Bringt das Börsenjahr 2016 den Crash?
Die Vorzeichen sehen beunruhigend aus. Doch ist es nur ein Wetterleuchten der Indizes oder schlägt der Blitz bald an den Börsen ein? Volker Stache von der Prometheus Vermögensmanagement Management GmbH und Rainer Beckmann von der Ficon Börsebius GmbH in Düsseldorf wagen den Blick in die Börsenzukunft, die in der sprichwörtlichen Glaskugel zu sehen sein soll, und kommen zu unterschiedlichen Prognosen: pro und contra Crash 2016.

Die Vorzeichen sehen beunruhigend aus. Doch ist es nur ein Wetterleuchten der Indizes oder schlägt der Blitz schon sehr bald heftig an den Börsen ein? Volker Stache von der Prometheus Vermögensmanagement Management GmbH und Rainer Beckmann, Ficon Börsebius GmbH in Düsseldorf wagen den Blick in die dunklen Wolken – und kommen zu sehr unterschiedlichen Prognosen: pro und contra Crash 2016.
Rainer Beckmann: Wem es in der Küche zu heißt ist...
Was wir in den ersten Wochen an Kursrückschlägen an den Börsen erlebt haben, ist die Volatilität, die derzeit in den Aktienmärkten steckt. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Wer deshalb das Aktienjahr 2016 abschreibt, negiert die Grundregeln der Börse: Long und short wechseln sich stetig ab, dabei übertreibt die Börse immer. Wem es in der Küche zu heißt ist, stellt sich auch nicht als Koch an den Herd.
Dabei sind die Voraussetzungen, dass am (Jahres)Ende aus der Börsenküche 2016 ein schmackhaftes Gericht herauskommt, nach wie vor gegeben. Die Notenbanken schaufeln immer wieder frische Ware in die Küche. Das ist ein Garant für unverändert extrem niedrige Zinsen und damit positive Impulse für die Aktien. Nach wie vor gilt der historische Spruch Mario Draghis: „what ever it takes“. Und auch die amerikanische Notenbank wird ihren Weg der Leitzinserhöhungen sofort stoppen, wenn sie merkt, dass die amerikanische Wirtschaft stottert. Das ist so sicher wie Donald Trumps Sprüche im Vorwahlkampf der US-Präsidentenwahl.
Und China? Ja, hier gibt es Probleme. Gleichzeitig sind Reformen eingeleitet und die chinesische Staatsführung verfügt noch über ein reichhaltiges Arsenal an Küchenbesteck, um die Märkte zu bearbeiten. Auch hat der Westen ein Wahrnehmungsproblem: Chinesische Funktionäre denken in Generationen, die Börse in Tagen. Schafft China das von allen Seiten ersehnte „soft landing“, wird dies ein wesentlicher Garant für eine Beendigung der schwachen Aktienmärkte rund um den Globus sein.
In einer Küche geht es immer hin und her. Auch an der Börse werden immer wieder neue Tiefs getestet wie derzeit beim Ölpreis. Doch wo Kurse fallen, gibt es im gleichen Moment Chancen. So wirkt der niedrige Ölpreis wie ein Konjunkturprogramm zur Ankurbelung des Binnenkonsums. Wer weniger fürs Tanken und fürs Heizöl ausgeben muss, kann sich neue Waren kaufen oder in diesem Jahr größer verreisen. Kräftig angestiegenen Dividendenrenditen von derzeit rund 3,5 Prozent sowohl für die DAX Werte als auch für die Index Werte in den USA und der Schweiz werden früher oder später die vorhandene Liquidität anziehen wie Käse die Mäuse.
Fazit: Werden die Aktienkurse in 2016 ab sofort nur noch steigen? Nein, es bleibt heiß in der Küche. Wird es ein gutes Börsenjahr? Davon bin ich überzeugt. In jedem Fall wird uns ein spannendes Börsengericht serviert. Das hat auch schon einen Wert an sich.
Volker Stache: Schluss mit lustig!
Ziehen Sie sich in diesem Jahr warm an. Der Mix aus weltweit ausufernder Verschuldung – seit 2007 immerhin plus etwa 40 Prozent – in Kombination mit langfristig wirkungslosen Maßnahmen der Zentralbanken wird sich am Ende zur Deflation und damit zum Crash bei Aktien und Renten entwickeln. Der verkorkste Börsenstart 2016 war nur der Anfang.
Billige Geldströme, also die „Drogen“, sollen den weltweiten Konsum und die Investitionsbereitschaft ankurbeln. Das ist nur zum Teil gelungen. Sobald die Wirkung der „Drogen“ nachlässt, brechen alle Dämme – siehe unter anderem China – und nur neue Hilfspakete und „frische Drogen“ können die Märkte beruhigen. Ich bin gespannt, in wessen Büchern sich die Kredite der schwächelnden Ölindustrie und der wankenden Rohstoffriesen Russland, Brasilien, Nigeria, Mexiko oder der US-Fracking-Unternehmen am Ende wiederfinden werden. Als 2007 die Immobilienblase in den USA geplatzt ist, gerieten auch überraschend viele deutsche Banken in Schieflage. Deutschland als größter Profiteur der „Droge“ wird unter einer weltweiten Abschwächung der Wirtschaft am meisten zu leiden haben.
Die in den letzten Jahren erzielten Wachstumsraten sind ausschließlich auf die Wirkung des billigen Geldes zurück zu führen. Ob alle Investitionen gut waren, oder ob hier vieles nur auf tönernen Füßen steht, wird sich noch herausstellen. Zudem hat die Welt aus 2007/2008 nichts gelernt und keine Schuldentilgung betrieben. Eine wirkliche Lösung können nur Schuldentilgungsprogramme und Schuldenschnitte darstellen. Beides sind keine Wachstumsprogramme. Aber sie schaffen eine Basis, auf der wir wieder ehrlich und nachhaltig nach vorne schauen können.
Ob uns diese nicht sehr schönen Zutaten die Suppe schon 2016 oder erst 2017 versalzen, kann ich schwer sagen. Aber ein sofortiges Ende dieses weltweiten „Drogenkartells“ erscheint mir sinnvoller, als an falschen Lösungswegen festzuhalten. Irgendwann ist halt jede Party einmal vorbei.