beispielsweise New York oder Barcelona noch in der Findungsphase. Andere Städte wie zum Beispiel Moskau kümmern sich wiederum überhaupt nicht um die Thematik. Der Wohnungsvermittler nutzt also gezielt die mangelnden Regelungen im Privatvermietungssektor um die Konkurrenz auszustechen und die eigene Marktmacht zu stärken.

Dass die Strategie eine Zukunft hat, zeigt nicht nur zuletzt die Reaktion der Reisebranche. Erst diese Woche schnappte sich das Online-Reisebüro Expedia den Airbnb-Konkurrenten HomeAway. Preis: 3,9 Milliarden US-Dollar. Angesichts eines schnell wachsenden Marktvolumens von geschätzten 100 Milliarden US-Dollar im Privatvermietungssektor beinahe ein Schnäppchen. Robin Schenkewitz