China: nachlassende Wachstumsdynamik
Wenn in China der sprichwörtliche Sack Reis umfällt, juckt dies in der Regel niemand. Kippt die Wirtschaft des Landes, sieht es schon anders aus, schließlich gilt das Land als Wachstumsmotor der globalen Konjunktur und ist auf einem guten Weg in diesem Jahr, Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt abzulösen. Läuft es daher nicht rund im Reich der Mitte, hat dies auch globale Folgen.
Nachdem es in dieser Beziehung zuletzt einige Befürchtungen gab, wurden daher die Konjunkturdaten am vergangenen Donnerstag mit Spannung erwartet. Sie zeigten, dass die chinesische Wirtschaft weiterhin kräftig expandiert und von einem Umkippen derzeit nicht die Rede sein kann. Allerdings hat die Dynamik nachgelassen. So war die Industrieproduktion im Juni „nur“ noch um 13,7% zum Vorjahr gewachsen, nach 16,5% im Mai. Und auch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat sich im zweiten Quartal mit 10,3% weniger stark ausgedehnt als im ersten Jahresviertel mit 11,9%. Im ersten Halbjahr insgesamt lag das Wachstum mit 11,1% jedoch deutlich über dem Ziel der Regierung von 8% für das Gesamtjahr. Verantwortlich für die nachlassende Dynamik im zweiten Quartal dürften vor allem die Maßnahmen der Regierung gewesen sein, mit denen sie eine Überhitzung der Wirtschaft vermeiden wollte, beispielsweise durch eine beschränkte Kreditvergabe. Dies fruchtete und die Führung in Peking zeigte sich insgesamt zufrieden.
Die Investoren scheinen indes skeptisch, wie die chinesischen Aktienindizes implizieren, die jüngst nach der Erholung aus der Vorwoche wieder nachgaben. Bereits seit Monaten zeigt die Tendenz abwärts. Einige Kursbarometer sind seit Jahresbeginn um mehr als 25% gesunken, gehören damit zu den schlechtesten weltweit. Womöglich wird die für die nächsten Monate erwartete weitere Abschwächung des Wirtschaftswachstums eingepreist. Unsicherheit herrscht darüber, wie stark die Regierung im zweiten Halbjahr auf die Wachstumsbremse treten wird. Zudem läuft das milliardenschwere Konjunkturprogramm aus.