Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Das Comeback der Anleihe

Die Zinswende macht es möglich. Anleihen sind wieder eine echte Alternative zu Aktien. Wie die Schuldtitel funktionieren und wie Sie als Privatanleger investieren können. Ein Überblick.

(Foto: Vintage Tone / Shutterstock)

Die Zinswende macht es möglich. Anleihen sind wieder eine echte Alternative zu Aktien. Wie die Schuldtitel funktionieren und wie Sie als Privatanleger investieren können. Ein Überblick.

Inflationsraten von zwischenzeitlich mehr als zehn Prozent haben die Währungshüter dies- und jenseits des Atlantiks dazu gezwungen ihre ultralockere Geldpolitik der Vorjahre aufzugeben. Die Zinsspanne in den USA liegt aktuell zwischen fünf und 5,25 Prozent, der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) bei vier Prozent. Das eröffnet Anlegern nach Jahren der Niedrig- und Nullzinsen unverhofft neue Möglichkeiten bei der Geldanlage. Die Aktie ist nicht mehr alternativlos. Ganz im Gegenteil: auf einmal sind Zinseinnahmen von über vier Prozent per annum auch mit Unternehmensbonds wieder zu haben, darunter die der Dax-Schwergewichte Bayer und Continental. Für Privatanleger darüber hinaus besonders erfreulich: Firmen geben seit Beginn des Jahres wieder mehr Anleihen mit geringen Mindestanlagesummen von 1.000 Euro aus. Auch hier sind Bayer und Continental Beispiele, aber auch die Porsche Automobil Holding.

Anleger können mit Anleihen wieder Geld verdienen. Aber wie genau funktionieren Bonds eigentlich? Welche gibt es, wo liegen die Chancen, welche Risiken gilt es zu achten und wie investiert man überhaupt richtig?

Die Anleihe

Anleihen sind Schuldverschreibungen, die Unternehmen oder Regierungen ausgeben, um Kapital aufzunehmen. Im Kern verhält es sich so: Mit dem Kauf einer Anleihe leiht der Käufer dem jeweiligen Anleihe-Emittenten Geld. Dieser verpflichtet sich im Gegenzug zu regelmäßigen Zinszahlungen, welche auf dem Nominalwert der Anleihe basieren. Die Höhe dieses festgeschriebenen Zinssatzes entspricht dem sogenannten Anleihe-Kupon. Der Nominalwert bildet die Grundlage der Verzinsung und stellt den Betrag dar, den der Käufer am Ende der Laufzeit auch wieder zurückerhält. Die Laufzeit einer Anleihe variiert von wenigen Monaten bis hin zu mehreren Jahrzehnten. Je länger die Laufzeit, desto höher normalerweise der Zins. Aber auch die Bonität des Emittenten beeinflusst den Kupon. Bei Unternehmen mit hoher Kreditwürdigkeit ist dieser beispielsweise niedriger, da das Ausfallrisiko, also die Möglichkeit, dass der Schuldner das geliehene Geld nicht zurückzahlen kann, gering ist. Häufig trifft das bei Unternehmensanleihen auf große, multinationale und auf dem Markt etablierte Konzerne zu. Bei Staatsanleihen auf Staaten mit soliden Staatsfinanzen und beispielsweise hohem Steueraufkommen. Die Bonität einer Anleihe bestimmen sogenannte Ratingagenturen, darunter Standard & Poor’s, Fitch und Moody’s. Das bestmögliche Rating ist dabei AAA. Anleger sollten darauf achten, dass eine Anleihe ein Rating von mindestens BBB, im Optimalfall besser, hat. Auch hier gilt aber: nicht blind auf ein Rating verlassen, auch Ratingagenturen machen Fehler. Einfließen in die Bewertung einer Anleihe sollt es aber in jedem Fall.

