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Das Olympische Prinzip

Dabeisein ist alles – das ist das olympische Prinzip. Fast perfekt scheint es in Sotschi 2014 gelungen, eine gedopte Biathletin mal nicht eingerechnet. Olympia ist großartig, die Big Player der Sportartikelbranche können sich präsentieren, Wladimir Putin erscheint gar nicht so grimmig wie sonst.

BÖRSE am Sonntag

Dabeisein ist alles – das ist das olympische Prinzip. Fast perfekt scheint es in Sotschi 2014 gelungen, eine gedopte Biathletin mal nicht eingerechnet. Olympia ist großartig, die Big Player der Sportartikelbranche können sich präsentieren, Wladimir Putin erscheint gar nicht so grimmig wie sonst, Gazprom ist ein freundliches Unternehmen – und auf die prächtige Schlußzeremonie am heutigen Abend dürfen wir uns freuen. Wir alle sind dabei. Hoch lebe Olympia!

Dabeisein ist alles. Auch „bei Facebook“ – so dachten wir bisher. Die junge Generation machte da zunehmend weniger mit. Diese Nutzer hat sich Facebook jetzt wiedergeholt. Umgerechnet 14 Milliarden Euro zahlte Jung-Tycoon Zuckerberg für ein Unternehmen, das 55 Angestellte hat und keinen Gewinn ausweist. So what! Oder doch: WhatsApp? Die Daten, die wir produzieren, werden immer transparenter, immer leichter verfügbar, in Sekundenbruchteilen zu Handelsware konvertierbar. Dabei sein ist alles – aber anders als bei Olympia ist es hier keine Frage mehr, wer gewinnt. Das Gold häuft sich milliardenschwer, und immer an derselben Stelle. Immer bei Facebook.

Gold ist überhaupt ein gutes Thema in diesen Tagen, denn am Rohstoffmarkt deutet sich für dieses Edelmetall eine gewisse Renaissance an. Es ist unser Rohstoff der Woche. Und golden glänzen die Sieg in Sotschi. Aber da war doch noch etwas, das die olympische Idee in der Antike ausmachte? Da gab es doch – lang, lang ist’s her – eine Vorbedingung, dass die Spiele stattfinden durften? Irritiert blicken wir in HD-tauglichen Flachbildschirm, denn die Übertragung der Hochglanzspiele wird kurz unterbrochen. Maschinengewehrfeuer, zuckende Körper, sterbende Menschen. WhatsApp in Kiew? Krieg! Nur durch eine Ländergrenze von Sotschi getrennt. Und plötzlich fährt es uns in die Glieder wie eine Extrafusion mit Eigenblut: Frieden! Das war einmal das Olympische Prinzip.

Was sind die Spiele von Sotschi, wenn kein Frieden herrscht? Adidas, Nike und die anderen großen Spieler in der Sportartikelbranche müssen sich das fragen lassen. Zumal der neuzeitliche Zar, der in Moskau, dem „dritten Rom“, residiert, allzu deutlich die antiken Vorbilder zitiert: panem et circenses. Fast ganz vergessen ist, dass vor nur gerade einmal sechs Jahren die Stadt Sotschi eine Grenzstadt zu Georgien war, bis das Russland des neuen Zaren die Georgier mit Waffengewalt von der kaukasischen Riviera abräumen ließ. Putin hat ernst gemacht. Dass Gazprom nicht mit sich spaßen lässt, wussten wir ohnehin.

Und nun ist also Olympia. Die Georgier sind mit einer Mannschaft über die neue Grenze zu den Spielen nach Sotschi gereist. Sie haben zur Eröffnung ihre Fahne gezeigt, fünf Kreuze auf weißem Grund. Millionenfach wurde es gepostet, bei WhatsApp – pardon, bei Facebook. Es lebe der Olympische Geist!