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„Die Wahrscheinlichkeit für eine Krise hat sich erhöht“

JP-Morgan Analyst Marko Kolanovic sieht einen Sturm aufziehen und warnt Anleger vor den kommenden sechs bis zwölf Monaten. Es gebe vieles, das am Markt aktuell schief gehen könne und von Investoren viel zu wenig ernst genommen werde, schreibt der Top-Banker.

(Foto: orhan akkurt / Shutterstock)

JP-Morgan Analyst Marko Kolanovic sieht einen Sturm aufziehen und warnt Anleger vor den kommenden sechs bis zwölf Monaten. Es gebe vieles, das am Markt aktuell schief gehen könne und von Investoren viel zu wenig ernst genommen werde, schreibt der Top-Banker.

Der Dax bewegt sich in der Nähe seines Rekordhochs seitwärts. Nasdaq und S&P500 klettern und könnten bald ein neues aufstellen. Die Börsen dies- und jenseits des Atlantiks beherrscht seit Wochen ein recht friedliches Sommerloch. Die Kursgewinne aus dem ersten Halbjahr können bislang gehalten werden, je nach Ergebnislage macht sich bei manch Aktie Vorsicht breit. Doch große Kursverluste gibt es aktuell nur vereinzelt. Der Gesamtmarkt, so scheint es, wartet auf die nächsten Impulse der Notenbanken. Die jüngsten Wirtschaftsdaten und Unternehmenskennzahlen schaffen es nicht, ihn zu bewegen.

Geht es nach Marko Kolanovic, Chef der Abteilung für quantitative Analysen bei JPMorgan, könnte dies die Ruhe vor dem Sturm sein, schreibt MarketsInsider. Der renommierte Experte hält negative Überraschungen an den Märkten jedenfalls für immer wahrscheinlicher. Die hohen Zinsen und die Börsenrally im ersten Halbjahr passen für den Strategen nicht zusammen. Es braue sich eine Krise zusammen, schrieb Kolanovic in einer Notiz. Dies könne für Anleger in den nächsten sechs bis zwölf Monaten schmerzhaft werden. „Die Voraussetzungen für unsere Einschätzungen zum Zins- und Geopolitik-Umfeld haben sich verschlechtert, gleichzeitig sind die Aktienbewertungen gestiegen“, so Kolanovic. „Ein Krise ist wahrscheinlicher geworden und deren Schwere könnte höher ausfallen, als die Marktteilnehmer dies erwarten.“

Kolanovic nennt dafür zwei Gründe. Erstens: Die hohen Zinsen. Diese hätten einen negativen Effekt auf Verbraucherkredite, sowie auf den Markt für Gewerbeimmobilien. Dies ziehe eine höhere Markvolatilität nach sich sowie weniger Beschäftigung. Zweitens: Die KI-Rallye. Diese werde sich als kurzlebig erweisen, glaubt Kolanovic. Entsprechend groß könnte das Abwärtspotenzial nach den zuletzt hohen Kursgewinnen sein. Die Erwartungen an KI und deren transformative Wirkung auf die US-Wirtschaft seien hinsichtlich des zunächst kurzen Zeithorizonts unrealistisch, so Kolanovic.

Kolanovic gehört schon länger zu den Zweiflern an der Börse. Schon das ganze Jahr warnt er vor den längerfristigen Auswirkungen lange hoher Zinsen und den geopolitischen Spannungen, sowohl hinsichtlich des Ukraine-Kriegs als auch mit Blick auf das Verhältnis zwischen den USA und China. Er reiht sich damit in die Warnungen vieler seiner Kollegen ein, die nicht müde werden darauf hinzuweisen, dass die möglicherweise lang andauernde Phase höherer Zinsen noch nicht entsprechend in die Aktienkurse eingepreist sei.

Für Kolanovic jedenfalls ist klar: Nur, wenn die Zinsen wieder fallen und sich geopolitisch Entspannung anbahnt, lässt sich wieder bullisch auf die Börsen schauen. Kurz- bis mittelfristig sehe es diesbezüglich aber nur eine geringe Wahrscheinlichkeit. Möglicherweise, so Kolanovic weiter, müssten sich einige Dinge erst einmal verschlechtern, bevor sie sich im Anschluss verbessern.

Von Notenbank-Seite fehlten zuletzt zumindest große und eindeutige Entspannungssignale. Im Gegenteil: In der Eurozone erweist sich die Inflation als besonders hartnäckig, eine weitere Zinserhöhung im September dürfte ausgemachte Sache sein. In den USA ist ein weiter Schritt um 0,25 Prozentpunkt ebenso weiterhin möglich. Und selbst wenn er nicht kommt, eine Zinsabsenkung ist erst einmal noch nicht in Sicht. Verliert die KI-Rally an Tempo, erscheint zumindest fraglich, wo genau das Futter herkommen soll für weiter kletternde Kurse.

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