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America first, Germany last? So müssen wir mit der neuen Weltordnung umgehen

„America first, Germany last?“ lautete der Titel des Transatlantik-Panels (Foto: Ludwig-Erhard-Gipfel).

Mit Donald Trumps zweiter Amtszeit ist eine neue Weltordnung eingeläutet. Doch wie kann Deutschland mit einem Präsidenten umgehen, der Selbstverständliches im Tagestakt in Frage stellt?

Von Christoph Sackmann

Die Welt ist mit Donald Trump als US-Präsidenten nicht mehr die gleiche wie zuvor. Da sind sich fast alle auf dem Transatlantik-Panel des Ludwig-Erhard-Gipfels am Tegernsee einig. „Es wird kein Zurück mehr geben“, sagt etwa Karl-Theodor zu Guttenberg, ehemaliger Bundesminister und heute Chairman der Unternehmensberatung Spitzberg Partners. „Wir waren von den USA immer begeistert – und jetzt reißen sie Schritt für Schritt alles ein, was sie besonders gemacht hat“, sagt Marcus Berret, Global Managing Director der Unternehmensberatung Roland Berger. Abkapselung ist das Stichwort der Stunde. Wenn die USA protektionistisch auftreten wollten, dann müsse das Europa ihnen gegenüber auch machen. „Deutschland darf nicht allein im Weißen Haus erscheinen, sondern Europa muss seinen Standpunkt dort gemeinsam vertreten“, sagt zu Guttenberg.

Dabei ist Deutschland noch in vielen Dingen wirtschaftlich von den USA abhängig. Dass merken jetzt besonders die Unternehmen, die sich nach europäischen Alternativen zu US-Produkten umsehen. „Es wird kein europäisches Google mehr geben“, sagt zu Guttenberg. Das müsse es aber auch gar nicht, da sind sich die Panelisten einig. „Aus Europa kommen noch immer so viele Patente, wir können locker noch in das KI-Rennen einsteigen“, sagt der ehemalige Minister.

Dass Europa und besonders Deutschland bisher hinterherhinken, hat für die Experten viel mit dem Stichwort „Mindset“, der Einstellung, zu tun. Zu risikoscheu seien wir, besonders wenn es darum ginge, innovative Konzepte für einen Massenmarkt auszubreiten. „Der externe Schock durch Trump war vielleicht genau, was wir brauchten, und was die Entwicklung in Deutschland jetzt beschleunigen wir“, sagt Berret.

Wie das gehen könnte, verdeutlicht Patrick Trutwein aus dem Vorstand der Deutschen Industriebank IKB. Sein Institut hat früher bei Krediten den Unternehmen auch oft Coaches zur Seite gestellt. Heute geht es noch einen Schritt weiter. Trutwein erklärt das am Beispiel künstlicher Intelligenz: „Wir statten damit mittlerweile nicht nur das Unternehmen aus, sondern bezahlen auch den Mitarbeitern private Abos von Chat-GPT oder anderen KI.“ Die Logik dahinter: „Wer KI zu Hause privat nutzt, der arbeitet damit auch im Büro eher.“ Trutwein sieht das als eine Maßnahme, eben jenes Mindset gegenüber neuen Technologien zu verändern.

Mit dem richtigen Mindset steigt dann auch die Produktivität wieder. Die habe zuletzt stark gelitten, sagt Berret: „Wir haben in Deutschland einige Schwächen über die Jahre angesammelt. Wir sind auf 1300 Arbeitsstunden hinabgefallen, in den USA sind es 1850. Wir sind auch weniger produktiv als Arbeitnehmer in den USA.“ Wie wichtig Produktivität ist, weiß Trutwein aus der Praxis: „So ich das sehe, geht es den Unternehmen am besten, die am meisten in Produktivität investieren. Dann sind sie nicht vom politischen Alltag so stark beeinflusst.“

Die USA seien dabei aber nur ein Gegner auf der weltpolitischen Ebene: „Die wichtigste Aufgabe, China, müssen wir zusammen angehen“, sagt David Knower, Vorsitzender der Republicans Overseas, der im Panel die Interessen der USA vertritt. Zu Guttenberg schränkt etwas ein: „Ich sehe China nicht als Gegner, sondern als Konkurrent. Den könnten wir zusammen in Schach halten, aber dazu brauchen wir einen anderen Ton aus dem Weißen Haus.“

Einig sind sich alle vier, dass Deutschland und Europa viel mehr leisten könnte als es derzeit tue: „Wir müssen uns zusammenreißen und den schlafenden Riesen in Europa wecken“, sagt Berret. Den ersten Schritt sehen sie dabei in den deutschen Sondervermögen gemacht: „Wir haben dadurch heute Möglichkeiten, an die wir vor ein paar Monaten noch gar nicht gedacht haben. Wir können unsere eigenen Stärken jetzt also ausbauen.“

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