Das 1x1 der Zertifikate: die wichtigsten Typen im Überblick
Unter dem Strich haben Zertifikate von der Finanzkrise wahrscheinlich sogar profitiert. Übertreibungen wurden abgebaut und die Transparenz verbessert. In den letzten 12 Monaten hat sich deshalb nicht nur das Zertifikatevolumen wieder deutlich erholt, auch die Performance der Produkte stimmt. Höchste Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen.
Wie aus der aktuellen Scope-Studie zum 1. Halbjahr 2010 „Strukturierte Anlagezertifikate“ hervorgeht, konnten Zertifikate in allen Produktkategorien eine bessere Performance als ihre Basiswerte erreichen. Dieser Erfolg spiegelt sich auch im Marktvolumen wider. Das ausstehende Volumen stieg nach Angaben des Deutschen Derivate Verband (DDV) im Mai auf den höchsten Stand seit dem Ausbruch der Finanzkrise und liegt mit 106,5 Mrd. Euro deutlich über dem Tiefstand vom März 2009 (79,5 Mrd. Euro). Für das Jahresende wird laut der Scope-Studie wieder ein Wert erwartet, der über dem liegt, der im September 2008, dem Monat der Lehman-Insolvenz, verzeichnet wurde.
Gestärkt aus der Krise
Auch die Einführung der Abgeltungsteuer hat der Branche letztlich mehr genutzt als geschadet. Denn die alte, 12-monatige Spekulationsfrist spielt nun keine Rolle mehr. Mit der Folge, dass jetzt Produkte mit sehr kurzen Laufzeiten attraktiv werden: Hier sorgt der überproportionale Zeitwertabbau der Optionskomponente am Laufzeitende für einen zusätzlichen Kick. Für Garantiezertifikate, die nach der neuen Gesetzgebung nun wie alle anderen Anlagevehikel und nicht mehr als Finanzinnovation behandelt werden, haben sich die Rahmenbedingungen ebenfalls verbessert. Die im folgenden dargestellten Zertifikattypen gehören daher nicht nur innerhalb ihrer Anlageklasse zu den Gewinnern der Krise, sondern dürften in den nächsten Jahren auch weiter zulegen können.
Sicherheit steht hoch im Kurs
Bei den Garantiezertifikaten und Anleihezertifikaten, die inzwischen mehr als die Hälfte des Marktes beherrschen, reicht das Spektrum von den derzeit in großer Zahl aufgelegten reinen Zins-Papieren bis hin zu kapitalgarantierten Partizipations-Produkten. Alle haben jedoch eines gemeinsam: Der Kapitaleinsatz - oder ein großer Teil davon - ist garantiert. Allerdings greift dieser Schutzmechanismus erst zum Ende der Laufzeit. Bei einem vorzeitigen Verkauf sind Verluste möglich. Als Preis für die Garantie muss der Investor in Kauf nehmen, dass die Gewinnchancen im Vergleich zum Direktinvestment begrenzt sind. Gerade bei diesen Produkten ist es zudem wichtig zu verstehen, dass es sich um ein Garantieversprechen durch den Emittenten handelt. Für den Fall einer Pleite des begebenden Instituts ist trotz Garantie ein Totalverlust möglich.
Index-/Partizipations-Zertifikate
Die Papiere bieten die Möglichkeit, an der Entwicklung eines Basiswertes zu partizipieren. Mit nur einem Zertifikat kann der Anleger so bequem und kostengünstig in eine ganze Assetklasse, eine bestimmte Branche oder eine Region investieren. Beziehen sich die Papiere auf einen Index, sind Zertifikate auf Performance-Indizes, welche Dividendenzahlungen mit einbeziehen und solche auf einen Kurs-Index zu unterscheiden. Zudem ist auf die Höhe des Partizipationsfaktors zu achten.
Bonuszertifikate
Zu den beliebtesten Produkten gehören die sogenannten Bonuspapiere. Letztere bilden die Entwicklung einzelner Aktien oder Indizes nicht nur unbegrenzt ab, sondern gewähren zusätzlich einen Risikopuffer. Dieser verfällt erst, wenn der Basiswert unter ein bestimmtes Sicherheitslevel fällt. Geschieht dies nicht, kann der Anleger trotz rückläufigen oder seitwärts laufenden Underlyings eine attraktive Prämie vereinnahmen. Zum Ausgleich muss auf die Dividenden verzichtet werden. Diese werden zur Finanzierung der Absicherung bzw. der Bonuszahlung herangezogen. Daher gilt: Je höher die Dividende(n) des Underlyings, desto attraktiver die Bonuszahlung.
