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Märkte > Interview mit Aya Jaff

„Geld ist mir sehr wichtig“


Hat keinen Bock auf Termine vor 11 Uhr: Techexpertin Aya Jaff (Foto: Sebastian Lock).

Aya Jaff ist Techexpertin und schaffte es auf die „30 under 30“-Liste von Forbes. Hier erzählt sie, wie sie über Geld denkt, warum Deutschland beim Thema KI hinterherhechelt und was ihr bei dem aktuellen Hype Angst macht.

Hand aufs Herz: Wie wichtig ist dir Geld?

Aya Jaff: Geld ist mir sehr wichtig, vor allem, weil ich aus einer Familie komme, die finanziell nicht immer abgesichert war. Ich sehe es als ein Mittel, um Ziele zu erreichen. Trotzdem sind mir Werte wie Selbstbestimmung ebenso wichtig, und ich strebe danach, finanzielle Mittel verantwortungsvoll einzusetzen.
 
Und wie komme ich an Geld?

Aktien haben Potenzial. Anleger:innen müssen es aber schlau angehen und Anfängerfehler vermeiden …
 
… die lauten?

Erstens setzen viele junge Menschen Aktien mit Kryptowährung gleich. Zweitens investiert ein Großteil nicht regelmäßig, sondern sehr willkürlich – das ist nicht gut, weil die Wahrscheinlichkeit steigt, zu einem schlechten Zeitpunkt oder aus emotionalen Gründen einzusteigen. Drittens: Random Einzelwerte kaufen anstelle von ETFs, die das Risiko breiter streuen. Grundsätzlich sollte ein Portfolio immer verschiedene Bausteine enthalten.
 
Du legst dein Geld also eher risikoarm an?

Ja, genau.
 
Will die junge Generation überhaupt reich werden oder lieber eine Vier-Tage-Woche genießen und den Fokus auf die sogenannte Work-Life-Balance legen?

Ich liebe es, dass du diese Frage stellst. Ich unterstütze die Forderung nach einem gerechten Gehalt ohne Überstunden voll und befürworte die Idee einer Vier-Tage-Woche. Es ist wichtig, berufliches Engagement und persönliche Zeit in Einklang zu bringen, um faire Arbeitsbedingungen für alle zu schaffen.
 
Würdest du sagen, dass du reich bist?

Ich habe das Glück, finanziell gut dazustehen, was mir gewissen Annehmlichkeiten und Vorsorge für die Zukunft ermöglicht. Das bedeutet für mich Reichtum – ein Zustand, den ich jedem wünsche.
 
Da du Altersvorsorge ansprichst: Hast du einen Tipp?

So banal es klingt: Viele Menschen, insbesondere Frauen, sollten den ersten großen Schritt machen, indem sie sich mit dem Thema Finanzen seriös beschäftigen – und ich rede nicht von den so gehypten 1.000-Euro-Kursen, die über diverse Plattformen angeboten werden. Es reichen eins, zwei gute Bücher. Und dann rein in ETFs, und zwar kontinuierlich, bestenfalls schon als Teenager mit kleinen Beträgen.

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Lass uns über das Thema KI sprechen. Wo stehen wir in fünf Jahren?

Wir sehen viele coole Start-ups im Bereich KI, aber die meisten werden wohl von den großen GAFAM-Konzernen geschluckt werden. Diesen Trend sehen wir jetzt schon. Neben Daten wird auch Hardware zum entscheidenden Faktor, Beispiel Chiphersteller. Unternehmen, die ein überzeugendes Gesamtpaket aus den genannten Faktoren – Daten und Hardware – schnüren können, werden in Führung gehen. KI kann Arbeitsweisen revolutionieren, ähnlich wie Elektrizität es einst tat, doch es gilt, die sozialen und ethischen Implikationen sorgfältig zu managen.
 
Sind deutsche Unternehmen längst hoffnungslos abgehängt?

Nein, das würde ich nicht sagen. Aber dass wir das 500-Millionen-Investment in Aleph Alpha so krass abgefeiert haben, sagt viel über Deutschland aus. Der Betrag reicht nicht ansatzweise an die Investitionen in den USA ran. Allein in ChatGPT sind bereits 10 Milliarden US-Dollar geflossen. Das zeigt die Größenordnung. Zudem sehe ich einen großen Unterschied bei der Herangehensweise vieler Investor:innenen. In Deutschland will man ganz genau wissen, wohin die Entwicklung führt, in den USA sind Investoren offener und vertrauen stärker auf die Expertise der Gründer:innen. Deshalb kann ich gut nachvollziehen, wenn deutsche Startups ins Ausland abwandern.
 
Das liegt auch an der deutschen Mentalität?

Ja, komplett. Das höre ich auch aus Gespräch mit vielen Gründer:innen heraus. Es ist nicht so, als hätten wie hier in Deutschland keine tollen Köpfe und Ideen, aber Investor:innenen sind skeptischer. Und speziell im KI-Bereich, wo das Tempo zählt, müssen sie eben auch Risiken eingehen.
 
Ein Blick auf die steilen Aktienkurse der KI- und Chipunternehmen. Siehst du die Gefahr einer Blase?

Nein, denn anders als es beispielsweise bei Kryptowährungen, wo ich häufig auf Menschen treffe, die überhaupt keine Ahnung haben, setzen sich viele Menschen – insbesondere Investoren – sehr genau mit den Möglichkeiten von KI auseinander. Die Entwicklungschancen dieser Technologie sind riesig.
 
Wie investierst du an der Börse in die KI-Branche?

Eigentlich fast ausschließlich über ETFs. Ich halte auch ein paar Einzelwerte, aber das sind nur kleine Positionen.
 
Hast du eigentlich ein schlechtes Gewissen, weil Server so viel Strom verbrauchen?

Ich verstehe die Sorgen um den Stromverbrauch von Servern und nehme sie ernst. Für mich ist es wichtig, dass wir die Vorteile von KI nutzen, ohne unsere Nachhaltigkeitsziele aus den Augen zu verlieren. Ich setze mich für Lösungen ein, die sowohl fortschrittlich als auch umweltbewusst sind, und achte dabei auf faire Arbeitsbedingungen und den verantwortungsvollen Einsatz von KI. Es geht um das Gleichgewicht zwischen Technologie und unserem Planeten. Die Art und Weise, wie KI teilweise trainiert wird, macht mir sehr große Sorgen. Was viele nicht wissen: Aus Kostengründen werden oftmals Menschen aus dem globalen Süden engagiert, und zwar zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Und dazu kommt, dass wir die Einsatzfelder von KI kaum kontrollieren.
 
Macht dir das Angst?

Ja, tatsächlich macht es mir Sorgen. Wir sprechen zwar oft über die potenziell negativen Auswirkungen von KI, aber es fehlt an internationalen Regelungen, um diese wirklich einzudämmen. Diese Lücke in der Gesetzgebung und das langsame Tempo bei der Entwicklung von Richtlinien, die mit dem rasanten Fortschritt der KI-Technologie Schritt halten, bereiten mir ernsthafte Bedenken. Es ist diese Unsicherheit und das Fehlen eines klaren Rahmens für den verantwortungsvollen Umgang mit KI, die mir Angst machen.

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