Bundeswehr-Professor Masala: Wehrpflicht wird wiederkommen

Verteidigungsexperte Carlo Masala sieht auf die Regierung Merz die Einführung einer Wehrpflicht zukommen.
Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr, hat auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel eingefordert „das Schlimmste zu denken“. Weder auf den Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine noch auf die Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sei man hierzulande vorbereitet gewesen, sagte der Militärexperte auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee der Weimer Media Group. Co-Veranstalter des ersten Konferenztages ist die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw). Dass der Teil für Verteidigungspolitik im Koalitionsvertrag von Union und SPD nun kürzer als der für Kulturpolitik sei, sei erneut nicht die richtige Positionierung, sagte Masala im Gespräch mit Peter Tauber, ehemals Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium. In der beeindruckenden Präambel des Vertrags sei gleich zu Beginn von einer Bedrohungslage die Rede, als Antwort darauf werde dann aber zunächst die Wirtschafts- und Sozialpolitik erläutert. Erst ganz am Ende des Vertrages käme die Verteidigungspolitik. „Das ist die falsche Prioritätensetzung.“ Die Verteidigungspolitik der neuen Regierung bezeichnete Masala insgesamt als „ambitionslos“.
Mit Blick auf die großen Personallücken bei der Bundeswehr sprach Masala von einem „enttäuschenden Formelkompromiss“. Schon jetzt klafft eine Lücke zwischen Ist- und Sollstärke der Truppe. Mit den im Zuge neuer Nato-Mandate werde die Sollstärke wahrscheinlich auf 240.000 wachsen, sagte Masala. Aktuell verfügt die Bundeswehl über rund 181.000 Soldaten. So viele Anreize könne man gar nicht liefern, um diese Lücke mit Freiwilligen zu schließen, warnte der Bundeswehrprofessor. Er ist überzeugt: „Wir werden in dieser Koalition eine wie auch immer geartete Form der Wehrpflicht wieder einführen.“ Bis zum Ende der Legislaturperiode glaubt Masala sogar an „eine Diskussion über die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht“.
Damit Deutschland kriegsfähig werde, „muss die Regierung das als Regierungsprojekt verstehen“. Dafür brauche es eine Zusammenarbeit über Ministerien hinweg. „Wenn ich am Truppenübungsplatz eine bedrohte Schneckenart finde, kommt das Umweltministerium ins Spiel“, sagte Masala – nicht direkt spezialisiert auf Verteidigungsthemen. Er schlägt beispielsweise vor, einen Unterausschuss für Verteidigung zu gründen, in dem Vertreter aller Ministerien sitzen.
Am Ende helfe jedoch aller politischer Wille nicht, wenn die Gesellschaft das Projekt „Verteidigungsfähigkeit“ nicht unterstütze. „Wir müssen den Willen der Demokratie zur Selbstbehauptung wieder entdecken“, forderte Masala.