Anleihen bieten im Unterschied zur Aktie ein vergleichsweise vorhersehbares Einkommen und eine definierte Rückzahlung. Wer eine Anleihe bis zur Fälligkeit hält, bekommt neben den festen jährlichen Zinszahlungen auch den Nominalwert zurück. Damit entfällt in weiten Teilen das Kursrisiko, das beispielsweise eine Dividendenaktie, die ebenfalls jährliche Ausschüttungen bietet, hat. Aber Vorsicht: Auch eine Anleihe hat einen Kurs, der über die Laufzeit hinweg stark schwanken kann. Auch wer eine Anleihe bis zur Fälligkeit hält, beeinflusst je nach Kaufzeitpunkt seine Rendite.

Der Anleihe-Kurs

Der Kurs, oder auch Preis, einer Anleihe hängt von Angebot und Nachfrage ab, darüber hinaus aber auch vom aktuellen Zinsniveau und der Bonität des Emittenten. Wenn das Zinsniveau steigt, sinkt normalerweise der Preis von bestehenden Anleihen, da neu ausgegebene Anleihen höhere Zinsen bieten und somit attraktiver sind. Sinkt die Nachfrage nach einer Anleihe, sinkt ihr Kurs ebenfalls. Im Vergleich zur Aktie hat dies aber eine steigende Rendite zur Folge. Denn Käufer können die Anleihe nun günstiger, unter Nominalwert, kaufen, erhalten am Ende der Laufzeit aber den vollen Nominalwert zurück. Wer eine Anleihe andersherum über Nominalwert kauft und bis zum Laufzeitende hält, macht Verlust in Höhe der Differenz zum Nominalwert. Die Rendite einer Anleihe bemisst sich am Ende also nicht nur aus den Zinsen, sondern zusätzlich aus der Differenz aus Einkaufs- und Rückzahlungskurs. Abweichungen zum Nominalwert können bereits bei Ausgabe vorhanden sein, größere Abweichungen entstehen in der Regel bei bereits laufenden Bonds. Was für Aktien gilt, gilt also auch für Anleihen: Anleger sollten stets genau hinsehen.

Das Anleihe-Investment

Privatanleger können Anleihen einzeln über die Börse kaufen oder gebündelt über einen Fonds. Hier gilt ähnliches wie bei der Aktienanlage: Wer breit, beispielsweise über ETFs, die bestimmte Anleihe-Indizes abbilden, investiert, streut sein Risiko. Wer hingegen nur in wenige Einzel-Anleihen investiert, hat immer auch das Risiko eines Totalverlustes zu tragen, sollte ein Emittent in die Pleite rutschen. Klar ist aber auch: wer Anleihen großer Konzerne mit sehr gutem Rating für eine kurze Laufzeit kauft, dessen Risiko scheint überschaubar. Bei Anleihe-Fonds gibt es überdies auch Risiken, denn diese orientieren sich in der Regel an bestimmten Faktoren, wie beispielsweise dem Rating oder der Laufzeit. Je nach Marktlage müssen die Fonds Änderungen im Portfolio vornehmen, womöglich auch Anleihen unter Nominalwert zukaufen. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass ein Anleihefonds ins Minus rutscht.

Grundsätzlich gilt: Anleihen eignen sich, um das Portfolio auszudifferenzieren und weniger schwankungsanfällig zu machen. Und aktuell bekommt man ansehnliche Renditen obendrein. Vorsicht ist hinsichtlich möglicher Währungsrisiken geboten. US-Anleihen bieten aufgrund des höheren Leitzinses in den USA aktuell höhere Kupons. Aber wertet der US-Dollar im Vergleich zum Euro ab, machen Anleger in Euro einen Verlust. Als Maßgabe insgesamt sinnvoll: Bei außerordentlich hoch wirkenden Kupons, hat die Sache, salopp formuliert, in aller Regel einen Haken. 

OG

Lesen Sie auch: Ist das Europas beste Versicherungsaktie?