Aktien: Geht die Rekordjagd weiter?
Die Weltwirtschaft läuft – und entsprechend gut, fast schon euphorisch ist die Stimmung in den Konzernzentralen. Die positive Stimmung unter den Firmenlenkern hebt auch die Laune der Marktteilnehmer bis hin zur Euphorie. In das grundsätzlich positive Sentiment an den Aktienmärkten mischen sich jedoch zunehmend auch mahnende Stimmen, die in den jüngsten Höchstständen die Vorboten nahender Kursrücksetzer oder gar eines Kurseinbruchs sehen.
Die Weltwirtschaft läuft – und entsprechend gut, fast schon euphorisch ist die Stimmung in den Konzernzentralen. Die positive Stimmung unter den Firmenlenkern hebt auch die Laune der Marktteilnehmer bis hin zur Euphorie. In das grundsätzlich positive Sentiment an den Aktienmärkten mischen sich jedoch zunehmend auch mahnende Stimmen, die in den jüngsten Höchstständen die Vorboten nahender Kursrücksetzer oder gar eines Kurseinbruchs sehen.
Von Ulrich Stephan
In den Vereinigten Staaten lag der ISM-Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe im September 2017 mit 60,8 Punkten so hoch wie seit Mai 2004 nicht mehr und in der Eurozone erreichte der Einkaufsmanagerindex für die Industrie zur selben Zeit mit 58,1 Punkten im September ein 79-Monats-Hoch. Das deutet in beiden Wirtschaftsräumen auf ein deutliches Anziehen der ökonomischen Dynamik hin.
Die positive Stimmung unter den Firmenlenkern hebt auch die Laune der Marktteilnehmer: In den USA klettert der Leitindex S&P 500, der die 500 bedeutendsten börsennotierten US-Unternehmen beinhaltet, seit Monaten von Allzeithoch zu Allzeithoch. Auch die Kurse in der Eurozone konnten zuletzt wieder spürbar zulegen. Der deutsche Leitindex DAX knackte zuletzt sogar die bisher unerreichte Marke von 13.000 Punkten.
In das grundsätzlich positive Sentiment an den Aktienmärkten mischen sich jedoch zunehmend auch mahnende Stimmen, die in den jüngsten Höchstständen die Vorboten nahender Kursrücksetzer oder gar eines Einbruchs sehen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass mit den Kursen auch die Bewertungen gestiegen sind: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt auf Basis der Gewinnerwartungen für die kommenden zwölf Monate im breiten europäischen Stoxx 600, der die 600 bedeutendsten börsennotierten Unternehmen Europas listet, bei 14,9 und im S&P 500 bei 17,9. Die Deutsche Bank teilt die Skepsis der Mahner aktuell jedoch nicht. Sie sieht vielmehr weiteres Kurspotenzial in den kommenden 12 Monaten an den Börsen insbesondere in den USA und Europa.
Dafür, dass an den Aktienmärkten noch Luft nach oben besteht, könnte beispielsweise die anstehende Berichtssaison zum dritten Quartal 2017 sprechen. Die Analysten gehen davon aus, dass die Unternehmen nach den beiden bereits sehr guten ersten Quartalen ihre Gewinne weiter steigern dürften – wenngleich mit einer geringeren Dynamik: Für die Konzerne im S&P 500 rechnen sie im Durchschnitt mit einem Plus von 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, für die Unternehmen im breiten europäischen Stoxx 600 mit Steigerungen von 5,5 Prozent. Gleichzeitig erwarten sie auch für das kommende Jahr ein dynamisches Gewinnwachstum: Für 2018 werden in den USA 11,2 Prozent und in Europa 8,5 Prozent prognostiziert. Vor dem Hintergrund der positiven Gewinnerwartungen und eines anhaltenden zyklischen Wirtschaftsaufschwungs scheinen die bereits vergleichsweise hohen Aktienbewertungen daher derzeit gerechtfertigt.
Betrachtet man die Bewertungen auf Sektorenebene, so fällt zudem auf, dass nicht alle Sektoren eine überdurchschnittlich hohe Bewertung aufweisen – so zum Beispiel der Finanzsektor. Das bedeutet: Aktien von Banken sind bei Anlegern aktuell nicht sehr gefragt – trotz guter Geschäftsaussichten. So könnte die Branche etwa von den soliden Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft in Form höherer Kreditvergabe durch anziehende Unternehmensinvestitionen profitieren.
Darüber hinaus dürfte den Erträgen im Finanzsektor der erwartete Anstieg des Zinsniveaus zugutekommen. Denn Banken erwirtschaften einen großen Teil ihres Gewinns durch Fristentransformation – das heißt, sie leihen sich kurzfristig zu relativ niedrigen Zinsen Kapital und verleihen es langfristig zu höheren Zinsen weiter. Steigen die langfristigen Zinsen stärker als die kurzfristigen, steigt in der Regel auch die Nettozinsmarge der Banken. Aktuell scheinen die Analysten noch nicht von einer starken Erholung der Gewinne im Finanzsektor auszugehen – weshalb hier Überraschungspotenzial besteht.
Insgesamt scheinen Aktien für entsprechend risikobereite Anleger nach wie vor ein interessantes Investment darzustellen. Denn wenngleich temporäre Rücksetzer – etwa durch Gewinnmitnahmen – nicht ausgeschlossen werden können, dürften die Börsen in den USA und Europa insbesondere aufgrund der guten Gewinnaussichten der Unternehmen weiteres Kurspotenzial bieten können.
Dr. Ulrich Stephan ist Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.