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Der Fondsmarkt ist in Bewegung

Auch der Fondsmarkt wurde durch die Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen: Die Zahl der Fonds-Anleger war 2009 seit Jahren erstmals wieder rückläufig. Weil passive Indexprodukte gleichzeitig boomen, beginnen sich die Gewichte zu verschieben - auch geographisch.

BÖRSE am Sonntag

Wie aus einer kürzlich veröffentlichen Studie hervorgeht, hat die Finanzkrise die Zahl der Fonds-Anleger in Deutschland erstmals seit Jahren wieder sinken lassen. Insgesamt hatten nur noch rund 15 Millionen Anleger im Jahr 2009 Fondsprodukte in ihren Depots. Dies entspricht einem Rückgang um rund einer Million Anleger gegenüber 2008, teilte der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) mit.

Dies ist der erste Rückgang seit dem Ende der New-Economy-Krise im Jahr 2003. Angesichts der gewaltigen Verwerfungen, die die Finanzkrise an den Märkten ausgelöst hat, ist die Enttäuschung der Anleger allerdings nachvollziehbar. Besonders bedauerlich ist aber, dass viele Anleger den Fonds just in dem Moment den Rücken gekehrt haben, als es wieder aufwärts ging.

Beliebte Aktienfonds

Schließlich stecken die Deutschen ihr Vermögen laut BVI vorwiegend in Aktienfonds. Über 60% der Fondsbesitzer haben diese in ihren Depots. Und konnten dadurch sogar überproportional von der Erholung profitieren: So lag die durchschnittliche Performance der Aktienfonds mit Schwerpunkt Deutschland mit einem Plus von 27,3% deutlich über der des DAX (23,8%). Und auch ihre europäischen Pendants konnten die Benchmarks signifikant outperformen: Europaweit investierende Aktienfonds zogen im vergangenen Jahr um 29,9% an, der DJ STOXX 50 und der DJ EURO STOXX 50 konnten dagegen lediglich um 24,9% bzw. 21,0% zulegen.

Depots werden internationaler

Auch wenn sich die Entscheidung vieler Anleger zum Rückzug aus Aktienanlagen aus heutiger Sicht als teurer Fehler erweist, gab es 2009 nicht nur negative Entwicklungen. Nachdem der erste Schock überwunden war, richteten viele Anleger ihr Augenmerk auf die Möglichkeiten, die sich im Gefolge der heftigen Turbulenzen fast zwangsläufig eröffneten: „Die Investoren blicken wieder nach vorn und suchen nach neuen Chancen und Wachstumsmärkten“, so Hendrik Hollweg, Geschäftsführer bei Ernst & Young. Das Erfreuliche ist nun, dass immer mehr Anleger dabei ihren traditionellen Heimatfokus aufgeben und stattdessen häufiger zu Produkten mit internationalem Schwerpunkt oder Schwellenländer-Fokus greifen. Das lässt sich beispielsweise an den Mittelzuflüssen der Investmentfonds zeigen: „Was Fonds angeht, werden Aktionäre immer internationaler. Der Anteil rein deutscher Fonds geht dagegen zurück“, so Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut.

Über 100% Rendite in 12 Monaten

Unterstützt wird dieser Trend durch den Siegeszug der Exchange Traded Funds (ETFs): Ihre Zuflüsse stiegen in Europa im vergangenen Jahr, laut „2009 Review und 2010 Outlook“ der Deutschen Bank, um sage und schreibe 46%. Unter dem Strich wuchs das von passiven Fonds verwaltete Vermögen in Europa damit um gut 50 Mrd. Euro. Dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr: Zusehends wird nämlich deutlich, dass es nur wenigen aktiven Fondsmanagern gelingt, ihren Vergleichsindex dauerhaft zu schlagen. Trotzdem sind die Gebühren für aktive Fonds aber deutlich höher als für ETFs. Letztere ermöglichen mithin die einfache und besonders spesengünstige Partizipation an einer Vielzahl von Indizes und Branchen. Auch lässt sich das Vermögen mit diesen Bausteinen spielend leicht über verschiedene Assetklassen und Regionen streuen und damit das Chance- Risiko-Verhältnis nachweislich optimieren. Mit einigen Produkten ließen sich in den letzten Monaten über 100% Rendite erwirtschaften: Zu den erfolgreichsten Produkten zählen ETFs auf den russischen Markt (WKN DBX1RC oder WKN A0MU3V), Papiere auf türkische Aktien (z.B. WKN A0LEW5 oder WKN A0MSJG) oder auf brasilianische Werte (beispielsweise WKN A0HG2M oder WKN DBX1MR). Für das laufende Jahr dürfte sich der Wachstumstrend der ETFs fortsetzen: Die Analysten der Deutschen Bank rechnen für Europa mit einem Anstieg des verwalteten Vermögens um 25%, auf dann 185 Mrd. Euro.