Discount-Zertifikate
Der Käufer erwirbt hier das Recht, am Ende der Laufzeit den Gegenwert des Basiswertes, z.B. einer Aktie, zu verlangen, der jedoch auf einen Maximalbetrag (Cap) begrenzt ist. Im Vergleich zum direkten Kauf einer Aktie erhält der Anleger beim Erwerb von Discount-Zertifikaten einen Preisabschlag, den sogenannten Discount. Die Höhe des eingeräumten Rabatts hängt dabei maßgeblich von der Volatilität des Underlyings und dem Cap ab. Auf diese Weise kann der Investor auch dann einen Gewinn erzielen, wenn sich der Basiswert gar nicht bewegt oder sogar leicht fällt. Der Discounter setzt sich aus zwei einzelnen Komponenten zusammen. Einerseits aus einer Aktie, die der Anleger (theoretisch) kauft, andererseits aus einem Call mit einem Basispreis in Höhe des Caps, den der Anleger (theoretisch) verkauft. Diese Kombination erwirbt der Anleger mit dem Kauf eines Discount-Zertifikates in einem einzigen Wertpapier. Gestützt von der hohen Volatilität stiegen die Emissionszahlen bei den Discountern in der ersten Jahreshälfte deutlich an.
Die Variante für Zocker
Mit kleinen Einsätzen ein großes Rad drehen und dabei nicht mehr als den Einsatz verlieren können: Diesen Spagat schaffen Hebelpapiere. Wie letztere Bezeichnung andeutet, verfügen diese hochspekulativen Produkte über einen Hebel, der die überproportionale Partizipation an steigenden (Long) und fallenden (Short) Kursen ermöglicht. So werden beispielsweise alle Gewinne des Basiswerts mit einem vorab definierten Faktor z.B. 10, 20 oder mehr multipliziert. Bei einer Verletzung der Knock-out-Schwelle kommt es in der Regel zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Im Gegensatz zu Optionsscheinen und anderen Zertifikattypen hat die Volatilität nahezu keinen Einfluss auf die Kursentwicklung dieser Papiere.
Schnell rein und schnell wieder raus
Wie der Name der Papiere bereits erwarten lässt, geht es bei den Express-Produkten um Schnelligkeit. Die Mechanik der Papiere soll dafür sorgen, dass der Anleger sein investiertes Geld zuzüglich einer definierten Rendite möglichst schnell zurückerhält. Damit die Kapitalbindungsdauer allerdings so kurz wie möglich ausfällt, muss eine Voraussetzung erfüllt werden: Der zugrunde liegende Basiswert muss an einem von mehreren Beobachtungsterminen auf oder über seinem Startniveau notieren, die in der Regel im jährlichen Abstand auftreten. Ist dies der Fall, endet die Laufzeit sofort vorzeitig, und der Anleger bekommt sein investiertes Kapital plus die vereinbarte Bonuszahlung bar ausbezahlt. Darüber hinaus sind die Papiere mit einem Risikopuffer ausgestattet. Letzterer ist ebenfalls an einer Barriere geknüpft. Wird auch diese durchbrochen, muss der Anleger die Verluste des Basiswertes 1:1 tragen.
Die Outperformer
Outperformance- und Sprint-Zertifikate profitieren von den Kursgewinnen des Basiswertes überproportional. Kursverluste schlagen sich dagegen lediglich im Verhältnis eins zu eins im Kurs des Zertifikats nieder. Der Unterschied zwischen Outperformance- und Sprint-Zertifikaten liegt in der Laufzeit, dem Hebel sowie in einem Cap. Letzterer sorgt bei den Sprintern für einen im Vergleich höheren Partizipationsfaktor und/oder einer kürzeren Laufzeit.
Fazit
Zertifikate erlauben es dem Anleger, auf eine Vielzahl an Assetklassen und ein seiner Markterwartung entsprechendes Auszahlungsprofil zu setzen. Diese Flexibilität auf der einen und die spesengünstige Umsetzung auf der anderen Seite dürften auch in Zukunft einen messbaren Mehrwert liefern.