China im Jahr des Drachen: Das Ende einer Ära?
<br />In der kommenden Woche feiern die Chinesen den Eintritt in ein neues Jahr. Passend zum wirtschaftlichen Umfeld endet das Jahr des Hasen und 2012 steht fortan im Zeichen des Drachen. Letzterer steht unter anderem für Kraft, Glück, Wohlstand und Visionen. All dies können die Chinesen gut gebrauchen. Das Land steht vor gewaltigen Herausforderungen. <br /><br />Bereits 2011 musste sich das Reich der Mitte von zweistelligen Raten beim Wirtschaftswachstum verabschieden. Nach 9,2% im abgelaufenen Jahr dürfte der Wert in diesem Jahr auf etwas mehr als 8% sinken. Nicht wenige Analysten, beispielsweise Nomura, rechnen sogar mit einem Wert unter 8%. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Kurzfristig eröffnen sich aber auch Chancen.
In der kommenden Woche feiern die Chinesen den Eintritt in ein neues Jahr. Passend zum wirtschaftlichen Umfeld endet das Jahr des Hasen und 2012 steht fortan im Zeichen des Drachen. Letzterer steht unter anderem für Kraft, Glück, Wohlstand und Visionen. All dies können die Chinesen gut gebrauchen. Das Land steht vor gewaltigen Herausforderungen.
Bereits 2011 musste sich das Reich der Mitte von zweistelligen Raten beim Wirtschaftswachstum verabschieden. Nach 9,2% im abgelaufenen Jahr dürfte der Wert in diesem Jahr auf etwas mehr als 8% sinken. Nicht wenige Analysten, beispielsweise Nomura, rechnen sogar mit einem Wert unter 8%. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Kurzfristig eröffnen sich aber auch Chancen.
Aktienmärkte im Sinkflug
Eine aktuelle Studie der Beratungsgesellschaft Roland Berger legt die strukturellen und demografischen Probleme im Reich der Mitte schonungslos offen. Bereits der Titel der Studie „The End Of The China Cycle?“ macht unmissverständlich deutlich, dass das Land an einem historischen Scheidepunkt angelangt ist: Aufgrund stark steigender Löhne und Herstellungskosten hat das Land seinen Titel als weltweit günstigster Produktionsstandort bereits seit einiger Zeit verloren. Die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen, in der Vergangenheit einer der wichtigsten Treiber des Wachstums, nehmen ab und die Bevölkerung altert rasant. Obendrein steckt der wichtige Immobiliensektor seit Längerem in der Krise. Weil fast 10% des Wirtschaftswachstums vom Bau abhängen, sind die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft enorm. Die Aktienmärkte des Riesenreichs haben dieser Entwicklung bereits Tribut gezollt.
Bewertung auf historischen Tiefstständen
Im vergangenen Jahr gaben die beiden wichtigsten Indizes, der Shanghai Composite und der CSI 300 um mehr als 20% nach. Unter den weltweit wichtigsten Barometern zählen sie damit zu den schwächsten weltweit. Zusätzliches Gewicht erhalten diese Zahlen vor dem Hintergrund, dass chinesische Aktien im internationalen Vergleich schon 2010 deutlich zurückgeblieben waren: Im Jahr 2010 hatte der MSCI China gerade einmal ein mageres Plus von 2,6% geschafft. Zum Vergleich: Der MSCI Emerging Markets erreichte im gleichen Zeitraum eine Rendite von 11,7%. Im Zuge der anhaltenden Verluste bewegen sich die Indizes mittlerweile wieder nahe ihren historischen Bewertungstiefstständen. Beim Hang Seng ist mit einem KGV von 9 das Niveau des SARS-Seuchen-Jahrs 2003 erreicht und der CSI 300 weist mit einem KGV von 12,5 einen mehrjährigen Tiefststand auf.
Kurzfristig geht es weiter abwärts
Indes scheint auf dem aktuellen Niveau bereits einiges an negativen Erwartungen eskomptiert. Oder anders ausgedrückt: Die Marktteilnehmer haben das Szenario eines „Hard Landing“ für die chinesische Volkswirtschaft vorweggenommen. Eine harte Landung würde jedoch bedeuten, dass die Wachstumsraten in diesem und im nächsten Jahr deutlich unter den oben genannten Prognosen von 8% + X liegen und auch die Steigerungsraten bei den Unternehmensgewinnen deutlich niedriger ausfallen als in der jüngeren Vergangenheit. Tatsächlich ist der chinesische Außenhandelsüberschuss 2011 um rund 12% auf rund 160 Mrd. US-Dollar – den niedrigsten Wert seit 2005 – zurückgegangen. Der chinesische Handelsminister Chen Deming sprach kürzlich von düsteren Aussichten für den chinesischen Export. Bezogen hat er sich dabei allerdings lediglich auf die erste Jahreshälfte 2012.
Gelingt Peking der Turnaround?