Turnaround-Spekulation

Andererseits ist auch nicht alles, was in einer hübschen Verpackung auf den Markt kommt, ein Erfolg. So ist der Absturz der Private- Equity-ETFs selbst unter den Trendprodukten am Markt für Indexfonds beispiellos: Trotz einer kräftigen Erholung im Jahr 2009 notiert der S&P Listed Private Equity Index, der die Entwicklung der 30 größten börsennotierten Beteiligungsunternehmen abbildet, samt seinem Gegenstück auf ETF-Seite (iShares S&P Listed Private Equity (WKN A0MSAF), noch immer knapp 50% unter seinem Hoch aus dem Jahr 2007. Weil der Index lediglich ein Spiegelbild der Talfahrt der Branche ist, ist es um die ETFs der Konkurrenz nicht besser bestellt. Getreu dem Motto „des einen Leid ist des anderen Freud“ bietet sich spekulativ eingestellten Anlegern damit aber auch die Möglichkeit zu einer interessanten Turnaround-Spekulation: Für das laufende Jahr rechnen die Experten wieder mit einem Anstieg der Transaktionen und einer Konsolidierung aufseiten der Private-Equity-Häuser. Ein anderer ehemaliger Shooting-Star konnte sich trotz schlechter Presse bereits wieder in die Herzen der Anleger vorarbeiten.

Die zwei Seiten der Immobilienfonds

Zahlreiche offene Immobilienfonds waren im Zuge der Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten. Aufgrund massiver Mittelabflüsse mussten Ende Oktober 2008 mehrere Fonds die Anteilsrücknahme einstellen. Bei einigen Fonds kommen Anleger bis heute nicht an ihr Geld. Für eine Produktklasse, die mit der Kombination aus Sicherheit und Liquidität warb, hätte dies eigentlich das Aus bedeuten müssen. Doch es kam völlig anders. Obwohl im vergangenen Oktober zwei weitere offene Immobilienfonds die Rücknahme einstellen mussten, erlebte die Branche einen regelrechten Boom: Im Verlauf des vergangenen Jahres verzeichneten alle offenen Immobilienfonds zusammen (Stand 11/2009) Nettomittelzuflüsse von 2,6 Mrd. Euro. Allerdings profitierte davon nur ein kleiner Teil der Anbieter, während der Rest weiter mit Abflüssen kämpft. Diese gegenläufige Entwicklung dürfte sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Gerade ältere Fonds haben laut einer im September 2009 veröffentlichen Untersuchung von Scope Analysis zahlreiche Objekte im Bestand, deren Mietverträge kurzfristig auslaufen und sehr wahrscheinlich nur zu schlechteren Konditionen neu vermietet werden können. Zum anderen können jene Vehikel, die momentan hohe Mittelzuflüsse erzielen, zusätzliche Objekte zu besseren Konditionen erwerben. Die Anleger sollten daher laut Scope neben der Liquiditätsausstattung auch die Altersstruktur des Immobilienbestands im Auge haben.

Anleger fliehen aus Geldmarktfonds

Ein anderer Liebling der heimischen Anleger gerät dagegen immer weiter in die Krise. Weil einige Produkte sogenannte Asset-Backed- Securities (ABS) beimischten, die im Zuge der Finanzkrise rapide an Wert verloren, mussten diese zeitweise Verluste von bis zu 37% ausweisen. In der Folge zogen die Anleger Milliarden aus den Witwen- und Waisen-Papieren ab. Seitdem kämpft die Branche nicht nur gegen den Imageverlust, sondern muss sich auch einer wachsenden Konkurrenz durch Indexfonds erwehren. Schuld daran sind die im Verhältnis zur Rendite viel zu hohen Kosten der aktiven Produkte.

Nachhaltiger Trend

Ein umfassender Trend im Fondsuniversum sind nachhaltige Investments. Von dieser Welle können sowohl herkömmliche Produkte als auch Indexfonds profitieren. So sind nach Informationen des Sustainable Business Institute (SBI) in diesem Segment allein in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres 19 Fonds mit einem Volumen von ca. 300 Mio. Euro neu aufgelegt worden: 11 Aktien-, zwei Dach-, drei Misch- und zwei Rentenfonds sowie ein ETF. Und auch das Volumen wächst kräftig: Wurden im Jahr 2000 in Deutschland nur rund fünf Mrd. Euro nachhaltig angelegt, so waren es 2009 im gesamten deutschsprachigen Raum bereits knapp 30 Mrd. Euro.