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Deutschlands Cyberabwehr wächst

Die Panelteilnehmer diskutierten, ob und wie Deutschland die Sicherheitswende schafft (Foto: Ludwig-Erhard-Gipfel).

Nach der Zeiten- kommt jetzt die Sicherheitswende. Deutschlands Freiheit muss immer mehr auch am Computer verteidigt werden. An Fachkräften mangelt es zumindest in der Digitalabwehr nicht.

Von Christoph Sackmann

Heimatschutz ist heute etwas anderes als zu Zeiten des Kalten Krieges. Das weiß kaum einer besser als Generalmajor Andreas Henne. Er ist bei der Bundeswehr als Kommandeur eben für den Heimatschutz verantwortlich. Seit 2019 baut er ihn mit auf, aus einem Regiment in Bayern sind mittlerweile sechs bundesweit geworden. „Wir haben den Schuss gehört“, sagt er bei einer Podiumsdiskussion auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee, moderiert von Berater Oliver Roloffs. Hennes Hauptaufgabe ist, dafür zu sorgen, dass im Ernstfall die Truppen der Nato durch Deutschland hindurch marschieren können. „Da geht es um eine Anzahl Personen in der Größe von Frankfurt am Main“, sagt er. Die brauchen Fahrbahnen, Unterkünfte, Verpflegung, Strom, möglicherweise auch medizinische Hilfe.

Wenngleich dieser Ernstfall noch nicht eingetreten ist – und hoffentlich nie wird – so muss Hennes Abteilung auch in diesen Zeiten schon aktiv werden. Nachdem Russland die Ukraine überfallen hatte, begann die Bundeswehr, ukrainische Soldaten in Deutschland auszubilden. „Da flogen oft Drohnen in merkwürdigen Mustern übers Gelände“, erinnert sich Henne. Gemeinsam mit der Polizei wurden die von Russen gesteuerten Fluggeräte ausgeschaltet und die in der Nähe sitzenden „Piloten“ festgenommen.

Die Anekdote zeigt, dass sich Kriegsführung im 21. Jahrhundert stark verändert hat. „Wir haben auch eine digitale Zeitenwende“, sagt Claudia Plattner, Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Ihr Amt ist dafür zuständig, Cyberbedrohungen für deutsche Firmen ausfindig zu machen und diese bei der Abwehr zu beraten. „Das eine sind die Soldaten an der Front“, sagt sie, „aber irgendwer muss auch dafür sorgen, dass dahinter noch Strom fließt, Bahnen fahren und Krankenhäuser arbeiten können.“

Diese kritische Infrastruktur muss aber nicht nur digital, sondern auch ganz altmodisch physisch geschützt werden. Das wird immer schwieriger. „Wir müssen uns an den Fachkräftemangel anpassen“, sagt Ernst Steuger, Geschäftsführer der Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft. Sein Unternehmen investiert deswegen schon seit Jahren in die Entwicklung von Wachrobotern, die mittlerweile zumindest einfache Aufgaben übernehmen können. An Weiterentwicklungen, wie etwa humanoiden Robotern, führt für ihn kein Weg vorbei.

Damit diese funktionieren, braucht es ein gutes Internet – sowohl per Breitband als auch mobil. Doch in internationalen Statistiken hinkt Deutschland hier deutlich hinterher. „Die Netze sind in einem schlechten Zustand“, sagt Hagen Rickmann, Geschäftsführer Firmenkunden bei Vodafone Deutschland. Neben der Verfügbarkeit und Geschwindigkeit beunruhigt ihn auch die Sicherheitsarchitektur. „Wir haben einen hohen Sicherheitsstandard, aber wir sind technologisch sehr vom Ausland abhängig.“

Er sieht es deswegen als wichtige Aufgabe der neuen Bundesregierung, eine Strategie zu entwickeln, in welchen Bereichen Deutschland künftig eigene Produkte entwickeln wolle. Die müsse dann stringent durchgezogen werden, damit die Unternehmen jahrelange Planungssicherheit haben. „In den USA treibt das Militär die Chip-Entwicklung, in China die Zentralregierung“, sagt er – hier müssten ebenfalls entsprechende Langzeit-Szenarien festgezurrt werden.

„Wir werden morgen kein eigenes Betriebssystem, 5G, Satellitensysteme und KI haben, um diese Abhängigkeiten zu beenden“, sagt Plattner, nur: „Wichtig ist, dass wir einen strategischen Plan haben, wo wir hinwollen.“ Am Ende ist allerdings immer noch Personal nötig, dass für die Cyberabwehr arbeitet. Im zivilen Bereich gibt es keine Probleme trotz Fachkräftemangel. „Wir können uns über einen Mangel an Bewerbungen nicht beschweren“, sagt Plattner. Auch Rickmann ist für Vodafone optimistisch. „Fachleute finden Sie an den Universitäten, aber denen müssen Sie auch etwas bieten, damit Sie die Leute kriegen“, sagt er. Gerade deswegen seien jetzt Investitionen so wichtig.

Für die Bundeswehr sieht sich Henne durch die geplante Einführung einer freiwilligen Wehrpflicht gut aufgestellt. „Da schauen wir jetzt mal, wie weit wir damit kommen.“ Dass die Freiwilligen am Ende an die Front müssten, glaubt er nicht. „Wir sehen jetzt im Ukraine-Krieg schon, dass sich kaum noch Soldaten gegenüberstehen“, erklärt er. „Keiner unserer Gegner wird vor autonomen Systemen zurückschrecken, die den finalen Schuss machen. Dem können wir nicht Soldaten entgegensetzen.“ Sondern Technik.

 

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