Tatsächlich war die Abkühlung der Wirtschaft durch die Regierung des Landes bewusst herbeigeführt worden. Neben einer Überhitzung sollte vor allem die Inflation eingedämmt werden. Dieses Ziel wurde zwischenzeitlich erreicht: „Da die Inflation nachgelassen hat, hat die Regierung in der Zukunft mehr Raum für eine Feinabstimmung seiner makroökonomischen Politik“, so der Wirtschaftsforscher Zhang Xiaojing von der Akademie der Sozialwissenschaften der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Um die Konjunktur in dem nun auch weltwirtschaftlich eingetrübten Umfeld nicht abzuwürgen, hat Peking bereits Gegenmaßnahmen ergriffen: Ende November hatte die Zentralbank die Reservesätze der Banken gesenkt. Das bedeutet, dass diese für Kredite weniger Geld hinterlegen müssen und damit wieder mehr Mittel vergeben können. Dies dürfte nicht die letzte Maßnahme in dieser Richtung gewesen sein. Da es einige Monate dauert, bis diese Maßnahmen ihre Wirkung entfalten, lässt sich die Äußerung des Handelsministers auch auf eine gesteuerte Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte deuten. Die größte chinesische Investmentbank China International Capital Corporation (CICC) teilte nach Bekanntgabe der Maßnahme der Zentralbank mit, dass sie die Aussichten für chinesische Aktien nun deutlich positiver beurteilt. Die Schweizer UBS geht für dieses Jahr nunmehr sogar von einem Aufwärtspotenzial von bis zu 30% für den Shanghai Composite Index aus.
Die Konsumwelle reiten
Kurzfristig orientierten Anleger bietet sich auf dem aktuellen Niveau daher möglicherweise eine attraktive Kaufgelegenheit. Gut gemanagte Fonds oder ETFs auf die großen Indizes sind hierbei erste Wahl. Interessant sind insbesondere die Konsumwerte. Denn das Reich der Mitte soll sich in den kommenden Jahren nach dem Willen der Volkspartei von einer Exportnation zu einer Konsumgesellschaft wandeln. Auf diese Weise will man sich einerseits unabhängiger von der lahmenden Weltkonjunktur machen, andererseits ist es aber auch das erklärte Ziel der Politiker, den Lebensstandard der Masse der Bevölkerung spürbar zu verbessern und diese an dem Aufstieg des Landes teilhaben zu lassen: „Der Wohlstand soll gleichmäßiger verteilt, der Binnenkonsum ausgeweitet und das soziale Sicherungsnetz verbessert werden“, so Joseph Tse, Fondsmanager bei Fidelity. Wer gezielt auf diese Titel setzen möchte, kann dies beispielsweise mit dem Fidelity China Consumer Fund (WKN: A1JH3J) realisieren. Dessen Manager Raymond Ma ist überzeugt davon, dass der chinesische Aktienmarkt die Märkte in den USA und Europa aufgrund des robusteren Wachstums schlagen wird.
Spagat auf dem Immobilienmarkt
Zur Steigerung des Lebensstandards gehört für die vielen Wanderarbeiter und Landflüchtlinge auch der Erwerb einer eigenen Wohnung. Infolgedessen erlebte der Immobilienmarkt des Landes in der jüngeren Vergangenheit einen exorbitanten Boom, der sich in einigen Regionen zu einer handfesten Blase ausgewachsen hat. Laut Deutsche Bank Research stiegen die Hauspreise im Jahr 2010 im Durchschnitt um 18% und im Jahr 2009 um 25%. In einigen Städten lag der Wert sogar bei 34% pro Jahr. Diesen Übertreibungen hat die Regierung in den letzten Monaten mit Erfolg entgegengewirkt: Die Preise für neue Wohnungen fielen im Dezember laut einer aktuellen Mitteilung der Statistikbehörde den dritten Monat in Folge. Es wird jedoch auch weiterhin großes Fingerspitzengefühl seitens der Behörden notwendig sein, um den schmalen Grad zwischen einer Einbremsung und einem handfesten Immobiliencrash zu bewältigen. Anleger sollten den Sektor daher unbedingt meiden.
Fazit
Lange Jahre hoch gehandelt, stehen bei vielen Anlegern derzeit mit Blick auf China die Risiken im Vordergrund. Doch nachdem die Inflation sinkt, dürfte sich der Fokus der Regierung stärker auf das Wachstum richten. Gelingt es, die Konjunktur anzuschieben und kommt gleichzeitig auch die US-Wirtschaft wieder in Fahrt, könnte der chinesische Aktienmarkt im Jahr des Drachen vor einer kräftigen Erholungsrally stehen. Weil die Bewertungen auf langjährigen Tiefs rangieren, bietet sich mutigen Anlegern in den kommenden Monaten eine interessante Gelegenheit. Langfristig orientierte Anleger sollten sich hingegen weiter zurückhalten und lediglich kleinere Positionen im Konsumbereich zur Depotbeimischung in Betracht ziehen.