DAX und Dow: wieder in Rekordhoch-Laune!
Ungeachtet der jüngsten geopolitischen Turbulenzen geht es an den Börsen weiter bergauf. DAX und Dow scheinen sich bereits auf dem Weg in Richtung ihrer Anfang des Jahres aufgestellten Rekordhochs zu befinden. Die heftigen Verluste aus den Monaten Februar und März könnten bald wettgemacht sein. Dabei sind die Risiken nicht verschwunden. Wie kann das sein?
Ungeachtet der jüngsten geopolitischen Turbulenzen geht es an den Börsen weiter bergauf. DAX und Dow scheinen sich bereits auf dem Weg in Richtung ihrer Anfang des Jahres aufgestellten Rekordhochs zu befinden. Die heftigen Verluste aus den Monaten Februar und März könnten sehr bald wettgemacht sein. Dabei sind die Risiken nicht verschwunden. Wie kann das sein?
Seit seinem Tief bei 11.787 Punkten Ende März hat der Dax innerhalb von zwei Monaten nun schon mehr als zehn Prozent zugelegt und ist damit wieder an die 13.000-Punkte-Marke herangeklettert. Zwischenzeitlich hatte er sie mit 13.169 Punkten sogar schon einmal für ein paar Tage überschritten. Das Rekordhoch bei 13.559 Punkten aus dem Januar des laufenden Jahres scheint nicht mehr allzu weit entfernt.
Die Angst vor dem großen Crash dagegen anscheinend schon. Zwar zeigt sich Deutschlands Leitindex weiter schwankungsanfälliger als im vergangenen Jahr und wird von seinen Anlegern immer wieder mal abrupt um hundert Punkte oder mehr gen Süden geschickt, doch alles in allem präsentiert sich das Aktienbarometer im Gewand eines relativ stabilen Aufwärtstrends. Gerade deshalb, da politische Entscheidungen, wie die von Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran aufzukündigen oder die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen zwar Unruhe in die Weltpolitik bringen, offensichtlich aber nicht an den Finanzmarkt. Auch seine überraschende Absage des geplanten Treffens mit Nordkoreas Machthaber Kim-Jong-un hinterließ an den Börsen kaum Spuren. Geringen Verlusten am Donnerstag folgten am Freitag bereits wieder teils deutliche Gewinne.
Mit 2.727 Punkten ist so auch der S&P 500 nicht mehr weit von seinem Rekordhoch bei 2.872 Zählern entfernt. Auch der Dow Jones tastet sich an seinen Rekordstand aus dem Januar heran. Seit Ende März hat der US-Leitindex sechs Prozent zugelegt, steht damit bei 24.811 Punkten. So ist die Lücke zum Rekordhoch bei 26.616 Punkten freilich noch etwas größer als die beim Dax, aus den Augen ist die Marke aber nicht.
Bleibt die Frage, wie auf einmal all der Optimismus an die Märkte zurückgekehrt ist. Einer der Hauptgründe dürfte die Annäherung zwischen den USA und China mit Blick auf den von Donald Trump provozierten Handelsstreit sein. Inzwischen scheinen die sachliche Debatte und der gemeinsame Dialog den Drang zur massiven Drohung mit milliardenschweren Strafzöllen ersetzt zu haben. Eine für beide Seiten akzeptable Lösung scheint wieder im Bereich des Möglichen, der global gefürchtete Handelskrieg zwischen den beiden Großmächten ist wohl erst einmal abgewendet. Konkrete Verhandlungsergebnisse gibt es bis dato aber keine. So scheint zwar eine Eskalation des Streits vorerst abgewendet, der Streit an sich aber existiert weiterhin.
Wie er ausgeht bleibt nach wie vor ungewiss. Investoren allerdings haben wohl bereits Annährung und Deeskalation gereicht, um am Aktienmarkt wieder zuzugreifen. Hinzu kommt, dass einige Anleger nach den Abschlägen im März und Februar womöglich günstige Einstiegsgelegenheiten sahen. Vor allem wohl auch, da ein Großteil der börsennotierten Konzerne dies- und jenseits des Atlantiks einmal mehr mit Rekordergebnissen überzeugte. Und in Zeiten nach wie vor niedriger Zinsen, will man eine mögliche Börsenrally freilich nicht verpassen.
Die für den Leitzins verantwortlichen Notenbanken sind es darüber hinaus, die den Märkten zuletzt ihre Sicherheit zurückgaben. So habe sich etwa die FED in dieser Woche ein Hintertürchen offen gehalten, auch bei überschießender Inflation keinen allzu hastigen Zinsanhebungskurs einschlagen zu wollen, schreibt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB im Euro-Raum mit dem Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik weiter voranschreite sei mit den politischen Wirren in Italien wieder gesunken. Überhaupt stehe die Eurozone ohne gemeinsame Ideen da, wie es wirtschaftlich weitergehen soll. „Diese – wie es die EZB im Protokoll der letzten Sitzung formulierte – „erhöhte Unsicherheit“ wird durch ein hohes Maß an Liquidität zugedeckt.“, so Stanzl.
Wirtschaftspolitisch ungelöste Probleme werden also einfach mit Geld und noch mehr Geld überflutet, Verwerfungen am Finanzmarkt blieben jedoch aus. Aus rein pragmatischen Gründen gebe es damit einen positiven Ausblick für Aktien, schreibt Stanzl. Sein nüchternes Fazit: „Aktien bleiben einfach attraktiv.“ Gleichzeitig warnt er aber auch vor einem verzerrten Gesamteindruck, der besser wirke, als er eigentlich sei: „Firmen, die längst pleite wären, machen weiter, während Anleger, die in normalen Phasen mit dann höheren Zinsen wahrscheinlich längst in Anleihen umgeschichtet hätten, weiter Aktien kaufen.“
In diesem Zyklus dürfte die größte Gefahr bestehen. Ob nun das Wachstum von Unternehmen, Staaten oder des Börsenwerts, vieles ist nicht nur in Europa, sondern weltweit auf Pump finanziert. Der an den Börsen wieder freundlichere Trend ist damit ein wackeliger. Das Risiko eines größeren Crashs ist nicht kleiner geworden und ganz bestimmt nicht verschwunden. Das allerdings heißt nicht, dass Dax und Dow nicht noch in diesem Jahr zu ihren Rekordständen zurückkehren können. Einflussfaktoren gibt es derzeit viele, und fast alle können sich jederzeit in die positive oder negative Richtung entwickeln. Klare Kurstreiber lassen sich kaum feststellen. Oliver Götz